Tagesspiegel, 26.10.2015

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Wahlen in der Türkei
Üppige Geschenke für die Auslandstürken

Von Barbara John
Am 1. November wählt die Türkei ein neues Parlament. Der türkische Präsident Erdogan will den Auslandstürken viele Wünsche erfüllen, wenn sie ihn wählen. Ein zweischneidiges Angebot, meint die frühere Berliner Ausländerbeauftragte.

Trotz angekündigter Wahlgeschenke nicht überzeugt von Erdogan: Auslandstürken demonstrieren vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen die aktuelle Politik des Präsidenten.Bild vergrößernMehr Artikel
Trotz angekündigter Wahlgeschenke nicht überzeugt von Erdogan: Auslandstürken demonstrieren vor dem Brandenburger Tor in Berlin gegen die aktuelle Politik des Präsidenten. - FOTO: DPA
Der türkische Präsident Erdogan und seine AK-Partei haben noch sieben Tage Zeit, um Wählerstimmen zu gewinnen für die Parlamentswahl am 1. November. Für die wahlberechtigten Auslandstürken lief der Wahlkampf vor vielen Wochen an und schloss kürzlich mit einem persönlichen Brief des türkischen Ministerpräsidenten Ahmed Davutoglu. Nach der Anrede „Mein lieber Bruder, meine liebe Schwester“ verspricht er als Vorsitzender der AKP im Falle eines Wahlsiegs, den im Ausland lebenden Wahlberechtigten lange ersehnte Wünsche zu erfüllen. Am Ende der Versprechen drückt der Präsident seine Zuversicht und Überzeugung aus, dass seine Landsleute zur Wahl gehen und ihren Stempel (Kreuz) bei der AKP machen.

Wer in die Türkei fliegt, dem sollen 20 Prozent der Flugkosten ersetzt werden
Der indirekten Aufforderung könnten diesmal auch viele folgen, denn die Angebote sind so attraktiv, dass sie womöglich sogar für Oppositionelle eine politische Sünde wert sein könnten. Versprochen wird etwa, die Ablösezahlung für den Wehrdienst in der Türkei für Doppelstaatler von sechs- auf eintausend Euro zu verringern. 5000 Euro Ersparnis! Kein mickriges Bakschisch. Dazu muss man wissen: Wer nicht bezahlt, wird bei Einreise in die Türkei zum Militärdienst gezwungen. Der deutsche Pass hilft nicht. Weiter geht’s mit kleineren „Geschenken“ wie die Senkung der Passgebühren.

Türkische Pässe sind wohl die teuersten weltweit mit 217 Euro (einschließlich Postgebühren). Und für Familien gibt’s ein spezielles Schmankerl: 20 Prozent der Flugkosten in die Türkei werden ersetzt. Und wer für die Hochzeit der Kinder Geld spart und in der Türkei feiert, bekommt ebenfalls 20 Prozent Zuschlag.

Erdogan verfolgt damit zwei Ziele: Er reagiert auf den Ärger vieler Auslandstürken, die sich seit Jahren finanziell zu Recht als ausgeplündert empfinden. Er will sie binden an die Heimat der Großeltern, weil er meint, sie noch zu brauchen. Doch brauchen die 1,4 Millionen Türken mit türkischer Wahlberechtigung, die in Deutschland leben, auch ihn? In gewisser Weise schon, wie die Wahlversprechen zeigen. Er kann belohnen, wie diesmal, aber auch bestrafen. Türkischer Honig oder osmanische Kopfsteuer. Der Präsident entscheidet, nicht die Auslandstürken.