Freitag 19. Februar 1999, 19:08 Uhr
Griechenland entläßt Geheimdienstchef wegen Öcalan
Athen - Im Zusammenhang mit der Festnahme von PKK- Chef Abdullah Öcalan ist am Freitag auch der Chef des griechischen Geheimdienstes entlassen worden. Ein Sprecher der Regierung sagte in Athen, Ministerpräsident Costas Simitis habe den Leiter der Nationalen Informationsbehörde, Haralambos Stavrakakis, gebeten, seinen Rücktritt einzureichen. Stavrakakis sei dem nachgekommen.
Am Vortag waren wegen der Öcalan-Festnahme im Anschluß an
seinen Aufenthalt in der griechischen Botschaft in Nairobi bereits drei
Minister entlassen worden, darunter Außenminister Theodoros Pangalos.
Der Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) hatte sich zwölf Tage
in der griechischen Botschaft in Kenias Hauptstadt aufgehalten, bevor er
in der Nacht zum Dienstag unter ungeklärten Umständen dem türkischen
Geheimdienst in die Hände fiel und in die Türkei gebracht wurde.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 18:37 Uhr
BKA rechnet mit weiterer Gewalt von Kurden
- Zweite Abendmeldung
Bundesregierung sieht keine Schuld bei israelischen Schützen
- Sieben mutmaßliche PKK-Rädelsführer festgenommen =
Frankfurt/Main (AP) Kurdendemonstrationen gegen die Festnahme des PKK-Führers
Abdullah Öcalan sind auch am Wochenende zu erwarten. Das Bundeskriminalamt
rechnet mit erheblicher Gewalt militanter Anhänger der verbotenen
Kurden-Partei. Die Berliner Behörden verhängten für Samstag
und Sonntag ein Demonstrationsverbot. Außenamtssprecher Martin Erdmann
erklärte in Bonn, bei den Schüssen israelischer Sicherheitskräfte
im Berliner Generalkonsulat am Mittwoch habe es sich der vorläufigen
amtlichen Untersuchung zufolge um Notwehr gehandelt. Israelis und Kurden
bedauerten die «Tragödie» und bekräftigten den Willen
zu einem friedlichen Miteinander.
Der israelische Botschafter Avi Primor kam am Freitag zu einem Gespräch
in das Generalkonsulat nach Berlin, wo Vertreter der kurdischen Gemeinde
zum Gedenken an die drei erschossenen Kurden einen Kranz niederlegten.
Primor unterstrich nach einem Gespräch mit zwei Berliner Landtagsabgeordneten
kurdischer Abstammung den festen Willen Israels zu einem friedlichen Zusammenleben
mit den Kurden. «Ich bedauere es zutiefst, daß eine solche
Tragödie stattgefunden hat», sagte der Botschafter.
Die Abgeordneten Giyasettin Sayan (PDS) und Riza Baran (Bündnisgrüne)
unterstrichen den Willen der Kurden, gewalttätige Auseinandersetzungen
in Zukunft zu verhindern. Der Vorsitzende der kurdischen Gemeinde, Hassan
Mohammad Ali, sagte, ein möglicher Trauermarsch für die drei
Toten solle auf jeden Fall friedlich ablaufen.
Bisher rund 2.100 Kurden festgenommen
Die Polizei in Baden-Württemberg nahm sieben mutmaßliche Rädelsführer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in vorbeugenden Gewahrsam. Wie Innenminister Thomas Schäuble in Stuttgart ankündigte, soll gegen sie bei Gericht die Höchstdauer von zwei Wochen Gewahrsam beantragt werden.
Bei den gewalttätigen Aktionen von PKK-Anhängern nach der Festnahme Öcalans wurden bislang nach Angaben des BKA bundesweit rund 2.100 Aktivisten festgenommen, davon 500 lediglich vorübergehend. 14 Konsulate und Botschaften sowie 14 deutsche Einrichtungen seien besetzt sowie 26 Brandanschläge auf türkische Geschäfte, Gaststätten und Vereine verübt worden. 44 Polizeibeamte seien bislang verletzt worden.
In Hamburg ging eine Kurdendemonstration mit rund 3.000 Teilehmern nach
Polizeiangaben am Freitag ohne Zwischenfälle zu Ende.
Die FDP-Bundestagsfraktion beantragte für den kommenden Dienstag
eine Sondersitzung des Bundestages zu den Kurdenkrawallen. Gegenstand der
Debatte solle auch das bisherige Verhalten der Bundesregierung in Sachen
Öcalan sein.
Die Bundesregierung läßt nach Angaben des Bonner SPD-Fraktionsvorsitzenden
Peter Struck prüfen, inwieweit trotz internationaler Konventionen
die Möglichkeit besteht, kurdische Straftäter abzuschieben.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag
Jürgen Rüttgers forderte im Südwestrundfunk, als rechtliche
Voraussetzung für eine Abschiebung müsse künftig schon die
Verurteilung zu einer einjährigen statt bislang zu einer dreijährigen
Haftstrafe gelten.
