Tiroler Tageszeitung, 20.10.2015

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Pro-Kurdischer Anwalt in der Türkei vorübergehend festgenommen

Istanbul (APA/AFP) - In der Türkei ist ein prokurdischer Rechtsanwalt unter dem Vorwurf der „terroristischen Propaganda“ vorübergehend festgenommen worden. Die Polizei nahm den Vorsitzenden der Anwaltskammer von Diyarbakir, Tahir Elci, am Dienstagmorgen aus seinem Büro mit zu einer Vernehmung nach Istanbul.

Ein Gericht wies einen Haftantrag der Staatsanwaltschaft aber zurück und ließen ihn unter Auflagen frei. Mehrere pro-kurdische Politiker protestierten gegen die Festnahme.

Türkischen Medienberichten zufolge war der Grund für die Festnahme ein Interview mit dem Fernsehsender CNN-Türk, in dem Elci vergangene Woche gesagt hatte, die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sei „keine terroristische Organisation“. Vielmehr handle es sich um eine politische Organisation, „die wichtige politische Forderungen hat und breite Unterstützung genießt, selbst wenn einige ihrer Aktionen terroristischer Natur sind“.

Gemäß türkischem Recht drohen bei der „Verherrlichung des Terrorismus“ mehrere Jahre Haft. Die Türkei ebenso wie die EU, die USA und andere Staaten betrachten die PKK als Terrororganisation. Die türkische Regierung der islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) hatte im Herbst 2012 Verhandlungen mit dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan aufgenommen, doch scheiterten diese dieses Frühjahr.

Ende Juli nahm die PKK den Kampf gegen die türkischen Sicherheitskräfte wieder auf, die daraufhin zahlreiche Luftangriffe auf PKK-Stellungen im Südosten der Türkei und im Norden des Irak flog. Am 10. Oktober rief die PKK im Vorfeld der vorgezogenen Parlamentswahl am 1. November eine Waffenruhe aus, doch dauert die Gewalt weiter an. In dem Konflikt wurden seit 1984 bereits mindestens 40.000 Menschen getötet. Im Laufe der Jahre rückte die PKK von der Maximalforderung eines unabhängigen Kurden-Staates ab und verlangt seither eine Autonomie.

Bei seiner Festnahme sagte Elci, diese zeige den aktuellen Stand der Meinungsfreiheit in der Türkei. Mehrere pro-kurdische Politiker, darunter Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) versammelten sich vor dem Justizpalast im Istanbuler Stadtteil Bakirköy, um ihre Unterstützung für Elci zu zeigen. Seine Kollegen demonstrierten zudem vor dem Justizpalast in Diyarbakir gegen seine Festnahme.