Öcalan bleibt isoliert
Anwälte: Kein Zutritt zum PKK-Chef
Berlin - Jederzeit, das hat die türkische Regierung gerade wieder
erklärt, hätten die Anwälte Zutritt zu Abdullah Öcalan.
Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Osman Baydemir zum Beispiel
wurde die Zufahrt zur Gefängnisinsel Imrali verwehrt, und auch Eren
Keskin hat ihren Mandanten seit seiner Verhaftung noch nicht persönlich
gesehen.
Die beiden Juristen - zwei aus dem insgesamt 16köpfigen Verteidigungs-Kollektiv
des PKK-Führers - halten sich zur Zeit in Berlin auf, wo sie an einer
internationalen Tagung teilnehmen, die sich während der Ostertage
mit dem Schicksal politischer Gefangener beschäftigen will.
Beide sind Kurden, beide sind Mitglied der türkischen Menschenrechtsvereinigung
„Insan Haklar Denergi“, und beide haben die Macht des Staates schon zu
spüren bekommen. Eren Keskin wurde 1995 zu einer 13monatigen Haftstrafe
ohne Bewährung verurteilt, weil sie im linksgerichteten Magazin „Medya
Günesi“ zur Kurdenfrage Stellung genommen hatte, Baydemir hat man
Ende Februar wegen eines Vortrags zur Kurdenfrage festgenommen. Anklage
wurde keine erhoben.
Baydemir war einer von 3369 Bürgern, die allein in der ersten
Woche nach Öcalans Entführung aus Kenia in der Türkei festgenommen
wurden.
Die türkische Regierung beteuert seitdem zwar immer wieder, daß
Abdullah Öcalan einen fairen Prozeß erhalten werde, aber diese
Verhaftungswelle hat nicht gerade dazu beigetragen, das internationale
Mißtrauen zu schmälern. Gewachsen ist die Sorge noch, seit Ministerpräsident
Bülent Ecevit Anfang dieser Woche mitgeteilt hat, die Türkei
werde - entgegen allen früheren Erklärungen - nun doch keine
internationalen Beobachter bei diesem brisanten Verfahren zulassen. Dem
wegen Hochverrats angeklagten Führer der Kurdischen Arbeiterpartei
(PKK) droht immerhin die Todesstrafe.
Die Prozeßeröffnung soll nun Ende April stattfinden, also
nach den Parlamentswahlen. Osman Baydemir und Eren Kesdin halten
es für rechtswidrig, daß Abdullah Öcalan so lange in Isolationshaft
gehalten wird. Darauf haben sie anläßlich ihres Berlin-Besuchs
am Mitwoch nachdrücklich hingewiesen.
Öcalan dürfe in seinem Gefängnis weder fernsehen, noch
habe er Zugang zu Zeitungen oder Zeitschriften. Morgen, so Baydemir, werde
ein Kollege versuchen, wenigstens ein Radio genehmigen zu lassen. Viel
Hoffnung, daß das gelinge, habe man allerdings nicht.
(BaM)