Israel zuletzt
Kurden-Ausschuß beginnt Beweisaufnahme
Gestern begann der Untersuchungsausschuß, der sich mit der Erstürmung
des israelischen Generalkonsulats durch kurdische Demonstranten befassen
will, mit der Beweisaufnahme. Am 17. Februar hatten kurdische PPK-Anhänger
aus Protest gegen die Verschleppung von PPK-Chef Abdullah Öcalan die
israelische Botschaft zu gestürmt. Vier Menschen waren dabei von israelischen
Sicherheitskräften erschossen worden.
Vor Beginn der Zeugenvernehmung sorgte ein Bericht des Sender Freies
Berlin für Unruhe.
Danach sei der Berliner Polizeipräsident Hagen Saberschinsky schon
am Vortag von der Innenbehörde darüber informiert worden, daß
die israelischen Einrichtungen gefährdet seien. Der SFB zitierte aus
dem Protokoll eines Telefonats zwischen Innenstaatssekretär Kuno Böse
und dem Polizeipräsidenten. Dem Protokoll zufolge hatte Saberschinsky
auf die Warnung des Polizeipräsidenten geantwortet: 'Ja, ja, wir schützen
die ganze Welt.'Auch die vom Bundesgrenzschutz angebotene Unterstützung
zur Sicherung von Einrichtungen soll Saberschinsky zunächst abgelehnt
haben. Der Polizeipräsident hat die Veröffentlichung des Protokolls
gestern als 'empörende Kampagne' gegen die Polizei bezeichnet. 'Der
Vorgang ist ungeheuerlich, diffamierend und zersetzend, persönlich
und auch für die ganze Polizei', sagte Saberschinsky am Freitag. Die
aus dem Protokoll veröffentlichten Teile des Telefonats seien aus
dem Zusammenhang gerissen worden. Sein Gespräch mit Innenstaatssekretär
Kuno Böse habe im Zusammenhang mit dem griechischen Konsulat gestanden.
'Der Sturm auf das israelische Konsulat hätte nicht vermieden werden
können', meinte der Polizeipräsident. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses
Wolfgang Wieland (Grüne) sagte, der Ausschuß müsse nun
klären, ' ob die Äußerungen von Saberschinsky flapsig waren
oder aber eine Unterschätzung der Gefährdungslage darstellten'.
Der Berliner Polizei war nach der versuchten Erstürmung vorgeworfen
worden, das Generalkonsulat nicht ausreichend geschützt zu haben.
Die wenigen Polizisten vor dem Gebäude waren von den PKK-Anhängern
überrannt worden. Zu Beginn der gestrigen Ausschußsitzung mahnte
der Vorsitzende Wieland - mit Blick auf das Saberschinsky-Protokoll, in
Zukunft keine Unterlagen mehr an die Presse weiterzugeben. 'Die Akten waren
zwar nicht als geheim eingestuft, wir sollten aber im Interesse der Ausschußarbeit
keine Medienschlacht nebenbei anzetteln', sagte Wieland.
Als erster Zeuge wurde gestern Innensenator Eckhart Werthebach (CDU)
vernommen. Werthebach sagte, es habe in der Innenverwaltung lediglich
'abstrakte Warnungen' aber keine 'konkreten Hinweise auf Gefährdung'
der israelischen Botschaft gegeben. Als konkreten Hinweis betrachte er
nur Warnungen, bei denen das Anschlagsziel, der Anschlagsort und der geplante
Zeitpunkt exakt feststünden. Solche Angaben habe es aber lediglich
für einen geplanten Überfall auf die Außenstelle der US-Amerikanische
Botschaft gegeben. Nach einer Lagebesprechung mit Staatssekretär Böse
sei man übereingekommen, kein zusätzliches Wachpersonal vor der
israelische Botschaft einzusetzen, weil das Konsulat bereits über
eine 'sehr hohe Eigensicherung' verfüge. Von Bundesbehörden aus
soll es außerdem eine Prioritätenliste für Schutzmaßnahmen
gegeben haben. Bei den fünf genannten Staaten, seien israelische Einrichtungen
an letzter Stelle aufgeführt gewesen. Verwaltung und Polizei hätten
daher angemessen reagiert, sagte Werthebach.
Im Laufe der Untersuchungen sollen nach Ausschußangaben neben
den Berliner Verantwortlichen möglicherweise auch Bundesinnenminister
Otto Schily (SPD), Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und
Funktionsträger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gehört
werden. Bis zur Sommerpause will der Ausschuß bereits erste Ergebnisse
veröffentlichen. Mit einem abschließenden Bericht kann aber
erst im Herbst gerechnet werden - und dann stehen in Berlin Wahlen an.
Gesa Ufer