Frankfurer Rundschau 26.6.99
Schutzpolizei rechtfertigt sich
Von Ullrich Fichtner BERLIN, 25. Juni. Der Untersuchungsausschuß zu den Kurden-Krawallen im Winter hat am Freitag erneut keine Hinweise auf damalige Fehler oder Fehleinschätzungen der Berliner Polizei erbracht. Stattdessen konnte der als Zeuge geladene Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert den Großeinsatz vom 16. und 17. Februar ohne Widerspruch durch die Abgeordneten als "abgestuftes, angemessenes Sicherheitskonzept" schildern. Piestert wies den Verdacht zurück, die Polizei habe sich damals allzu ausschließlich auf türkische und US-Einrichtungen konzentriert. Die Direktionen hätten vielmehr bereits am Vortag der tödlichen Schießerei am israelischen Generalkonsulat auch den Objektschutz und die Streifentätigkeit rings um israelische und jüdische Liegenschaften verstärkt. Dies sei geschehen, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur "äußerst vage Gefährdungshinweise" vorgelegen hätten. Daß die Hauptsorge in jenen Tagen türkischen, US-amerikanischen, griechischen und kenianischen Liegenschaften galt, nannte Piestert "völlig plausibel". Schließlich sei diesen Ländern von kurdischer Seite die Schuld an der Verschleppung des PKK-Führers Abdullah Öcalan in die Türkei gegeben worden. Auch Piesterts Schilderung der Ereignisse unmittelbar vor der Eskalation am Konsulat, als israelische Wachleute am 17. Februar vier Kurden töteten, ergab keine neuen Hinweise auf Fehler der Polizei. Nach dem Auftritt des Schutzpolizeichefs und eines Polizeiführers, der Piesterts Version erhärten konnte, tritt der vom Bündnisgrünen Wolfgang Wieland geleitete Ausschuß auf der Stelle. Wichtige Zeugen, darunter Bundesinnenminister Otto Schily und hohe Beamte seines Ministeriums, dürfen auf Beschluß des Bonner Kabinetts wegen "verfassungsrechtlicher Bedenken" nicht aussagen. Somit scheint der Ausschuß keine Gelegenheit zu erhalten, möglichen Versäumnissen von Bundesbehörden oder etwaigen Koordinationsmängeln nachzugehen. Die Kontrolleure trifft dies in einem Moment, da sie über die Fortsetzung
ihrer Arbeit in den Sommerferien entscheiden müssen. Aber selbst die
sehr aktive PDS-Abgeordnete Marion Seelig sagte am Rande der Sitzung, daß
angesichts der bisherigen Ergebnisse Sondertermine in den Ferien kaum zu
rechtfertigen seien.
|