„EIN FALL VON INTERNATIONALEM KIDNAPPING“ 
AUFRUF UND ERKLÄRUNG DES APPELLS VON HANNOVER AN DIE EUROPÄISCHEN REGIERUNGEN 

Auf illegale Art und Weise hat ein staatlich gelenktes Bündnis internationaler Geheimdienste den Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans, Abdullah Öcalan, in die Hände ausgerechnet desjenigen  Staates überführt, der am allerwenigsten ein rechtstaatliches Verfahren garantieren wird. 
Entgegen den Vorschlägen und Appellen internationaler Menschenrechtsorganisationen, die sich anläßlich der Ankunft von Herrn Öcalan in Rom geschlossen gegen dessen Auslieferung an die Türkei aussprachen, wurde er nun in die Gewalt eines Staates überstellt, dessen Rekord an Folterungen, Meinungsunterdrückung und der Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung international an der Spitze der Negativliste steht. Wie können Recht, Demokratie, Frieden und die Lösung des Problems der Kurden in der Türkei je erreicht werden, wenn elementare Grundsätze des Völkerrechts und des Menschenrechts so eklatant verletzt werden? Die jahrelangen mühsamen Versuche, die Auseinandersetzung zwischen dem in der Türkei herrschenden Establishment und den Kurden auf ein rationales Niveau zu beben und in Form von Dialogen für alle beteiligten Seiten menschlich zu lösen, wurden brutal brüskiert und auf unbestimmte Zeit zurückgeworfen. 
An der aktuellen Entwicklung hat auch die europäische Staatengemeinschaft eine nicht zu übersehende Mitverantwortung. An diese moderne „europäische Wertegemeinschaft“ hatten Öcalan und die Kurden sich gewandt und unter verbindlichem Angebot von Waffenstillstandsvorhaben und friedlicher Verhandlungsbereitschaft Hilfe und Untgerstützung erwartet. Ân dieses Europa hatte der Kurdenführer vertrauensvoll sene eigenen normalen Asylanträge gerichtet, wie sie als Rechtsgarantie einem zweifellos politisch Verfolgten von allen internationlen Standards garantiert werden. 
Wir appellieren daher heute an die Regierungen, die Parlamente und die Rechtsinstitutionen Europas, die Ursachen des Vorfalls in Kenia durch die Einsetzung einer eigenen internationalen Untersuchungskomission in Erfahrung zu bringen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. 
DER APPELL VON HANNOVER fordert weiter dazu auf, daß die europäischen Regierungen -  besonders Italien und die Bundesrepublik Deutschland – die Rückführung Öcalans nach Europa verlangen, wo sein Asylantrag zu verhandeln ist. Selbst in Anbetracht einer bloßen Privatperson Abdullah Öcalan ist dessen Verbleib in den Händen eines Staates, dessen Polizei und Geheimdienste ihn foltern und unmenschlich behandeln werden, für das demokratische Gesicht Europas ein dauerhaft bleibendes unerträgliches Stigma. 

Wir erwarten vor allem, daß die europäische Gemeinschaft Herrn Öcalan und seine Sache einem internationalen justiziellen Verfahren zuführt, das auf rechtsstaatliche Weise über ihn und seine politischen Beweggründe befindet. 
Wir appellieren zugleich an die weltweiten Menschenrechtsorganisationen, an die europäischen Einrichtungen für präventive Konfliktdiplomatie und die Rechtsinstitute, sich unverzüglich für die von Italien bereits geforderte Internationale Kurdistankonferenz einzusetzen, um in dieser Situation gegenüber der Türkei zu bedeuten, daß an die Stelle eines Schauprozesses, der lediglich den innenpolitischen Bedürfnissen Ankaras genügt, eine diplomatisch-politische Initiative zur demokratischen Lösung des Kurdenproblem in Gang gesetzt wird. Ein bloßer Triumph der Reche der türkischen Verantwortlichen, fundiert auf einem Akt internationaler Rechtsverletzung in Form eines Kidnappings, wird nur zu weiterer Verhärtung und zur Fortdauer von Gewalt und Terror führen. Europa entscheidet in diesen Tagen durch sein Verhalten selber darüber, ob es demokratisch legitimiert internationale Konflikte lösen kann, oder aber ob es seine Legitimation auf der Grundlage geheimdienstlicher Operationen und Entführungen konstituiert wissen möchte. 

Für den Appell von Hannover 
Hans Branscheidt