Das vom SFB angekündigte Filmmaterial über den Tod der vier Kurden in Berlin sorgt in vielen Amtsstuben für Nervosität
Von Ulrich Fichtner
Das vom Sender Freies Berlin angekündigte Filmmaterial über den Tod der vier Kurden vor Israels Generalkonsulat läßt die Knie in vielen Amtsstuben zittern. Was, wenn sich mit den Bildern beweisen ließe, daß etwa die Polizei damals den Kurden wider besseres Wissen zum PKK-Terroristen aufblies, um eigenes Versagen zu bemänteln? Was, wenn sich schlicht und bestürzend herausstellte, daß die Kurden zu Opfern eines Amokläufers wurden? Wie stünde, in diesem Fall, Israel da mit seiner bis heute gültigen Erklärung, die Wachleute hätten sich damals "vorschriftsgemäß" verhalten?
Die Fernsehbilder werden die Indizienketten bereichern, tatsächlich aufklären können sie nichts. Die komplizierten Abläufe jener Tage des europaweiten Kurdenprotests, die Strippenzieherei der PKK, das sehr wahrscheinlich mangelhafte Zusammenspiel von Bundes-, Innen-, Verfassungsschutz- und Polizeibehörden, dazu die Umtriebe der Berliner Politsüppchen-Köche - dies alles läßt sich nicht mit einem Mal zu den Akten legen.
Der vom Berliner Parlament eingesetzte Untersuchungsausschuß zur Sache, der vor drei Wochen seine Arbeit aufnahm, muß aus der Rückschau Klarheit schaffen: Wer hat damals wann was worüber gewußt und wie hat er gehandelt? Um diese Frage nach politischer Verantwortung geht es. Dem Polizeipräsidenten der Stadt, der am heutigen Freitag vom Ausschuß gehört wird, ist sie mit besonderem Nachdruck zu stellen. Und Hagen Saberschinsky, der damals spöttisch die "ganze Welt" beschützen zu müssen glaubte, helfen dünne Antworten nicht mehr weit.
Frankfurter Rundschau, 28.5.99