Dagegen hält die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im
Bundestag, Claudia Roth (Grüne), eine Lockerung der Abschiebepraxis
bei Kurden für politisch unverantwortlich, wie sie im Inforadio Berlin-Brandenburg
sagte.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 17:45 Uhr
Israelis und Kurden bedauern «Tragödie»
Primor betont Willen zu friedlichem Miteinander - Kranzniederlegung
vor Konsulat -
Demonstrationsverbot
Berlin (AP) Zwei Tage nach dem Blutbad in Berlin haben Israelis und
Kurden die «Tragödie» bedauert und gleichzeitig den Willen
zu einem friedlichen Miteinander bekräftigt. Israels Botschafter Avi
Primor kam am Freitag eigens zu einem Gespräch in das Generalkonsulat
nach Berlin, wo Vertreter der kurdischen Gemeinde zum Gedenken an die drei
am Mittwoch erschossenen Demonstranten einen Kranz niederlegten. Sie riefen
ihre Landsleute nochmals zu Gewaltlosigkeit auf. Die Berliner Behörden
verhängten für das Wochenende in Erwartung von Protesten ein
Demonstrationsverbot.
Nach einem rund halbstündigen Gespräch mit zwei Berliner
Landtagsabgeordneten kurdischer Abstammung unterstrich Primor den festen
Willen Israels zu einem friedlichen Zusammenleben mit den Kurden. Es gebe
«keine Fehde» zwischen Kurden und Israelis. Die Tragödie
die sich am Mittwoch in Berlin ereignet habe, sei zutiefst bestürzend.
Auslöser sei «irgendein Mißverständnis» gewesen,
sagte Primor. Vor dem Sturm kurdischer Demonstranten auf das Konsulat hatte
es Gerüchte gegeben, daß der israelische Geheimdienst an der
Verschleppung von PKK-Chef Abdullah Öcalan aus Kenia beteiligt gewesen
sei. Israel bestreitet dies.
Vor dem Gebäude, an dem israelische Sicherheitskräfte zwei
Männer und eine Frau erschossen und 16 Menschen verletzt hatten, legten
Vertreter der kurdischen Gemeinde Berlins einen Kranz nieder. Danach wurden
sie von Generalkonsulin Miryam Shomrat empfangen. Er sei extra aus Bonn
dazu gekommen, sagte Primor. Das Treffen sei ihm besonders wichtig gewesen,
weil die Bestürzung unter den Israelis groß sei und es immer
freundschaftliche Beziehungen gegeben habe. «Ich bedauere es zutiefst,
daß eine solche Tragödie stattgefunden hat», sagte der
Botschafter. Sie sei aber wahrscheinlich nicht zu vermeiden gewesen, weil
die israelischen Sicherheitskräfte sich hätten verteidigen müssen.
«Ich hoffe, daß wir auch in Zukunft gute Beziehungen haben
und wir solche Tragödien vermeiden können», betonte er.
Appelle zur Besonnenheit
Die Abgeordneten Giyasettin Sayan (PDS) und Riza Baran (Bündnisgrüne)
unterstrichen den Willen der Kurden, gewalttätige Auseinandersetzungen
in Zukunft zu verhindern. Das tragische Ereignis vom Mittwoch sei ein Schock,
sagte Sayan. Aber die kurdischen Vereine wollten alles tun, um diesen Schock
zu überwinden und zu einem friedlichen Miteinander in Berlin zurückzufinden.
Die 19 Vereine in Berlin wollen am Sonntag über das weitere Vorgehen
beraten.
Der Vorsitzende der kurdischen Gemeinde, Hassan Mohammad Ali, äußerte
nochmals Unverständnis über das Vorgehen der Israelis. es sei
noch nie vorgekommen, daß mit Maschinenpistolen gegen jugendliche
Demonstranten vorgegangen werde, sagte er vor Journalisten. In der Gemeinde
herrsche Trauer; die Stimmung sei aber nicht aufgeheizt. er unterstrich,
daß ein möglicher Trauermarsch für die drei Toten auf jeden
Fall friedlich ablaufen solle.
Unabhängig von der kurdischen Gemeinde rief eine «Antifaschistische
Aktion» für Sonntag zu einer Demonstration auf. Innensenator
Eckart Werthebach sprach daraufhin ein Versammlungsverbot für das
ganze Wochenende aus, da mit «massiven Ausschreitungen» gerechnet
werden müsse. Er rief alle Kurden zu Besonnenheit auf.
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 16:53 Uhr
Türkei erklärt Öcalans Gefängnis-Insel zum Sperrgebiet
Ankara (dpa) - Die türkische Regierung hat die Gefängnis-Insel
Imrali im Marmarameer zum totalen Sperrgebiet erklärt. Dort ist Kurdenführer
Öcalan inhaftiert. Das gab Ministerpräsident Bülent Ecevit
nach einer Kabinettssitzung in Ankara bekannt. Öcalan ist seit drei
Tagen auf der Gefängnis-Insel inhaftiert. Dort wird ihm voraussichtlich
auch vor dem Staatssicherheitsgericht der Prozeß gemacht.
