Die Presse, 12.11.2015

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Türkei: Weitere Zeitungs-Razzien vor G-20-Gipfel

Hausdurchsuchung bei "Zaman"

Drei Redaktionen, die zum Medienimperium von Fetullah Gülen gehören, wurden durchsucht. Der in den USA lebende Gülen gilt als Kotrahent von Erdogan.

Vor dem türkischen G-20-Gipfel ist es erneut zu Razzien gegen regierungskritische Medien gekommen. Polizisten hätten die Redaktionen der Zeitung "Zaman", der englischsprachigen "Today's Zaman" und der zur selben Gruppe gehörenden Zeitschrift "Aksiyon" durchsucht, berichtete "Today's Zaman". Grundlage sei der Verdacht gewesen, dass in der "Zaman"-Druckerei alternative Ausgaben der kürzlich auf Regierungskurs gebrachten Zeitung "Bugün" produziert würden.

"Zaman" und "Today's Zaman" gehören zu den regierungskritischen Medien, die bisher nicht zum G-20-Gipfel in Antalya zugelassen wurden. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul teilten die Redaktionen der beiden Blätter und die der Zeitung "Sözcü" mit, sie hätten auf ihre Akkreditierungsanträge keine Antwort erhalten. Alle drei Redaktionen sprachen übereinstimmend von "Zensur".

Ein Sprecher der Nachrichtenagentur Cihan sagte, nur zwei ihrer Reporter seien akkreditiert worden, obwohl mehr Anträge gestellt worden seien. Die regierungskritische Zeitung "Cumhuriyet" und die Nachrichtenagentur Dogan teilten dagegen mit, ihre Reporter seien zugelassen worden. Die Frist zur Akkreditierung für den Gipfel am kommenden Sonntag und Montag lief am 31. Oktober ab. Journalisten wurden bereits vor Tagen informiert, wenn sie akkreditiert wurden.

Medienbesitzer ist Erzfeind von Erdogan

Die "Zaman"-Medien und die Agentur Cihan stehen dem im Exil in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen nahe. Gülen war einst ein Verbündeter von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, gilt inzwischen aber als sein Erzfeind. Die Medien der Dogan-Gruppe greifen Erdogan regelmäßig an.

"Wir haben es mit einer umfangreichen, in weite Bereiche übergreifenden Zensur zu tun", sagte "Zaman"-Nachrichtenchef Fatih Uygur der dpa. "Das ist eine schmutzige, auch politisch nicht vertretbare Vorgangsweise. Damit ist die Türkei auf dem besten Weg, ein Dritte-Welt-Land zu werden."

Ende vergangenen Monats hatten staatliche Treuhänder die Medien der ebenfalls Gülen-nahen Mediengruppe Koza Ipek auf Regierungskurs gezwungen. Dazu gehörte auch die Zeitung "Bugün" ("Heute"). Gekündigte Redakteure hatten danach die alternative "Özgür Bugün" ("Freie Bugün") gegründet.

Die EU hatte sich am Dienstag in ihrem Türkei-Bericht besorgt über die Pressefreiheit im Land geäußert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hält die Medien in seinem Land dagegen für frei. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu werden 3000 Journalisten beim G20-Gipfel erwartet.