Hauptanwalt Öcalans will nicht am Prozeß teilnehmen
Protestiert gegen Bedingungen für Verteidigung - Staatssicherheitsgericht
soll reformiert werden
Istanbul (AP)
Der Hauptanwalt des kurdischen Rebellenführers Abdullah Öcalan
will nicht am Prozeß teilnehmen. Ahmet Zeki Okcuoglu erklärte
am Dienstag in Istanbul, er wolle damit gegen die Bedingungen protestieren,
unter denen sich die Verteidigung auf das Verfahren vorbereiten müsse.
«Ich will mit dieser Farce nichts zu tun haben», sagte Okcuoglu.
Er forderte die anderen 104 Anwälte Öcalans auf, ebenfalls dem
Prozeß fernzubleiben, der am 31. Mai auf der Gefängnisinsel
Imrali im Marmarameer beginnen soll.
Die Zeitung «Hürriyet» berichtete unterdessen über
eine mögliche Reform des Staatssicherheitsgerichts, das wegen der
Präsenz eines Militärrichters umstritten ist. Ministerpräsident
Bülent Ecevit und seine Partner in den Koalitionsgesprächen hätten
sich darauf verständigt, nach einer möglichen Regierungsbildung
noch in dieser Woche umgehend ein Reformgesetz einzubringen. Demnach soll
dem Gericht künftig kein Offizier mehr angehören.
Schon Anfang des Monats hatten die Anwälte mit der Niederlegung
ihres Mandats gedroht, wenn sich die Bedingungen nicht verbesserten. Sie
hatten gefordert, daß sie mit Öcalan allein sprechen könnten
und daß ihre Notizen und Dokumente nicht mehr durchsucht würden,
wenn sie ihn besuchten. «Keine dieser Bedingungen ist erfüllt
worden», sagte Okcuoglu. Er erklärte, die Anwälte könnten
nichts tun, um das Urteil zu beeinflussen. «Ich will nicht an der
Todesstrafe mitgewirkt haben», sagte Okcuoglu. Er hatte bereits einmal
kurz nach der Inhaftierung Öcalans sein Mandat wegen Bedrohung seiner
Person niedergelegt. Andere Anwälte erklärten, sie wollten am
Prozeß teilnehmen und sähen Chancen für einen Freispruch.
Öcalan ist als Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in der
Osttürkei wegen Hoch- und Landesverrats sowie separatistischer Umtriebe
angeklagt. Trotz internationalen Drucks auf die türkische Justiz,
dem Angeklagten ein faires Verfahren zu garantieren, haben Menschenrechtsorganisationen
bereits wiederholt die Verletzung der Verteidigerrechte im Fall Öcalan
kritisiert.