Staatsanwaltschaft beantragt Todesstrafe für Öcalan
Istanbul (dpa) - Am sechsten Tag des Hochverratsprozesses gegen den Chef der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe für Abdullah Öcalan beantragt.
Der Kurdenführer soll nach Meinung der Anklagevertreter wegen Angriffs auf die Einheit des Staates nach Paragraph 125 des türkischen Strafgesetzbuches zum Tode verurteilt werden. Das berichteten am Dienstag der private Fernsehsender "NTV" und die Nachrichtenagentur Anadolu.
Das Gericht ordnete eine 15tägige Unterbrechung des Verfahrens an, um den Verteidigern des Separatistenführers die Vorbereitung auf ihre Plädoyers zu ermöglichen. Die Anwälte wollten ursprünglich eine einmonatige Prozeßpause. Unterdessen warnte die PKK-Führung vor einer Todesstrafe für Öcalan. Das wäre der "Selbstmord des türkischen Staates", berichtete die kurdische Nachrichtenagentur DEM (Köln) unter Berufung auf den militärischen Arm der PKK. Dann wäre jede Art des Kampfes legitim, um die Ehre und den Stolz des kurdischen Volkes zu schützen, hieß es.
In ihrem eineinhalbstündigen Plädoyer zitierte die Anklage aus Öcalans Aussagen vor Gericht: "Es ist wahr, daß ich die Arbeiterpartei Kurdistans gegründet habe. Es ist auch wahr, daß ich der Chef dieser Organisation war, und unter meiner Führung haben wir einen bewaffneten Kampf in der Türkei begonnen", sagte Öcalan in der vergangenen Woche vor Gericht auf der Gefängnis-Insel Imrali.
Für diesen Angriff auf die Einheit des Staates müsse Öcalan zum Tode verurteilt werden, sagte die Staatsanwaltschaft. In der Türkei ist seit 1984 niemand mehr hingerichtet worden. Parlament und Staatspräsident müßten einer Hinrichtung ausdrücklich zustimmen. Die Staatsanwälte wiesen zudem darauf hin, daß der Kurdenführer seine Verbindungen zur PKK noch immer nicht abgebrochen habe.
Gleich zu Beginn des Prozesses am 31. Mai hatte öcalan die Hinterbliebenen der Opfer des blutigen Krieges um Entschuldigung gebeten. Außerdem sprach sich der Separatistenführer für eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts aus. Bei Kämpfen zwischen der PKK und dem türkischen Militär sind in den vergangenen 15 Jahren rund 30 000 Menschen getötet worden.
Öcalan ist seit seiner spektakulären Festnahme in der kenianischen
Hauptstadt Nairobi im Februar dieses Jahres auf der Insel Imrali im Marmarameer
inhaftiert.