Todesstrafe für Öcalan beantragt
Die Hinrichtung ihres Führers käme einem Selbstmord des türkischen Staates gleich, droht die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK.
ANKARA (reuters). Am sechsten Verhandlungstag im Hochverratsprozeß
gegen PKK-Chef Abdullah Öcalan auf der türkischen Gefängnisinsel
Imrali hat die Staatsanwaltschaft - erwartungsgemäß - die Todesstrafe
beantragt. Die PKK hat im Falle einer Hinrichtung Öcalans mit neuen
Anschlägen gedroht. Eine derartige Entscheidung würde den Selbstmord
für die Türkei bedeuten, erklärte der Militärrat der
PKK. Das kurdische Volk werde dann von seinem legitimen Recht Gebrauch
machen, seine nationale Ehre zu verteidigen, hieß es in dem Anfang
der Woche veröffentlichten Papier. Staatsanwalt Cevdet Volkan stützte
sich mit seinem Strafantrag am Dienstagvormittag auf Artikel 125 des türkischen
Strafgesetzbuches, der für Versuche zur Teilung des türkischen
Staatsgebietes und zur Errichtung eines anderen Staates auf türkischem
Boden zwingend die Todesstrafe vorschreibt. Auf Antrag der Verteidigung
wurde das Verfahren nach dem Plädoyer Volkans bis 23. Juni unterbrochen,
um den Verteidigern ausreichend Zeit zur Vorbereitung ihres eigenen Schlußvortrages
zu geben. Unterdessen wurde in der türkischen Presse spekuliert, daß
das erwartete Todesurteil gegen Öcalan "wegen guter Führung"
vom Gericht ausgesetzt und in lebenslange Haft umgewandelt werden könnte.
Mit dem Urteil wird noch im Juni gerechnet. Der 50jährige, der am
15. Februar vom Geheimdienst in Kenia gefangengenommen und in die Türkei
verschleppt worden war, hatte in den bisherigen Prozeßtagen die Verantwortung
für die Gewalttaten der von ihm gegründeten und geführten
Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) übernommen und zu Auslandsverbindungen
der marxistischen Organisation ausgesagt.