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 16:37 Uhr
SPD und Grüne rufen nach Kurden-Protesten zur Besonnenheit auf
Hamburg (dpa) - Nach den Kurden-Krawallen der vergangenen
Tage haben Politiker von SPD und Grünen zur Besonnenheit aufgerufen.
Der Ruf nach einer Verschärfung der Ausländergesetze sei der
falsche Weg, sagte die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte,
Roth. Die Union bekräftigte dagegen ihre Forderung nach einer erleichterten
Abschiebung straffälliger Ausländer. Unterdessen protestieren
in Hamburg rund 3 000 Kurden für die Freilassung von PKK-Chef Öcalan.
Mehr als 1 000 Polizisten begleiten den Zug.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 16:33 Uhr
Ecevit bestätigt ausländische Hilfe bei Ergreifung Öcalans
Simitis beklagt mangelnde Kooperationsbereitschaft der EU-Länder - Mutmaßliche PKK-Rädelsführer in Polizeigewahrsam
Ankara/Bonn (AP) Der türkische Ministerpräsident Bülent
Ecevit hat am Freitag erstmals Berichte bestätigt, wonach die Türkei
den Kurdenführer Abdullah Öcalan mit ausländischer Hilfe
in ihre Gewalt gebracht hat. In einem Interview mit der Tageszeitung «Hürriyet»
nannte er aber keine Einzelheiten. Der wegen der Öcalan-Affäre
in innenpolitische Bedrängnis geratene griechische Ministerpräsident
Konstantinos Simitis verteidigte sich unterdessen gegen Vorwürfe,
seine Regierung habe Öcalan quasi an die Türkei ausgeliefert.
Er beklagte stattdessen die mangelnde Bereitschaft der EU-Partner Griechenlands,
mit Athen für eine Lösung des Falles Öcalan zusammenzuarbeiten.
Ecevit sagte in dem «Hürriyet»-Interview, Öcalans
Festnahme sei beschlossen worden, nachdem die Türkei am 4. Februar
Informationen erhalten habe, daß der PKK-Chef sich in der griechischen
Botschaft in Kenia aufhalte. Woher die Informationen kamen, sagte er nicht.
Er könne keine Namen nennen, sagte Ecevit. Unbestätigten Berichten
zufolge sollen der US-Geheimdienst CIA oder der israelische Mossad die
Türkei mit Informationen versorgt haben. Israel hat eine Verwicklung
zurückgewiesen, die USA erklärten ausweichend, sie seien nicht
direkt an der Festnahme oder dem Transport des Führers der Kurdischen
Arbeiterpartei (PKK) in die Türkei beteiligt gewesen.
Öcalans Anwältin Britta Böhler warf Griechenland unterdessen
vor, mit der CIA zusammengearbeitet zu haben. In einem am Freitag veröffentlichten
Interview mit der in London erscheinenden arabischen Zeitung «El
Hajat» sagte Böhler, sie mache den inzwischen zurückgetretenen
Außenminister Theodoros Pangalos für die Festnahme Öcalans
verantwortlich. Pangalos war am Donnerstag zusammen mit Innenminister Alexandros
Papadopoulos und dem Minister für öffentliche Sicherheit, Philippos
Petsalnikos, zurückgetreten. Böhler wurde unterdessen nach eigenen
Angaben in den Niederlanden unter Polizeischutz gestellt.
Simitis erklärte, Griechenland habe im Fall Öcalan seine
moralische Pflicht getan, sei jedoch in ein Dilemma gestürzt worden,
weil sich keine europäische Regierung oder Organisation bereitgefunden
habe, irgendeine Initiative zu ergreifen. Er forderte die EU auf, darauf
zu achten, daß die Türkei Öcalans Rechte wahre.
Kurde bei Demonstration in Türkei getötet
In Berlin legten Vertreter der kurdischen Gemeinde Berlins vor dem
israelischen Generalkonsulat einen Kranz nieder. Dort waren am Mittwoch
beim Sturm von Kurden auf das Gebäude drei Menschen von israelischen
Sicherheitskräften erschossen und 16 verletzt worden. Die Bundesregierung
sieht kein schuldhaftes Verhalten der Israelis. Dies habe eine vorläufige
amtsinterne Untersuchung ergeben, erklärte Außenamtssprecher
Martin Erdmann. Die Schutzkräfte hätten aus Notwehr gehandelt.
Die Polizei in Baden-Württemberg nahm nach Angaben des Stuttgarter
Innenministers Thomas Schäuble (CDU) am Freitag sieben mutmaßliche
Rädelsführer der PKK in vorbeugenden Polizeigewahrsam.
