spiegel.de, 11.11.2015

http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-russlands-18-monats-plan-a-1062218.html

Uno: Geheimdokument soll russischen 18-Monats-Plan für Syrien umreißen

Bei den Vereinten Nationen zirkuliert angeblich ein Papier, in dem Moskau einen Plan für Syriens Zukunft skizziert. Dieser sieht eine Verfassungsreform und Neuwahlen vor. Unklar ist allerdings die Rolle von Diktator Assad.

Seit fast fünf Jahren tobt der Bürgerkrieg in Syrien - Hunderttausende Menschen wurden getötet, Millionen sind auf der Flucht. Militärisch scheint der Konflikt kaum noch zu lösen. Wie aber könnte ein diplomatischer Ansatz für das geschundene Land aussehen? Von der russischen Seite gibt es nun möglicherweise einen Umriss für die weiteren Verhandlungen.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet über ein Acht-Punkte-Papier aus Moskau, das angeblich bei den Vereinten Nationen kursiert. Darin ist eine Verfassungsreform vorgesehen, die über 18 Monate eingeführt werden soll. Danach würden laut dem Plan Präsidentschaftswahlen angesetzt. Diesem Plan sollten Opposition und die Regierung von Machthaber Baschar al-Assad zustimmen. Zunächst müsse aber festgelegt werden, welche Oppositionsgruppen bei Verhandlungen eingebunden und welche nicht akzeptiert werden könnten.

Der Reformprozess solle nicht von Assad geleitet werden, heißt es in dem Dokument laut Reuters weiter. Dies müsse eine Person übernehmen, auf die sich Regierung und Opposition einigen könnten. Erwähnt wird ausdrücklich der Uno-Sondergesandte Staffan de Mistura.

Bemerkenswert allerdings: Eine Beteiligung Assads bei den vorgezogenen Wahlen wird in dem Entwurf nicht ausgeschlossen. Die Moskauer Regierung ist mit dem Präsidenten eng verbündet. Seit mehr als einem Monat unterstützt ihn das russische Militär nicht mehr nur mit Waffenlieferungen, sondern auch direkt mit Luftangriffen in Syrien. Ziel sind dabei zwar offiziell die Stellungen der Terrorgruppe "Islamischer Staat". Allerdings konzentrieren sich die Angriffe bisher vor allem auf die bewaffnete Opposition. Zuletzt gab es zudem immer wieder Spekulationen über einen Einsatz von russischen Bodentruppen.

Moskau will nur "Ideen" haben, keinen fertigen Plan

Anders als Russland fordern die USA und ihre Verbündeten in der Golfregion, dass Assad die Macht abgibt. Deshalb dürfte der jüngste Syrien-Plan aus Moskau im Westen Widerstand auslösen. Auch die Opposition wird einer neuen Machtposition für Assad wohl kaum zustimmen.

Aus Russland kam wenige Stunden nach der Veröffentlichung durch Reuters ein vorsichtiges Dementi. Vize-Außenminister Mikhail Bogdanow erklärte, man habe kein konkretes Papier ausgearbeitet. Stattdessen entwickle man in Moskau "Ideen für zukünftige Diskussionen", so Bogdanow zur Nachrichtenagentur Tass.

An diesem Wochenende soll auf einer internationalen Syrien-Konferenz in Wien nach Wegen zur Beilegung des Konflikts gesucht werden. Rund 20 Länder sind beteiligt.