FAZ, 27.10.2015 http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/tuerkei/tuerkische-armee-beschiesst-syrisch-kurdische-stellungen-13879016.html Kampf an der Grenze 27.10.2015, von RAINER HERMANN Die türkische Armee hat in den vergangenen Tagen zweimal Stellungen der syrischen Kurden beschossen. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu begründete die Angriffe damit, dass sich die militärischen Einheiten der syrischen Kurden, die „Volksverteidigungseinheiten“ (YPG), nun auch „westlich des Euphrats“ ausbreiteten. Ankara habe Washington und Moskau informiert, dies nicht zu dulden. Einzelheiten nannte Davutoglu nicht. Die Türkei will verhindern, dass die syrischen Kurden die beiden Kantone Kobane und Afrin miteinander verbinden. Die syrischen Kurden würden dann die gesamte Region entlang der syrischen Grenze zur Türkei kontrollieren. Der Außenminister des Kantons Kobane, Idriss Nassan, bestätigte dieser Zeitung, dass die türkische Armee zweimal Stellungen der YPG nahe der Städte Kobane und Tell Abyad mit mittelschweren Waffen über die Grenze hinweg beschossen habe. Es niemand verletzt worden. Nassan bezeichnete das Vorgehen eine „Provokation“. Die Türkei wolle verhindern, dass die kurdische Stadt Tell Abyad, den die Kurden im vergangenen Sommer vom „Islamischen Staat“ (IS) erobert hätten, zum vierten Kanton – nach Kobane, Afrin und Cizire – erklärt werde. Nassan zufolge sei die Grenzstadt Tell Abyad ein Teil des Kantons Kobane. Während der Beschießung durch die türkische Armee habe der „Islamische Staat“ von Süden her versucht, in Dörfer um Kobane einzudringen, sei aber zurückgeschlagen worden. Die Vereinigten Staaten haben sich zu dem Vorfall noch nicht geäußert. In der vergangenen Woche hätten amerikanische Flugzeuge Waffen für die syrischen Kurden abgeworfen, sagte Nassan. Washington will die YPG in die Anti-IS-Koalition aufnehmen. In Ankara hat jedoch der Nationale Sicherheitsrat in der vergangenen Woche die Partei der syrischen Kurden, die PYD, zu einer Verlängerung der PKK und damit zur Terrororganisation erklärt. Wieder 180.000 Menschen in Kobane In Kobane und den benachbarten Dörfern leben wieder 180.000 Menschen. Auf dem Höhepunkt der Schlacht um Kobane mit dem IS waren zu Jahresbeginn 2015 die meisten Einwohner geflohen. Auch wenn drei Viertel der Stadt zerstört seien, versuchten die Menschen, wieder ein normales Leben zu führen, sagt Idriss Nassan. Schulen wurden wiedereröffnet, die Wasserleitungen werden repariert. Die Türkei hält ihre Grenze zur Türkei jedoch weiter geschlossen und öffnet sie auch für humanitäre Notfälle nicht.
|