In Kiziltepe im Südosten der Türkei wurde am Freitag bei
einer kurdischen Protestaktion ein Demonstrant getötet und drei weitere
verletzt. Auch in anderen Ländern wie Rumänien, Iran und Libanon
kam es zu Protesten gegen die Gefangennahme Öcalans. In Genf besetzten
PKK-Anhänger vorübergehend die Zentrale des Weltkirchenrates.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 16:13 Uhr
Kurden besetzten Zentrale des Weltkirchenrats
aktualisierte Neufassung der APD9972 (Besetzung beendet)
Hungerstreik vor Genfer UN-Gelände dauert an
Genf (AP) Eine Gruppe Kurden hat am Freitag aus Protest gegen die Festnahme
von PKK-Chef Abdullah Öcalan vorübergehend die Zentrale des Weltkirchenrats
in Genf besetzt. Nach Gesprächen mit dem Generalsekretär des
Rates, Konrad Raiser, zogen die Besetzer wieder friedlich ab. Dem Weltkirchenrat
(WCC) gehören mehr als 300 zumeist protestantische und orthodoxe Religionsgemeinschaften
an. In einer Erklärung forderte der WCC eine «friedliche politische
Lösung, um das Leid des kurdischen Volkes zu beenden».
Der Hungerstreik von PKK-Anhängern vor dem UN-Gelände in
Genf dauerte auch am Freitag weiter an. Die Aktion blieb zunächst
friedlich. Die Schweizer Polizei sicherte das Gelände mit Stacheldraht.
Am Dienstag hatten rund 25 Kurden das Gelände trotz erhöhter
Sicherheitsvorkehrungen gestürmt und einen Konferenzraum mehr als
24 Stunden lang besetzt.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 15:50 Uhr
Kurden besetzen Zentrale des Weltkirchenrats
Hungerstreik vor Genfer UN-Gelände dauert an
Genf (AP) Eine Gruppe Kurden hat am Freitag aus Protest gegen die Festnahme
von PKK-Chef Abdullah Öcalan die Zentrale des Weltkirchenrats in Genf
besetzt. Der Generalsekretär des Rates, Konrad Raiser, nahm Verhandlungen
mit den Besetzern auf. Dem Weltkirchenrat gehören mehr als 300 zumeist
protestantische und orthodoxe Religionsgemeinschaften an.
Der Hungerstreik von PKK-Anhängern vor dem UN-Gelände in
Genf dauerte auch am Freitag weiter an. Die Aktion blieb zunächst
friedlich. Die Schweizer Polizei sicherte das Gelände mit Stacheldraht.
Am Dienstag hatten rund 25 Kurden das Gelände trotz erhöhter
Sicherheitsvorkehrungen gestürmt und einen Konferenzraum mehr als
24 Stunden lang besetzt.
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 15:15 Uhr
3 000 Kurden protestieren friedlich in Hamburg
Hamburg (dpa) - Die Proteste der Kurden gegen die Festnahme von PKK-Chef Öcalan halten an. In Hamburg demonstrieren zur Stunde 3 000 Kurden friedlich für die Freilassung des PKK-Chefs. Zahlreiche Demonstranten schwenkten Fahnen der in Deutschland verbotenen PKK. Eskortiert wird der Zug von mehr als 1 000 Polizisten. Unterdessen mußte der Kopenhagener Hauptbahnhof wegen einer Bombendrohung geschlossen werden. Die dänische Polizei schließt nicht aus, daß die PKK hinter der Bombendrohung steckt. Man nehme die Drohung sehr ernst
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 14:11 Uhr
Öcalan-Verfahren rückt türkische Justiz ins Scheinwerferlicht
PKK-Chefs - Ankara betont Unabhängigkeit der Gerichte Von AP-Korrespondent Louis Meixler
Istanbul (AP) Mit dem Verfahren gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan
rückt die türkische Justiz in den Blickpunkt - eine Justiz, der
zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Die Regierung
in Ankara hat bekräftigt, daß Öcalan einen fairen Prozeß
bekommen wird. Aber Amnesty International ist schon deswegen mißtrauisch,
weil unter den drei Richtern des Staatssicherheitsgerichts, die voraussichtlich
das Urteil fällen werden, ein Vertreter der Streitkräfte sitzt.
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg,
bei dem Öcalan Beschwerde wegen seiner Behandlung einlegte, hat die
Zusammensetzung des Gerichts kritisiert.
Der Prozeß wird international beispiellose Aufmerksamkeit auf
die Türkei lenken. Und auch Druck erzeugen, wie Katerina Dalacoura
vom Internationalen Institut für Strategische Studien in London erklärt.
«Selbst die USA werden fordern, daß es hier nach den Buchstaben
des Gesetzes zugeht.» Dabei haben die USA stets die Auslieferung
Öcalans an die Türkei gefordert, den sie wie Ankara als Terroristen
einstufen. Die CIA hat den Kollegen vom türkischen Geheimdienst möglicherweise
Hilfestellung bei der erfolgreichen Jagd geleistet.
Internationale Kritik ist ein wunder Punkt für die Türkei.
Die EU hat das Beitrittsgesuch unter anderem wegen der
Menschenrechtslage auf Eis gelegt, was zu erheblichen Verstimmungen
besonders mit Deutschland geführt hat. Um neuerlicher Kritik schon
im Ansatz zu begegnen, erklärte Ministerpräsident Bülent
Ecevit, das unabhängige Justizsystem werde funktionieren. «Die
Türkei wird jene mit Scham erfüllen, die daran zweifeln.»
