Die Presse, 23.11.2015

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Türkei schickt Flüchtlinge offenbar nach Syrien zurück

Die Türkei lasse syrische Flüchtlinge nur mehr in Sonderfällen einreisen, sagt Human Rights Watch. Deutschland fordert europaweite Kontingente

Die Türkei schickt Flüchtlinge in das Bürgerkriegsland Syrien zurück, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Montag. Türkische Grenzsoldaten fingen die Schutzsuchenden bereits an der Grenze ab, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Um überhaupt in die Türkei zu gelangen, seien die Flüchtlinge auf Schmuggler angewiesen.

"Die Schließung der türkischen Grenze zwingt Schwangere, Kinder, Alte und Kranke zu einem Spießroutenlauf mit türkischen Grenzbeamten, um vor dem Horror des syrischen Krieges zu fliehen", kritisierte der HRW-Flüchtlingsexperte Gerry Simpson. HRW bezieht sich in der Erklärung auf Interviews mit Flüchtlingen. Die Aussagen decken sich mit Berichten syrischer Aktivisten.

Seit März lässt die Türkei nach Angaben von HRW Flüchtlinge nur noch in Ausnahmefällen legal ins Land. Die zwei noch geöffneten Grenzübergänge in den Provinzen Antakya und Kilis seien nur für Hilfslieferungen und registrierte Händler passierbar. Die Türkei hat nach eigenen Angaben rund 2,2 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen und 25 Lager errichtet. Die meisten Syrer leben jedoch außerhalb der Unterkünfte und sind auf sich alleine gestellt.

Deutschland pocht auf Kontingente

Während der deutsche Zentralrat für Juden am Montag eine Aufnahmeobergrenze für Flüchtlinge gefordert hat, setzt die deutsche Regierung zur Begrenzung des Flüchtlingszuzugs auf eine europäische Kontingentlösung. Das bekräftigte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin. Ein Element davon sei die geplante EU-Vereinbarung mit der Türkei.

Zum Unterschied zwischen einer Obergrenze und einem Kontingent sagte Streiter, die Obergrenze sei einseitig, das Kontingent eine gesamteuropäische Regelung. "Wir möchten gerne die Zuwanderung europäisch regeln und nicht deutsch."

Die deutsche Regierung habe aber nicht die Absicht, das Grundrecht auf Asyl einzuschränken, sagte Streiter. Auf eine zahlenmäßige Größenordnung, wie viele Menschen ein solches Kontingent in Deutschland und Europa umfassen könnte, wollte sich die Bundesregierung nicht festlegen. Auch einen Fahrplan für eine europäische Lösung gebe es noch nicht. Nach Angaben des deutschen Innenministeriums sind bisher 20.000 syrische Bürgerkriegs-Flüchtlinge über ein Kontingent direkt nach Deutschland gekommen.