Untersuchungsausschuß zu Kurdensturm vor dem Aus?
CDU klagt wegen Reihenfolge der Fragen an Zeugen
Im Streit um die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu den Vorgängen
am israelischen Generalkonsulat hat die CDU jetzt den Verfassungsgerichtshof
eingeschaltet. Er soll klären, in welcher Weise die Fragenkomplexe
des Untersuchungsauftrags abzuarbeiten sind. Dazu könnte die Arbeit
des Ausschusses noch vor seiner nächsten Sitzung am Freitag gestoppt
werden, sagte ein Gerichtssprecher. Der Ausschußvorsitzende
Wolfgang Wieland (Grüne) kritisierte den «offensichtlichen Verzögerungsversuch,
der den Ausschuß lahmlegen könnte».
Der Ausschuß hatte beschlossen, die Zeugen zu allen Punkten des
ersten Fragekomplexes zu vernehmen. Der wissenschaftliche Parlamentsdienst
hält diese Praxis für zulässig. Die CDU dagegen will, daß
erst eine Frage komplett abgearbeitet wird, bevor jemand zur nächsten
vernommen wird. «Dann müßten wir fünf Jahre tagen»,
klagt Wieland.
Am 2. Juni will das Verfassungsgericht die Sach- und Rechtslage nichtöffentlich
erörtern. Zuvor könnte aber bereits über die Fortsetzung
der Ausschußarbeit entschieden werden, sobald die CDU eine entsprechende
Stellungnahme abgab, hieß es bei Gericht. Sie soll laut Andreas Gram
bis Donnerstag nachmittag eingehen.
Der Ausschußvorsitzende läßt unterdessen den Parlamentsdienst
prüfen, ob die umstrittene Aufzeichnung des Telefonats zwischen Polizeipräsident
Hagen Saberschinsky und Innenstaatssekretär Kuno Böse überhaupt
Gegenstand der Befragungen im Ausschuß sein darf. Damit sie rechtlich
verwertbar ist, müßte Saberschinsky der Aufzeichnung zugestimmt
haben oder seine Zustimmung wirksam ersetzt worden sein.
Die Innenverwaltung wies die Vermutung zurück, die Veröffentlichung
des Telefonats sei Ausdruck von Führungszwist innerhalb der Behörde.
Saberschinsky wird darin mit den flapsigen Worten zitiert «Ja, ja,
ja, ist gut, okay. Wir schützen die ganze Welt.» Böse hatte
ihm den Beistand des Bundesgrenzschutzes angeboten. Tags darauf starben
die vier Kurden.
Wie aus Parlamentskreisen verlautete, sei das Zitat jedenfalls mit
Wissen der Behördenspitze in den Ausschuß gelangt. Man habe
bei Inneres tagelang gebrütet, was man dem Ausschuß gebe und
das Material mit zwei Tagen Verspätung eingereicht. Da sei es unwahrscheinlich,
daß die brisante Stelle übersehen wurde.
Eine Sprecherin der Innenverwaltung bezeichnete indes eine Darstellung
der Ausländerbehörde als falsch, wonach kurdische Terroristen
bereits am späten Abend des 16. Februar den Sturm auf das israelische
Generalkonsulat beschlossen hätten. Die Ausländerbehörde,
die der Innenverwaltung unterstellt ist, habe behördenintern den Fehler
bereits eingeräumt. Der Brief, der diese Darstellung enthielt, ging
an 28 Kurden, die abgeschoben werden sollten.
Den Entschluß, das Generalkonsulat Israels zu überfallen,
hätten die Kurden erst am Vormittag des 17. Februar gefaßt,
sagte die Sprecherin. vef/eck/MP