Das Außenministerium schrieb in einer Erklärung, die Institutionen
der Türkei respektierten die Unabhängigkeit der Justiz, und dies
werde auch vom Ausland erwartet.
Die türkische Botschaft in Bonn gab am Freitag eine Mitteilung
heraus, in der die Unabhängigkeit der Gerichte bekräftigt wurde.
Darin wurde betont, daß 24 der 177 Artikel der Verfassung der Republik
Türkei ausschließlich Bestimmungen betreffen, «die die
Funktion und die Aufgaben der unabhängigen richterlichen Gewalt detailliert
regeln». Anders als in vielen westlichen Ländern seien auch
die Staatsanwälte unabhängig. Es sei daher ausgeschlossen, daß
Gesetzgebung oder Regierung Einfluß auf die Gerichtsbarkeit nähmen.
Vollstreckung der Todesstrafe fraglich
Amnesty International sieht das anders. Der Chef der Kurdischen Arbeiterpartei
(PKK) hatte noch keinen Zugang zu einem Anwalt und er wird ohne Verbindung
zur Außenwelt gefangengehalten, bemängelt Jonathan Sugden. «Öcalan
bekommt derzeit kein faires Verfahren, und das macht mir für die Zukunft
Angst.» Sugden weist daraufhin, daß die Richter des Staatssicherheitsgerichts
oft Anträgen der Verteidigung nicht stattgeben und Aussagen zulassen,
die unter Zwang oder Folter zustandegekommen sind. «Generell erfüllen
diese Prozesse die internationalen Standards nicht», sagt der Vertreter
von Amnesty International.
Rechtsexperten erwarten, daß Öcalan innerhalb einer Woche
formell wegen des Kurdenaufstands angeklagt wird. Die Türkei macht
ihn für den Tod von 37.000 Menschen verantwortlich, die der Krieg
um einen unabhängigen Kurdenstaat seit 1984 gefordert hat. Es könnte
Monate dauern, bis der eigentliche Prozeß beginnt, der wiederum ein
Jahr dauern könnte. Ecevit indessen hat erklärt, es werde vermutlich
ein schneller Prozeß sein, da alle gesetzlosen Taten der PKK bekannt
seien. Die Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht sind in der Regel
öffentlich. Die Angeklagten können sich einen Anwalt wählen,
der allerdings türkischer Staatsbürger und Mitglied der Anwaltskammer
sein muß.
Öcalan droht die Todesstrafe. Innenpolitisch wird der Druck für
eine Hinrichtung enorm sein. Umgekehrt wird die internationale Gemeinschaft
wohl verlangen, ihn zu verschonen. Das türkische Parlament muß
die Todesstrafe im Einzelfall billigen, was aber seit mehr als einem Jahrzehnt
nicht vorgekommen ist. Als Öcalan Ende vergangenen Jahres in italienischer
Haft saß und die Türkei eine Auslieferung erreichen wollte,
wurde in Ankara vorübergehend sogar über die Abschaffung der
Todesstrafe diskutiert.
Einige türkische Rechtsexperten sehen in dem Öcalan-Verfahren
die Chance auf Veränderungen im Justizsystem. Außerdem bekomme
die Türkei die Möglichkeit, «zu zeigen, daß sie ein
Rechtsstaat ist», sagt Yüksel Inan, ein Wissenschaftler an der
Bilkent-Universität. «Es wird eine Show werden, das kann niemand
bestreiten. Aber solange sich der Prozeß auf der Grundlage der Gesetze
abspielen wird, kann die Türkei nur gewinnen.»
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 13:41 Uhr
Rund 2 000 Teilnehmer bei Kurden-Demonstration in Hamburg
Hamburg (dpa) - Nach den tödlichen Schüssen in Berlin gehen
die Proteste der Kurden in Deutschland weiter. Rund 2 000 Anhänger
von PKK-Chef Öcalan demonstrieren zur Stunde in Hamburg. Sie verlangen
die Freilassung Öcalans, der sich in türkischer Haft befindet.
Die Polizei hat in der gesamten Stadt ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Auf Ausschreitungen sei man vorbereitet, sagte ein Sprecher. Unterdessen
wurden in Baden-Württemberg sieben Rädelsführer der PKK
in Polizeigewahrsam genommen. (Achtung: Ein Schreibfehler wurde beseitigt.)
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Freitag 19. Februar 1999, 13:15 Uhr
Interkultureller Rat fordert EU-Friedensinitiative zu Kurden
Frankfurt/Main (AP) Nach den Kurdenkrawallen hat der Interkulturelle
Rat in Deutschland die Europäische Union und die Bundesregierung als
EU-Ratspräsident zu einer sofortigen Friedensinitiative aufgefordert.
Die Kurdenfrage sei ein europäisches Problem, sagte der Vorsitzende
des Interkulturellen Rats, Jürgen Micksch, am Freitag in Frankfurt.
