junge Welt, 26.11.2015 http://www.jungewelt.de/2015/11-26/032.php Putin schmiedet Allianz mit Teheran Russland und Iran demonstrieren Partnerschaft. Zusammenarbeit bei Atomprogramm Von Knut Mellenthin Moskaus Staatsoberhäupter kamen bisher nur selten nach Teheran. Der einzige Führer der Sowjetunion, der die iranische Hauptstadt besuchte, war Josef Stalin im November 1943, und das konnte kaum als Freundschaftsbesuch bezeichnet werden: Er traf sich mit dem US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premier Winston Churchill, um über die Fortsetzung der Kriegführung zu konferieren. Zuvor waren britische und sowjetische Truppen am 25. August 1941 in den Iran einmarschiert, hatten den zur Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich neigenden Reza Schah Pahlavi durch seinen Sohn ersetzt und das Land in zwei Besatzungszonen geteilt. Der erste russische Präsident, der einen Staatsbesuch in Teheran unternahm, war Wladimir Putin im Oktober 2007. Anlass war ein Gipfeltreffen der Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres. Der Kollege, mit dem Putin sich damals traf, war Mahmud Ahmadinedschad, der im Iran Gegenstand einer pauschalen Verurteilung ist, seit seine Amtszeit am 3. August 2013 endete. Mit seinem zweiten Besuch ließ Putin sich acht Jahre Zeit. Am Montag war er wieder in Teheran. Den Hintergrund bot diesmal das dritte Gipfeltreffen des Forums gasexportierender Länder (GECF). Am Rande blieb genug Zeit für Gespräche mit Präsident Hassan Rohani und »Revolutionsführer« Sejed Ali Khamenei. Der Ajatollah übt laut Verfassung die höchste religiöse und politische Autorität im Iran aus. Das 2008 gegründete GECF taucht in den Medien sehr viel seltener auf als die von den arabischen Ölstaaten dominierte OPEC, die schon seit 1960 besteht, ist aber politisch und wirtschaftlich nicht weniger ernstzunehmen. Frühere Gipfeltreffen fanden 2011 in Katar und 2013 in Moskau statt. Die Gemeinschaft hat zwölf Mitglieder und sieben Beobachter, darunter aus Europa die Niederlande und Norwegen. Russland ist nicht Mitglied der OPEC, wohl aber des GECF. Bis auf Saudi-Arabien, Kanada und die USA sind die wichtigsten Erdgasförderer im Forum vertreten. Anders als die OPEC betreibt das GECF bisher keine gemeinsame Preispolitik, scheint sich aber auf dem Weg dorthin zu befinden. Am Tag seines Besuchs in Teheran unterzeichnete Putin ein Dekret, mit dem die im Dezember 2006 vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen strengen Beschränkungen der nuklearen Zusammenarbeit mit dem Iran teilweise gelockert werden. Es geht dabei jedoch ausschließlich um Punkte, die Voraussetzung dafür sind, dass Iran die Verpflichtungen erfüllen kann, die es mit dem Wiener Abkommen vom 14. Juli dieses Jahres übernommen hat. Im Vordergrund steht der Abtransport von 95 Prozent der iranischen Lagermenge an schwach angereichertem Uran nach Russland im Tausch gegen Uranerz. Außerdem ist Russland neben China an der in Wien vereinbarten, technisch aufwendigen Umrüstung des noch im Bau befindlichen Schwerwasserreaktors bei Arak beteiligt. Die Krisenlage im Nahen Osten, vor allem der Kampf gegen die Terrororganisationen in Syrien und im Irak, stand im Zentrum der Gespräche, die der russische Präsident am Montag in Teheran führte. Das wird durch die offiziellen Darstellungen beider Seiten bestätigt, jedoch sind keine praktischen Einzelheiten bekannt. Die amtlich verbreiteten Zitate drücken die hohe gegenseitige Wertschätzung aus. Khamenei würdigte Putin als »bemerkenswerte Figur in der gegenwärtigen Welt«, dankte Moskau für dessen »konstruktive Rolle« in den internationalen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm und lobte Russlands »wirkungsvolle Präsenz« in der Region, vor allem in Syrien. Putin bezeichnete die Islamische Republik als »vertrauenswürdigen und zuverlässigen Verbündeten« und versprach: »Anders als gewisse Parteien sind wir darauf verpflichtet, unseren Partnern niemals das Messer in den Rücken zu stoßen oder hinter den Kulissen gegen unsere Freunde zu intrigieren, und alle möglicherweise entstehenden Meinungsverschiedenheiten durch Dialog zu lösen«.
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