Anklage fordert Todesstrafe für Öcalan
Staatsanwalt bezeichnet Friedensangebote des PKK-Chefs als unaufrichtig - Gericht vertagt sich bis 23. Juni
Imrali Ada (AP) Im Prozeß gegen den kurdischen Rebellenführer Abdullah Öcalan hat die Anklage am Dienstag die Todesstrafe für den Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) gefordert. Chefankläger Cevdet Volkan setzte sich damit über die Warnungen der Anhänger Öcalans aber auch internationale Appelle gegen die Verhängung der Todesstrafe hinweg. In seinem Plädoyer im Gerichtssaal auf der Gefängnisinsel Imrali bezeichnete Volkan die Friedensangebote des Angeklagten als unaufrichtig und beschuldigte ihn, für alle Handlungen der von ihm geführten «Terrororganisation» verantwortlich zu sein.
Das Gericht vertagte sich danach auf den 23. Juni. Dann soll die Verteidigung ihr Plädoyer halten. Die Anwälte Öcalans hatten zuvor eine einmonatige Unterbrechung der Verhandlung gefordert, um ihrem Mandanten genügend Zeit zu geben, die 16.000 Seiten umfassende Beweisaufnahme zu lesen.
In seinem Schlußplädoyer erklärte die Anklagevertretung nach einem Bericht der türkischen Nachrichtenagentur Anatolia, Öcalan müsse wegen seiner Anführerschaft im 15 Jahre währenden Kampf der PKK zum Tod durch den Strang verurteilt werden. Öcalan habe sich selbst zu allen Aktionen seiner «Terrororganisation» bekannt, die mehr Todesopfer gefordert hätten als in der Anklageschrift erwähnt. «Mit dem Ziel, einen unabhängigen Staat auf türkischem Gebiet zu errichten, bildete und führte (Öcalan) eine bewaffnete Bande, die Tausende terroristischer Angriffe ausübte, in denen Zehntausende von Menschen getötet und ebensoviele zu Krüppeln gemacht wurden», hieß es in Volkans Ausführungen.
Am Montag abend hatte die PKK erklärt, es wäre «Selbstmord
für den türkischen Staat», wenn ihr Führer hingerichtet
werde. «Alle Formen des Kampfes zur Verteidigung der nationalen Ehre,
des Stolzes und der Ziele des kurdischen Volkes wären dann legitim»,
hieß es in der Erklärung der Separatisten. Während des
Prozesses hatte Öcalan mehrmals erklärt, daß er für
den Frieden zwischen Kurden und Türken kämpfen werde, wenn das
Gericht sein Leben schone. Diese Auslassungen des Angeklagten bezeichnete
Volkan als unaufrichtig und nicht ernst gemeint.