Zugleich riefen die in einem Arbeitskreis des Rates zusammengeschlossenen
Spitzenvertreter kurdischer und türkischer Verbände zur Besonnenheit
auf.
Der Sprecher des kurdischen Dachverbandes Komkar, Abubekir Saydam,
sagte, die Europäische Union habe in den vergangenen Monaten versagt.
Wenn der verhaftete PKK-Führer Abdullah Öcalan vor ein internationales
Gericht gestellt worden und gleichzeitig eine internationale Konferenz
unter Beteiligung der Türkei vorbereitet worden wäre, «wäre
die Frage schneller gelöst worden».
Saydam, der auch Vorsitzender des Internationalen Vereins für
Menschenrechte in Kurdistan ist, griff die türkische Regierung scharf
an. «Wer glaubt, daß diese Regierung Öcalan einen fairen
Prozeß eröffnen wird, der täuscht sich.» Die veröffentlichten
erniedrigenden Videobilder des PKK-Chefs sprächen eine andere Sprache.
Dagegen sagte der Sprecher der Türkischen Gemeinde in Deutschland,
Sener Sargut, man dürfe nicht behaupten, daß die Türkei
dem PKK-Chef keinen fairen Prozeß machen werde, sondern «man
muß die Türkei zu einem fairen Prozeß auffordern».
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 13:04 Uhr
Mehrere hundert Teilnehmer bei Kurden-Demonstration in Hamburg
Hamburg (dpa) - In Hamburg demonstrieren in strömendem Regen mehrere
hundert Kurden. Rund um den Versammlungsplatz nahe des türkischen
Generalkonsulats ist ein starkes Polizeiaufgebot in Stellung gegangen.
Bisher gab es keine Zwischenfälle. Hintergrund der Proteste sind die
Verhaftung von PKK-Chef Öcalan und die tödlichen Schüsse
auf Kurden in Berlin. Die Grünen haben OSZE-Beobachter für die
Türkei gefordert. Ankara sei verantwortlich für die Vertreibung
der Kurden aus ihrer Heimat, sagte die Verteidigungpolitikerin Beer.
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 11:39 Uhr
Papandreou räumt Fehler im Fall Öcalan ein
Bonn - Schwere Fehler Griechenlands im Umgang mit dem kurdischen Rebellenchef
Abdullah Öcalan hat der neue Außenminister George Papandreou
in einem Zeitungsinterview eingeräumt. Papandreou sagte der in Düsseldorf
erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagausgabe), sein Land habe "in der
Behandlung der Öcalan-Affäre Fehler mit tragischen Konsequenzen"
gemacht. Der flüchtige Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) hatte
sich zwölf Tage in der griechischen Botschaft in Kenias Hauptstadt
Nairobi aufgehalten, bevor er unter ungeklärten Umständen vom
türkischen Geheimdienst in der Nacht zum Dienstag in die Türkei
gebracht wurde. Dort droht ihm die Todesstrafe.
Papandreou räumte ein, daß weder die deutsche EU-Ratspräsidentschaft
noch die übrigen Staaten der Europäischen Union (EU) über
Einzelheiten des griechischen Vorgehens informiert gewesen seien. Der Außenminister
verwies jedoch darauf, daß innerhalb der EU keine Bereitschaft vorhanden
gewesen sei, sich des Falls Öcalan anzunehmen. Deshalb habe Griechenland
auf eigene Faust gehandelt. "Hätte Europa mehr Mut bewiesen, dann
hätten wir den Fall anders beenden können", sagte Papandreou.
Der neue griechische Außenminister forderte die EU auf, nun verstärkt
über Öcalans Schicksal zu wachen. Sie müsse darauf bestehen,
daß der Prozeß gegen den PKK-Chef in der Türkei als rechtsstaatliches
Verfahren nach den Regeln internationalen Rechts geführt werde.
Papandreou räumte ein, daß der Fall Öcalan zu einer
innenpolitischen Krise in Griechenland geführt habe. Nach dem Rücktritt
seines Vorgängers Theodoros Pangalos sowie des Innenministers und
des Ministers für Öffentliche Ordnung müsse nun ein Untersuchungsausschuß
eingerichtet werden, der "Abläufe und Verantwortlichkeiten der Öcalan-Affäre"
klären solle. Papandreou ist der Sohn des ehemaligen griechischen
Ministerpräsidenten Andreas Papandreou. Er hat sein Amt nach dem Rücktritt
Pangalos' am Donnerstag angetreten.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 11:31 Uhr
Grünen wollen Kurden-Frage auf internationaler Ebene lösen
(mit Bild BON101)
Roth und Beer fordern Engagement der Bundesregierung
Bonn (AP) Die Grünen haben sich dafür ausgesprochen, das Kurden-Problem
auf die Tagesordnung von internationalen Verhandlungen zu setzen. Die Bundesregierung
müsse dieses Thema im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft angehen,
forderte die Grünen-Abgeordnete Claudia Roth am Freitag in Bonn. Ihre
Fraktionskollegin Angelika Beer sah eine Mitverantwortung Deutschlands
für den Konflikt, da an die Türkei gelieferte Waffen gegen Kurden
eingesetzt worden seien.
