Der Standard, 22.10.2015

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Syrien-Quartett vor Wiener Gipfeltreffen verstimmt

Erst bomben, dann reden, ist Russlands Devise. Die politische Lösung für Assads Syrien soll erst dann folgen

Wien/Moskau/Damaskus – Drei Wochen nach Beginn der russischen Militärintervention in Syrien laufen die Bemühungen um eine politische Übergangslösung für das Kriegsland neu an. US-Außenminister John Kerry trifft am Freitagvormittag seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow in Wien. Beide wollen dann den türkischen und den saudischen Außenminister zu den Gesprächen hinzuziehen; Feridun Sinirlioglu und Adel al-Jubeir halten sich bereits in Wien auf, Lawrow wird am Freitagmorgen erwartet.

Kerry traf Donnerstagnachmitttag aus Berlin kommend in Wien ein und stieg im Hotel Imperial am Ring ab. Das gab zu Mutmaßungen Anlass, das "Syrien-Quartett" würde auch im Imperial stattfinden. Das Außenamt hatte bei Kerrys Ankunft noch keine Kenntnis über den Ort der Gespräche.

Bodenoperationen im Verbund mit Kurden

Aus russischer Sicht muss der Feldzug gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien den Bemühungen um eine politische Lösung vorangehen. Erst wenn der Kampf gegen "Terrorgruppen" abgeschlossen sei, könne der politische Prozess in Syrien beginnen, sagte Kreml-Sprecher Dimtri Peskow diese Woche. Die Bodenoperationen gegen den IS sollten von den syrischen Regierungstruppen und den kurdischen Milizen geführt werden, zitierte die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass am Donnerstag den Leiter des Präsidentenamts, Sergej Iwanow; die vom Westen unterstützte Freie Syrische Armee oder islamistische Rebellenverbände, die Ankara unterstützt, nannte Iwanow nicht.

Die russische Armee greift mit Kampfjets, die nahe der syrischen Hafenstadt Latakia stationiert sind, und mit Marschflugkörpern Stellungen des IS, aber auch anderer Rebellen an.

Russland dementiert Angriff auf Krankenhaus

Die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau wies Donnerstag zurück, russische Maschinen hätten ein Spital in der syrischen Provinz Idlib bombardiert. 13 Menschen starben dort nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte; sie meldete auch den Tod des Militärkommandeurs des "Emirats Kaukasus" bei Gefechten südlich von Aleppo.

Saudi-Arabien und die Türkei sperren sich gegen eine politische Übergangslösung, bei der Syriens Präsident Bashar al-Assad auch nur vorübergehend im Amt bliebe. Assads einzige Rolle sei, Syrien zu verlassen, sagte Außenminister al-Jubeir in Wien im Vorfeld des "Syrien-Quartetts". Der türkische Sicherheitsrat in Ankara rief derweil die internationale Gemeinschaft auf, die syrische Kurdenpartei PYD und ihre Miliz YPG – beide Partner der USA wie Russlands – als Terrororganisationen einzustufen. (red, Reuters, 22.10.2015)