»Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan«
Internationale Prominenteninitiative begann Kampagne
Auf einer Pressekonferenz am vergangenen Wochenende in Bonn erläuterten
Danielle Mitterrand, Uri Avnery und Norman Paech, drei Erstunterzeichner
einer von internationaler Prominenz getragenen Initiative »Freiheit
für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan« Hintergrund
und Ziele einer breit angelegten Kampagne, die in zahlreichen Ländern
durchgeführt werden soll. Die Türkei, so heißt es in dem
in Bonn verbreiteten Appell, müsse sofort ihre militärischen
Operationen in den kurdischen Gebieten einstellen und in einen Dialog mit
der kurdischen Seite eintreten. In dem Aufruf, der von Nobelpreisträgern,
Politikern, Wissenschaftlern, Schriftstellern und Künstlern unterschrieben
ist, werden nochmals die seit einiger Zeit immer wieder vorgebrachten Forderungen
nach Einberufung einer internationalen Kurdistankonferenz und der Beendigung
des Krieges betont. Scharfe Kritik üben die Unterzeichner an dem Vorgehen
der europäischen Regierungen. Entgegen dem Entscheid der italienischen
Justiz und den Aufrufen und Appellen internationaler Menschenrechtsorganisationen,
die sich anläßlich der Ankunft von Öcalan in Rom gegen
dessen Auslieferung an die Türkei aussprachen, sei der PKK- Vorsitzende
schließlich unter Zwang entführt und in die Gewalt des Staates
übergeben worden, der bei Folterungen und Menschenrechtsverletzungen
international an der Spitze stehe.
Vor einem türkischen Gericht sei kein faires Verfahren denkbar,
denn »der Kurdenführer wurde den Militärs und den Politikern
in der Türkei übergeben«, so der Aufruf weiter, »die
für den Krieg in den kurdischen Gebieten und dessen Folgen verantwortlich
sind: für die Vernichtung von 4 000 kurdischen Dörfern, für
die unzähligen Toten und die über drei Millionen Vertriebenen
und Flüchtlinge«.
Das Urteil der Initiative zu dem von vielen beklagten »Abtauchen«
Europas in der zurückliegenden Zeit fällt vernichtend aus: »Die
europäischen Regierungen haben bisher vollständig versagt, zur
Beendigung des Krieges in der Türkei und zur Lösung der kurdischen
Frage eine konstruktive Initiative zu ergreifen. Während sie alle
diplomatischen Hebel in Bewegung gesetzt haben, um den Palästinensern
in Madrid, den Bosniern in Dayton und den Kosovo-Albanern in Rambouillet
eine politische und friedliche Lösung ihrer Konflikte zu ermöglichen,
warten wir seit 15 Jahren vergeblich auf eine ähnliche Initiative
für die Kurden.« Dennoch bestehe auch weiterhin die Chance,
einer politischen Lösung den Weg zu ebnen. An die Staatengemeinschaft
und ihre Institutionen ergeht in diesem Zusammenhang der Appell, eine internationale
Beobachterdelegation in die Türkei zu entsenden. Wichtig sei auch
eine Gewährung der Sicherheit und Unversehrtheit Abdullah Öcalans,
der »als Schlüsselperson in der anzustrebenden politischen Lösung
des Krieges um Kurdistan angesehen und entsprechend behandelt« werden
müsse. Und nicht zuletzt wird die Türkei aufgefordert, den Krieg
zu beenden und endlich einen Dialog zu starten.
Zu den Erstunterzeichnern dieser Initiative gehören, neben den
bei der Pressekonferenz in Erscheinung getretenen, eine Reihe international
bekannter Personen, u. a. Prof. Elmar Altvater, die britischen Politiker
Lord Avebury und Tony Benn, der italienische Regisseur Dario Fo und die
Rocksängerin Gianna Nannini, der osttimoresische Friedensnobelpreisträger
José Ramos Horta, der portugiesische Literaturnobelpreisträger
Jose Saramango und der Schweizer Publizist Jean Ziegler.
Thomas W. Klein