Der Konflikt sei nicht nur eine türkisch-kurdische Angelegenheit,
sondern gehe auch Europa an, sagte Roth. Hier müsse sich die Bundesregierung
engagieren. Die Vorsitzende des Bundestags-Menschenrechtsausschusses rief
zugleich alle Beteiligten des Konfliktes zu Ruhe und Besonnenheit auf.
Da die Türkei EU-Kandidat sei, müßten dem Land deutlicher
als bisher klargemacht werden, daß die Einhaltung von Demokratie
und Menschenrechten unabdingbar für einen Beitritt sei. Das Verfahren
gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan müsse mit rechtsstaatlichen Mitteln
geführt werden.
Roth wandte sich mit Nachdruck gegen eine Abschiebung von Kurden in
die Türkei. Die Grünen-Politikerin verwies auf die Genfer Flüchtlingskonvention,
nach der niemand in ein Land ausgewiesen werden dürfe, in dem gefoltert
werde. Auch kritisierte sie ein pauschales Verbot von Kurden-Demonstrationen.
Dies würde nicht zu Deeskalation beitragen. Demonstrationen seien
ein demokratisches Recht.
Beer appellierte an die Bundesregierung, die Waffenlieferungen an die
Türkei zu stoppen. Zudem müßten in das Land internationale
Beobachter entsandt werden. Auch eine parlamentarische Delegation aus Deutschland
sollte sich vor Ort über die Menschenrechtslage in der Türkei
informieren.
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Schlagzeilen Politik
Freitag 19. Februar 1999, 11:21 Uhr
Iranische Kurden protestieren vor türkischer Botschaft
Teheran (AP) Rund 2.000 iranische Kurden haben am Freitag vor der türkischen
Botschaft in Teheran gegen die Festnahme von PKK-Führer Abdullah Öcalan
protestiert. Viele der Demonstranten trugen Porträts Öcalans.
In Sprechchören riefen sie «Türkei, wir werden dich verbrennen»
und «Lang lebe Apo». «Apo» ist der Spitzname des
Führers der Kurdischen Arbeiterpartei. Rund 100 Polizisten schützten
die Botschaft. Am Donnerstag war es in der iranischen Provinz Westaserbaidschan
zu Zusammenstößen gekommen, als Hunderte von Kurden versuchten,
das türkische Konsulat in Orumijeh nahe der türkischen Grenze
zu stürmen.
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Freitag 19. Februar 1999, 10:49 Uhr
Union fordert Gesetzesänderung nach Kurdenkrawallen
SPD und Grüne gegen Verschärfung der Abschieberegelung - Amnesty befürchtet schnelle Hinrichtung Öcalans
Bonn (AP) Nach den Kurdenkrawallen der letzten Tage hat sich die Union
am Freitag nachdrücklich für eine Änderung des Ausländerrechts
ausgesprochen. Dagegen plädierten Spitzenpolitiker von SPD und Grünen
gegen Gesetzesverschärfungen und riefen zu Besonnenheit auf. Die Bundesregierung
erklärte, sie wolle an ihren Plänen zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts
festhalten.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag,
Jürgen Rüttgers, sagte im Südwestrundfunk, als rechtliche
Voraussetzung für eine Abschiebung müsse künftig schon die
Verurteilung zu einer einjährigen statt bislang zu einer dreijährigen
Haftstrafe gelten. «Wer sich hier so gewalttätig verhält,
daß er zu einem Jahr Strafe verurteilt ist, der muß raus.»
Was derzeit in Sachen Abschiebung passiere, sei «nicht zufriedenstellend»,
sagte der CDU-Politiker.
Dagegen äußerte sich der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses,
Wilfried Penner (SPD) skeptisch zu den Möglichkeiten, durch schärfere
Abschiebegesetze die von der PKK ausgehende Gewalt in Deutschland einzudämmen.
Es sei zu einem Ritual geworden, nach Lücken im Ordnungsrecht zu suchen,
sagte der SPD-Politiker der «Berliner Morgenpost». Die Bundesrepublik
sei nicht zuletzt durch internationales Recht an Abschiebungen in Länder
mit eindeutigen rechtsstaatlichen Defiziten gehindert. Bei den Ausschreitungen
von PKK-Sympathisanten könne jeder Laie sehen, daß es hier um
schwere Straftaten wie Landfriedensbruch, Geiselnahme und Körperverletzung
gehe, für deren Verfolgung es keiner neuen Gesetze bedürfe. Penner
sagte, er befürchte allerdings eine neue Welle der Gewalt an dem in
sechs Wochen anstehenden kurdischen Newroz-Fest.
