Eine Erklärung von Organisationen und Repräsentanten aus
der Friedens-, der Grundrechte- und Menschenrechtsbewegung in der Bundesrepublik
Deutschland.
Wir wenden uns an die Regierenden und an die Kurden in unserem Land
zu dem, was passiert und geschehen ist:
Sagen wir den alten und neuen Regierenden in unserem Land: Ihr habt
zu lange gezögert, dem Frieden eine Chance und Euere Unterstützung
zu geben. Ihr habt versäumt, den Frieden und die Demokratie in der
Türkei zu fördern. Ihr habt vornehmlich vom Terrorismus der
terrorisierten Kurden gesprochen – und jüngst auch noch davon, daß
weitere Waffen an Ankara geliefert werden könnten. Waffen für
den Terror gegen die Terrorisierten. Ihr seid mitverantwortlich für
Gewalt und Gegengewalt, die jetzt in Deutschland aufkommt. Ihr werdet
zu Repräsentanten der doppelten Moral, die im Nicht-NATO-Land Serbien
für den Frieden im Kosovo bombardieren wollen und die zum Frieden
ausgestreckte Hand der Kurden nicht bereit sind zu ergreifen – nur weil
die Türkei ein NATO-Land ist?
Wenn Ihr eine eigenständige Politik der Europäischen Union
machen wollt, wenn man Euch glauben soll, Ihr würdet für Menschenrechte
und Frieden eintreten wollen, dann müßt ihr JETZT ein Signal
der Hoffnung, ein Signal für Eueren besseren Willen setzen: Eine
politisch-menschliche Initiative ergreifen, um als gute Freunde von Türken
und Kurden einen Friedensprozeß in Gang zu bringen. Ein Zeichen
setzen für wenigstens die ersten Bemühungen in Richtung auf
eine Internationale Kurdistankonferenz.
Den Kurden in Deutschland und in Europa sagen wir: Wir verstehen
Eure Empörung über die arglistige Entführung Abdullah Öcalans.
Wir verstehen Euere Enttäuschung darüber, daß die Mächtigen
bisher nicht bereit waren, Für den Frieden und für Euere Menschenrechte
und die Rechte als Minderheit einzutreten.
Wir verstehen Eure Enttäuschung darüber, daß die vielen
europäischen Organisationen, die für eine friedliche Lösung
des Konflikts in der Türkei eintraten, nicht mehr erreicht haben.
Aber wir warnen Euch auch, in die Terrorismusfallen zu laufen, die
jetzt überall aufgestellt sind.
Euere Wut wird Euch als Terrorismus ausgelegt, die Bevölkerung,
beherrscht von der oft fragwürdigen öffentlichen Berichterstattung,
wird Euch als Gewalttäter mißverstehen und Euch fürchten.
Die Aburteilung vor Strafgerichten wird die Kurden einmal mehr als
Gruppe kriminalisieren.
DAS LEITET NUR WASSER AUF DIE MÜHLEN EURER GEGNER.
Darum sagen wir: Laßt Euch nicht hinreißen. Auch wo Ihr
Euch im Recht fühlt, könnt Ihr Euch ins Unrecht setzen – und
das schadet nur Eurer Sache.
Denn ihr braucht Freunde und Verbündete in Europa, nicht Menschen,
die Euch fürchten.
Ihr müßt Verständnis für Eure gerechte Sache finden.
Dafür müssen Deutsche und auch Türken gewonnen werden.
Ja, auch die Türken! Denn die Durchsetzung Eurer Rechte in der Türkei
wird nur mit einem breiten Schub an Demokratisierung der ganzen Gesellschaft
dieses Landes möglich sein.
Dr. Andreas Buro
Hans Branscheidt
Mehmet Sahin
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