Süddeutsche Zeitung, 01.12.2015

Kabinettsbeschluss

Wie die Bundeswehr den IS bekämpfen soll

Die Bundesregierung will 1200 Bundeswehrsoldaten im Kampf gegen den IS einsetzen.

Der Einsatz soll 134 Millionen Euro kosten und wäre zunächst auf ein Jahr beschränkt, noch muss aber der Bundestag zustimmen.

Ziel des Bundeswehrmandates soll die Unterbindung terroristischer Handlungen durch den IS und die militärische Unterstützung Frankreichs, des Iraks und der internationalen Allianz sein.

Von Deniz Aykanat

Umfang und Dauer des Einsatzes

Das Bundeskabinett hat einen Einsatz der Bundeswehr gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf den Weg gebracht.

Laut Mandatsentwurf werden sich die Kosten auf 134 Millionen Euro belaufen. Der Einsatz soll zunächst auf ein Jahr beschränkt sein. Eine solche Befristung ist bei den Bundeswehrmandaten für Auslandseinsätze üblich. Zum Vergleich: Der Einsatz in Afghanistan kostete Deutschland bis zu eine Milliarde Euro pro Jahr.

Dass das Mandat nur ein Jahr läuft, ist allerdings unwahrscheinlich. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberstleutnant André Wüstner, erwartet einen jahrelangen Kampf gegen den IS. "Ich gehe davon aus, dass dieser Kampf, wenn man ihn ernsthaft betreibt, weit über zehn Jahre andauern wird", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Der IS sei nicht nur im Irak und Syrien, sondern in ganz Nordafrika bis Mali präsent. Mit Luftangriffen alleine könne die Terrormiliz nicht wirksam bekämpft werden.

Vorgesehen sind für den Einsatz zunächst 1200 Soldaten. Inwiefern diese Obergrenze ausgeschöpft wird, ist noch unklar. Es sollen unter anderem Aufklärungsflugzeuge vom Typ Tornado, Tankflugzeuge und eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers in der Region eingesetzt werden. Zudem soll Satellitenaufklärung bereitgestellt und Stabspersonal in die Hauptquartiere entsendet werden.

Ziele und Einsatzgebiet

Ziel ist laut Mandatsentwurf die Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch den IS und die militärische Unterstützung Frankreichs, des Iraks und der internationalen Allianz gegen den IS, der 64 Staaten angehören. Der geplante Einsatz in Syrien ist eine Reaktion auf die Terroranschläge vom 13. November in Paris. Frankreich hatte daraufhin den Beistand der EU und explizit auch mehr Engagement Deutschlands in Syrien eingefordert. Das Einsatzgebiet umfasst nicht nur Syrien und Teile des Iraks, sondern auch das östliche Mittelmeer, den Persischen Golf, das Rote Meer und angrenzende Seegebiete. Das Einsatzgebiet beschränkt sich nicht nur auf Syrien und den Irak, da Länder der Allianz gegen den IS, wie etwa Jordanien, zum Teil die Nutzung ihres Territoriums für die Einsätze erlauben.

Noch ist unklar, ob der Einsatz eine Zusammenarbeit mit syrischen Regierungstruppen vorsieht und wie eine solche Kooperation aussehen könnte. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte zwar klargestellt, dass es keine Zusammenarbeit mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geben werde und keine Kooperation mit Truppen unter seiner Führung. Jedoch sagte von der Leyen auf die Frage, ob die syrische Armee ein Verbündeter im internationalen Kampf gegen den IS sein könnte, im ZDF: "Es gibt Teile der Truppen in Syrien, die man sehr wohl (...) hier auch nehmen kann." Nach der Einleitung eines politischen Übergangsprozesses in Syrien müsse die Lage neu bewertet werden. Es werde keine Zukunft mit Assad geben, "das ist klar", betonte von der Leyen allerdings weiter.

Rechtliche Grundlage

Grundlage des Einsatzes ist für die Bundesregierung das Recht auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Die Beschlussvorlage verweist demnach auf die Resolution 2249 sowie auf zwei frühere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Darin sei wiederholt festgestellt worden, dass vom IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgehe.

Da sich Frankreich auf die Beistandsklausel in Artikel 42 des EU-Vertrags berufe, so die Lesart der Bundesregierung, finde der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen eines "Systems kollektiver Sicherheit" statt, wie es das Grundgesetz verlange. Grüne und Linke allerdings zweifeln an der rechtlichen Grundlage für den Einsatz.

Dem zehnseitigen Mandatsentwurf muss nun noch der Bundestag zustimmen. Am Mittwoch soll er beraten und möglicherweise schon am Freitag darüber abstimmen. Es wird mit einer großen Mehrheit der Regierungsfraktionen gerechnet. Die Linkspartei lehnt den Syrien-Einsatz ab, auch bei den Grünen gibt es Vorbehalte. Auch für eine Verlängerung des Einsatzes über ein Jahr hinaus müsste der Bundestag erneut seine Zustimmung geben.

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