SOLIDARITÄTSKOMITEE F Ü R
K U R D I S T A N DÜSSELDORF-NEUSS
c/o Günther Böhm, Schalbruch 115, 40721 Hilden, fon+fax: 02103
46007
eMail: g.boehm@online-club.de
Hilden, 28. Februar 1999
M E D I E N M I T T E I L U N G
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe FreunInnen, den beigefügten Appell für eine aktive Verständigungspolitik
gegenüber der kurdischen Bewegung und gegen weitere Repressionsmaßnahmen
haben wir heute an Bundesinnenminister Schily geschickt. Wir bitten um Veröffentlichung.
An den Bundesminister des Inneren
Otto Schily
Graurheindorfer Straße 198
53117 Bonn
Fax 0228 681-4665
Hilden, 28. Februar 1999
Sehr geehrter Herr Minister, mit großer Sorge haben die Unterzeichneten
von den in Ihrer Regierungserklärung vom 23.2.99 angekündigten
und in einem großen Teil der deutschen Presse zustimmend kommentierten
Maßnahmen gegen kurdische Einrichtungen und Medien gehört.
Dabei wird nach einem Bericht im „SPIEGEL“ offenbar vordringlich an eine
Auflösung des Kurdistan-Informationszentrums und ein Verbot des Fernsehsenders
Med-TV gedacht. Diese einschneidende Reaktion der Bundesregierung auf
die illegale Verschleppung von Abdullah Öcalan in die Türkei
und die durch sie weltweit verursachten Proteste ist unserer Meinung nach
nicht geeignet, den inneren Frieden in Deutschland zu sichern, und wirkt
der von allen Staaten der Europäischen Union befürworteten politischen
Lösung der Kurdenfrage entgegen. In den Augen des kurdischen Bevölkerungsteils
muss sie im Gegenteil wie eine bewusste Unterstützung der repressiven
Politik des türkischen Staates und seiner illegalen Handlungen erscheinen.
Die teilweise gewaltsamen Aktionen v.a. gegen konsularische Vertretungen
und Parteibüros sind auch nach der Einschätzung des Generalbundesanwalts
sowie hochrangiger Vertreter von Verfassungsschutz und Polizei auf spontane
Absprachen zwischen den in höchstem Maße erregten, vorwiegend
jugendlichen Kurden und Kurdinnen zurückzuführen. Auch die trotz
ihrer ausdrücklichen Missbilligung durch Abdullah Öcalan mehrfach
angedrohten und versuchten Selbstverbrennungen folgten ausschließlich
individuellen Entschlüssen.
Das ZK der PKK, die ARGK- und die ERNK-Führung riefen dagegen mehrfach
zu Gewaltlosigkeit und Gesetzestreue in allen Exilländern auf. Ihre
eindringlichen Erklärungen wurden für die deutsche Öffentlichkeit
durch das Kurdistan-Informationszentrum, für den kurdischen Bevölkerungsteil
u.a. durch die Zeitung „Özgür Politika“ und den Fernsehsender
„Med-TV“ mehrfach veröffentlicht und kommentiert. Wir bitten Sie
deshalb zu bedenken, dass eine Zerschlagung der kurdischen politischen
Organisationen und Einrichtungen zur Desorientierung und politischen Verarmung
der kurdischen Bewegung führen müsste, mit Sicherheit jedoch
nicht zu ihrem Ende. Darüber hinaus würde sie den Eindruck gemeinsamen
und abgestimmten Handelns von deutschen und türkischen Verfolgungsbehörden
bestärken.
Die Stimmung des kurdischen Bevölkerungsteils ist weiterhin in hohem
Maße erregt und verzweifelt. Es ist zu befürchten, dass eine
wie auch immer bewirkte Zurückdrängung der Organisiertheit der
kurdischen Bewegung zu vermehrten Selbsttötungsakten und einer höheren
Gewaltbereitschaft der kurdischen Jugendlichen führen würde.
Deshalb appellieren wir für eine Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme
der bereits unter Ihrem Amtsvorgänger angebahnten informellen Kontakte
zur kurdischen Bewegung mit dem Ziel einer Wiederzulassung der verbotenen
kurdischen Organisationen und wenden uns gegen alle Schritte zu ihrer
weiteren Illegalisierung und Zerschlagung.
Mit freundlichen Grüßen
Erstunterzeichner:
Günther Böhm, Architekt, Hilden; Ulrike Böhm, Sozialpädagogin,
Hilden;
Tim Engels, stud. jur., Neuss; Renate Greis, Angestellte, Neuss; Silke
Laube, Düsseldorf; Martin Heinrichs, Düsseldorf; AStA-Vorstand
der FH. Düsseldorf; John Dunn, Vizepräsident des Studentenparlaments
der FH.
Düsseldorf; Erik Penner, Krankenpfleger, Neuss; Sascha Heinenberg,
Student, Neuss; Gerd-Dieter Hünseler, Neuss; Matthias Heck, Schüler,
Krefeld; Chris Babel, Student, Neuss; Gundolf Schumann, Angestellter,
Neuss; Roland Sperling, Rechtsanwalt, Neuss, Klaus Stein, Lehrer,
Düsseldorf; Helmut Born, BR-Vorsitzender HBV, Düsseldorf; Hasso
Treletzki, Lehrer, Düsseldorf
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