Der Standard, 18.10.2015

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Iran will mehr militärische Berater nach Syrien schicken

Moskau meldet 60 Luftangriffe – Assad-Truppen vor Aleppo

Beirut – Unterstützt durch russische Luftangriffe wollen der Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz ihren Militäreinsatz in Syrien noch einmal verstärken. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah sagte am Sonntag, der Einsatz seiner schiitischen Miliz in Syrien sei "größer als je zuvor", "weil wir in einem entscheidenden und endgültigen Kampf sind".

Teheran kündigte an, seine "Beratung" für die syrischen Regierungstruppen aufzustocken. Der iranische Vize-Außenminister Hossein Amir Abdollahian wies am Samstag laut staatlichem iranischem Fernsehen zwar Berichte zurück, dass der Iran mit Bodentruppen in Syrien im Einsatz sei. Der Vorsitzende des iranischen Parlamentsausschusses für Sicherheits- und Außenpolitik, Alaedin Boroujerdi, hatte am Donnerstag in Syrien aber zum Einsatz von Bodentruppen gesagt: "Wenn Syrien das anfordert, werden wir die Anforderung prüfen und eine Entscheidung treffen." Nach US-Angaben sollen bereits 2000 Soldaten aus dem Iran und von dessen regionalen Verbündeten, darunter die Hisbollah, in Syrien an der Seite der Regierungstruppen kämpfen.

Dutzende Angriffe

Russland unterstützt die Truppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad seit Ende September massiv mit Luftangriffen. In Moskau gab das Verteidigungsministerium am Sonntag bekannt, dass erneut 60 Angriffe gegen Ziele in Hama, Latakia, Aleppo und in der Region Damaskus geflogen worden seien. Dabei seien unter anderem ein von der Jihadistenzmiliz Islamischer Staat (IS) gebautes Tunnelsystem in Talbiseh in der nordwestlichen Provinz Homs "zerstört" und ein Kommandoposten des islamistischen Rebellenbündnisses Jaish al-Fatah (Armee der Eroberung) nordwestlich von Hama getroffen worden.

Moskau versicherte auch, dass es zunehmend Auseinandersetzungen zwischen dem IS und der mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundenen Al-Nusra-Front in Syrien gebe. Grund seien Kämpfe um Gebietskontrollen und Finanzmittel, teilte das Ministerium weiter mit. Unter Berufung auf abgefangene Kommunikation von Islamisten gab Moskau bekannt, dass IS-Extremisten allein vergangene Woche drei Angriffe mit Autobomben gegen Al-Nusra-Kommandanten ausgeführt hätten. Das Ministerium sprach auch von Informationen über Massen-Desertierungen und Zwangsrekrutierungen.

Assad-Truppen rücken vor

Die Assad-treuen Truppen rücken derzeit auf die einstige Wirtschaftsmetropole Aleppo im Norden Syriens vor. Sie nahmen am Samstag mindestens fünf Dörfer und mehrere strategische Hügel südlich von Aleppo ein, wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Sie stünden am Eingang des strategisch wichtigen Dorfes Al-Hader. Demnach wurden binnen 24 Stunden 17 Rebellen und acht Pro-Assad-Soldaten getötet. Etwa 2.000 Familien seien aus der Region geflohen. Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Netz von Aktivisten in Syrien; ihre Angaben können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.

Das Gebiet südlich von Aleppo wird von verschiedenen Rebellengruppen kontrolliert, darunter die Al-Nusra-Front. Nach Angaben aus syrischen Militärkreisen rückten die regierungstreuen Truppen aber auch auf den Kweyris-Militärflughafen östlich von Aleppo vor, der von IS-Kämpfern belagert wurde. Wenn die syrischen Einheiten den Flughafen unter ihre Kontrolle bringen, könnten russische Kampfjets auch von dort aus zu Luftangriffen starten. In Zentralsyrien in der Provinz Homs stießen die Regierungstruppen hingegen auf harten Widerstand. (APA, 18.10.2015)