Schily setzt auf Einfluß der EU
Zu Besonnenheit riefen auch die Vorsitzende des Bundestagsausschusses
für Menschenrechte, Claudia Roth, und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz,
Sachsens Innenminister Klaus Hardrath, auf. Die gewaltsamen Kurdenproteste
eigneten sich nicht dazu, «jetzt eine Art Wettlauf zu organisieren,
wer für dieses schwierige Problem die einfachsten Lösungen anbieten
kann», sagte die Grünen-Politikerin Roth im Deutschlandradio
Berlin. Es sei immer eine einfache Lösung, nach schärferen Gesetzen
zu rufen. Der SPD-Politiker Hardrath sagte der «Berliner Zeitung»,
nach bisheriger Prüfung reiche das bestehende Gesetzesinstrumentarium
aus, um abzuschieben.
Die Bundesregierung hält nach den Worten ihrer Ausländerbeauftragten
Marieluise Beck trotz der Krawalle an den Plänen zur Reform des Staatsbürgerschaftsrecht
fest. «Man darf Politik nicht an tagespolitischen Ereignissen richten»,
erklärte sie im Bayerischen Rundfunk. Bundesinnenminister Otto Schily
setzt unterdessen nach eigenen Worten darauf, daß die Europäische
Union ihren Einfluß geltend machen wird, um die Türkei zu einem
fairen Prozeß gegen inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan zu
veranlassen. Er glaube, daß auch die USA ihr Gewicht geltend machen
würden, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag abend im ZDF. Dagegen
äußerte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
die Befürchtung, daß die Türkei «in diesem Fall ein
Exempel statuiert». Der Sprecher der Organisation, Helmut Oberdiek,
sagte im ZDF-Morgenmagazin, es müsse damit gerechnet werden, daß
Öcalan vielleicht nach sehr kurzem Prozeß schon hingerichtet
werde.
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Kurznachrichten
Freitag 19. Februar 1999, 10:36 Uhr
Kurden-Demonstration in Hamburg
Hamburg (dpa) - Nach den tödlichen Schüssen auf Kurden in Berlin gehen die Protestaktionen auch heute weiter. In Hamburg beginnt in Kürze eine Demonstration, zu der die Polizei bis zu 1 500 Teilnehmer erwartet. Erst vorgestern hatten Anhänger von PKK-Chef Öcalan fast den ganzen Tag lang die Parteizentrale der Landes-SPD besetzt. Die Polizei hat ihre Sicherheitsvorkehrungen für alle sensiblen Gebäude verstärkt. Bundesinnenminister Schily kündigte inzwischen an, die Behörden seien bundesweit auf neue Protestaktionen eingestellt. (Achtung: Der Beginn der Demonstration verzögert sich)
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Freitag 19. Februar 1999, 10:33 Uhr
Öcalans Anwältin macht Griechenland verantwortlich
Will Hinweise für Zusammenarbeit Athens mit der CIA haben - Türkische
Luftangriffe auf PKK-Lager in Irak
Kairo/Ankara (AP) Die Anwältin des inhaftierten PKK-Führers
Abdullah Öcalan hat Griechenland vorgeworfen, mit dem US-Geheimdienst
CIA bei der Verschleppung Öcalans in die Türkei zusammengearbeitet
zu haben. In einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der in
London erscheinenden arabischen Zeitung «El Hajat» sagte Britta
Böhler, sie mache den inzwischen zurückgetretenen Außenminister
Theodoros Pangalos für die Festnahme Öcalans verantwortlich.
Pangalos habe zugesagt, daß Griechenland für den Schutz
Öcalans sorgen werde. Aber das scheine das nur ein Täuschungsmanöver
für die Entführung gewesen zu sein, sagte Böhler. Sie habe
Hinweise, daß der CIA mit Athen zusammengearbeitet habe, um Öcalan
aus Europa heraus zu bringen. Der Führer der Kurdischen Arbeiterpartei
war am Montag in Kenia verschleppt und in die Türkei gebracht worden.
Pangalos war am Donnerstag zusammen mit Innenminister Alexandros Papadopoulos
und dem Minister für öffentliche Sicherheit, Philippos Petsalnikos,
zurückgetreten.
Die türkischen Streitkräfte setzen unterdessen ihre Offensive
gegen Stellungen der PKK im Norden Iraks weiter fort. Die Lager der Separatisten
wurden am Donnerstag von der Luftwaffe bombardiert, nach türkischen
Presseberichten sollen etwa 10.000 Soldaten an der Offensive beteiligt
sein. Die von der irakischen Regierung verurteilte Invasion begann am Montag,
dem Tag der Verhaftung Öcalans. Die türkischen Soldaten drangen
nach Angaben eines Sprechers der Demokratischen Partei Kurdistans bis zu
zehn Kilometer weit auf irakisches Territorium vor. Kämpfer dieser
mit der Türkei verbündeten irakisch-kurdischen Organisation nahmen
an der Verfolgung der PKK-Mitglieder teil, wie die Nachrichtenagentur Anatolia
berichtete.
In der südtürkischen Stadt Ceyhan kam es am Donnerstag zu
einer Schießerei zwischen kurdischen Demonstranten und der Polizei.
Dabei wurden nach einer Meldung von Anatolia zwei Polizisten und ein Demonstrant
verletzt. Ein dritter Polizist sei anschließend von Demonstranten
mit Knüppeln niedergeschlagen und verletzt worden.