Der Standard, 12.10.2015

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US-Waffenlieferung für syrische Kurden

Damaskus – Die Kurden im Norden Syriens haben von den USA Waffen für den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekommen. Die Lieferung sei vor kurzem bei den Kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) eingetroffen, bestätigte ein Militärvertreter gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Der US-Fernsehsender CNN berichtet, amerikanische C-17-Transporter hätten 112 Paletten mit insgesamt 50 Tonnen Kleinwaffenmunition und Handgranaten abgeworfen. Alle abgeworfenen Güter seien bei den vorgesehenen Empfängern angekommen.

Kurden-Sprecher Idriss Nassan sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die USA haben versprochen, Waffen zu liefern und ihre Luftangriffe zu verstärken, um den Kämpfern am Boden zu helfen."

Vorstoß auf Raqqa geplant

Das kurdisch-arabische Bündnis wird von den USA unterstützt wird. Ein Vertreter des US-Militärs sagte Reuters, das Bündnis werde auf die IS-Hochburg Raqqa vorstoßen. Der YPG sind mit amerikanischer Hilfe beträchtliche Geländegewinne gegen den IS im Norden Syriens gelungen. Durch das Bündnis mit den arabischen Gruppen sollen auch Sorgen zerstreut werden, die YPG habe nur kurdische Interessen im Sinn.

Das Bündnis und die Waffenhilfe sind das Ergebnis eines amerikanischen Strategiewechsels in der Syrienpolitik. US-Medien hatten berichtet, Washington wolle im Nordosten Syriens eine Truppe von mehr als 20.000 Kurden und bis zu 5.000 Arabern fördern. Das Programm zur Ausbildung moderater Rebellen außerhalb Syriens haben die USA nach mehreren Fehlschlägen hingegen aufgegeben.

Türkei lehnt YPG-Unterstützung ab

Der NATO-Partner Türkei sieht die Allianz der USA mit der YPG jedoch kritisch, weil sie die Bildung eines Kurdenstaates an ihrer Südgrenze befürchtet. Sie betrachtet die Volksschutzeinheiten zudem als syrischen Ableger der verbotenen Arbeiterpartei PKK.

Die Kurden kontrollieren mittlerweile einen Großteil der Grenze zur Türkei. Dort haben sie eine selbstverwaltete Zone errichtet. Den IS vertrieben die Kurden unter anderem aus Kobane. Für die Verteidigung der Grenzstadt hatte die YPG zuletzt im Herbst vergangenen Jahres Waffen von den USA erhalten.

Die UNO startete unterdessen einen neuen Vermittlungsversuch zwischen den USA und Russland, um den Konflikt zu beenden. UNO-Vermittler Staffan des Mistura sagte bei einer Pressekonferenz in Genf am Montag, er werden in Moskau und in Washington versuchen, die beiden Staaten zu neuen Gesprächen über ein gemeinsames Vorgehen zu bewegen.

EU fordert Ende der russischen Luftschläge

Die Europäische Union fordert inzwischen von Russland ein sofortiges Ende von Luftschlägen gegen die moderate Opposition in Syrien. "Die jüngsten militärischen Angriffe, die nicht auf den Islamischen Staat (IS) und andere Terrorgruppen zielen (...), geben Anlass zu tiefer Besorgnis und müssen sofort eingestellt werden", heißt es in einer Erklärung der EU-Außenminister. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier will gegen Ende der Woche in Teheran und Riad für ein gemeinsames Vorgehen der beiden verfeindeten Regionalmächte werben.

Russland wies die Vorwürfe der EU-Staaten erneut zurück. "Alle wissen schon lange sehr gut, dass Russland den Islamischen Staat und andere Terrororganisationen bombardiert und nicht die Opposition", betonte Vize-Außenminister Alexej Meschkow der Agentur Interfax zufolge. Russland hatte vor fast zwei Wochen in Syrien mit Luftangriffen begonnen und unterstützt damit eine Offensive des Regimes gegen ein Bündnis moderater und radikaler Rebellen.

Die syrische Armee und ihre Verbündeten – darunter Kämpfer der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah – konnten nördlich der Stadt Hama vormarschieren. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle drangen sie in den Süden des strategisch wichtigen Ortes Kafr Nabudah ein. Russische Jets hätten mindestens 40 Angriffe geflogen. Bereits am Wochenende hatten Regimekräfte in der Region zwei Orte eingenommen. (red, APA, 12.10.2015)