Redebeitrag der Kurdistan-Solidarität bei der verbotenen Demonstration
am 27.2.99 in Göttingen
Die Lage in der Türkei eskaliert. In allen größeren Städten finden täglich Demonstrationen und militante Proteste von Kurdinnen und Kurden statt, beantwortet von faschistischem Staatsterror. In den letzten Tagen verloren rund ein Dutzend Menschen in kurdischen Städte ihr Leben. Demonstrationen, in denen die türkische Regierung wahllos in die Menge schießen läßt, sind ebenso an der Tagesordnung wie das Verschwindenlassen. Zeitungen werden verboten, , Journalisten festgenommen. Die gesamte Führung der prokurdischen Partei HADEP ist kurz vor den bevorstehenden Wahlen ins Gefängnis geworfen worden. Das türkische Militär hat eine erneute Offensive gegen die Bevölkerung im Nordirak gestartet. All das ist in Europa kein Thema. Denn seit der Entführung Abdullah Öcalans in die Türkei haben deutsche Politiker und deutsche Medien einen neuen Feind im eigenen Lande ausgemacht. Eine "Mörderbande", eine "Terrorgruppe", eine "politische Mafia", die die deutschen Strassen zu einem hochgefährlichen Pflaster werden lasse. Ein Haufen von "Erpressern", "Attentätern" und "Kidnappern", die in einem ansonsten unbescholtenen Land aus reiner Freude an der Kriminalität einen Krieg anzettelten. Warum sehen sich die Hersteller der öffentlichen Meinung genötigt, Lügen und Verdrehungen über die PKK zu verbreiten, die an Volksverhetzung grenzen? Warum zittert die Stadt Göttingen vor simplen Solidaritätsbekundungen und ruft mit an den Haaren herbeigezogenen Gründen den Polizeistaat auf den Plan? Warum will die europäische Politik die Proteste der letzten Wochen nicht anders wahrnehmen als ein Sicherheitsproblem, dem mit aller Härte begegnet werden soll? Das alles hat seine Gründe. Denn die PKK stellt tatsächlich eine Gefahr dar. Nicht jedoch allein durch ihre Militanz. Denn die PKK ist eben nicht nur Guerilla und Gewalt für sie kein Selbstzweck. Ihr „Terrorismus“ besteht darin, die herrschende Ordnung der Welt in Frage zu stellen. Die PKK ist eine Bewegung, die den bewaffneten Kampf gegen ein faschistisches System aufgenommen hat, eine Bewegung, deren erklärtes Ziel nicht nur die Befreiung eines unterdrückten Volkes, sondern auch die Befreiung einer Gesellschaft und insbesondere der Frauen in ihr ist; eine Bewegung schließlich, die gegenüber den menschenverachtenden kapitalistischen Systemen den Sozialismus vertritt. DAS ist die Gefahr, die von der PKK ausgeht. Deshalb sind sich die EU-Mächte mit dem türkischen Staat darin einig, daß das „Kurdenproblem“ ein „Terrorismusproblem“ sei. Deshalb muß der kurdische Widerstand auch hier unterdrückt werden, deshalb muß die PKK auf eine Art und Weise verleumdet werden, die es auch und grade den deutschen Linken schwermacht, sich ein realistisches Bild des Befreiungskampfes zu machen und sich zu solidarisieren. „Gestern Vietnam, heute Kurdistan“ ist eine Parole, die in den letzten Tagen oft zu hören war. Diese Erinnerung macht den Herrschenden Angst. Vor 30 Jahren war es ein imperialistischer Krieg, der weltweit Millionen dazu brachte, die internationalen Herrschaftsverhältnisse wahrzunehmen und in den Metropolen selbst dagegen zu kämpfen. Heute ist uns die imperialistische Unterdrückung und der Kampf der Kurdinnen und Kurden näher denn je, und umso notwendiger ist es für die Herrschenden , jede Solidarisierung der deutschen Öffentlichkeit schon im Keim zu ersticken. Und umso notwendiger ist es für uns, uns nicht von martialischen Bullenaufgeboten einschüchtern zu lassen, den Lügen der Presse keinen Glauben zu schenken und uns mit dem Kampf der PKK zu solidarisieren. Sich zu solidarisieren, wie auch die InternationalistInnen Jörg Ulrich, Eva Juhnke und Andrea Wolf getan haben. Jörg sitzt in einem Knast der KDP in Südkurdistan, Eva in türkischer Kriegsgefangenschaft in Batman. Andrea wurde im letzten Jahr in von der türkischen Armee gefangengenommen und ermordet. Auch ihnen gelten heute unsere Gedanken. Kampf dem Faschismus heißt Kampf dem imperialistischen System!
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