Köln, 08. 12. 1999
Kein Ende der Kurdenverfolgung
Heute wurde vor dem Landgericht in Leipzig der Prozess gegen sieben
Kurden eröffnet, die sich an den Protestaktionen in Leipzig im Februar
anlässlich der Verschleppung des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan
in die Türkei beteiligt haben. Damals wurden über 70 KurdInnen
verhaftet und mehrere Monate inhaftiert. Bis auf die heutigen Angeklagten
sind inzwischen alle verurteilt und aus der Haft entlassen. Ihnen wird
u.a. Geiselnahme, schwerer Land- und Hausfriedensbruch vorgeworfen. Aufgrund
von erpressten Aussagen eines Kurden, der sich inzwischen nicht mehr in
der Bundesrepublik aufhält, stehen heute die sieben Beschuldigten
vor dem Landgericht. In einer schriftlichen Erklärung hat dieser die
von ihm gemachten Aussagen widerrufen und Beamte des Landeskriminalamtes
beschuldigt, ihn bedroht und unter Druck gesetzt zu haben. Es bleibt abzuwarten,
inwieweit diese Widerrufserklärung Einfluss auf den Verlauf des Prozesses
hat. Der Fall zeigt aber auch, mit welchen Methoden nicht nur Polizeikräfte
in der Türkei Druck auf Beschuldigte ausüben; deutsche Behörden
haben ebenso wenig Skrupel, Betroffene nachdrücklich zu Aussagen und
Geständnissen zu zwingen.
Wir sind der Auffassung, dass die Prozesse eingestellt und die letzten
Gefangenen freigelassen werden müssen.
Gestern wurde erneut eine mutmaßliche PKK-Funktionärin in
Duisburg von Beamten des Bundeskriminalamtes festgenommen und inhaftiert.
Nach wie vor jagt die Bundesanwaltschaft kurdische PolitikerInnen und beschuldigt
sie der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Dies tut sie ungeachtet
der Tatsache, dass die PKK den bewaffneten Kampf für beendet erklärt
hat und ihr Vorsitzender eine umfassende Friedensinitiative für einen
türkisch-kurdischen Dialog eingeleitet hat.
Wie jedes Jahr zur gleichen Zeit, wurden auch in diesem November wieder
Dutzende Wohnungen vermeintlicher PKK-AktivistInnen durchsucht. Die diesjährige
Razzia umfasste über 90 Objekte. Als triumphalen Erfolg der Aktionen
in verschiedenen Bundesländern wertete die Polizei eine beschlagnahmte
Summe von 21.ooo Mark Spenden.
Wir fordern die Bundesregierung auf, die Jagd auf Kurdinnen und Kurden
zu beenden und nicht weiterhin die intensiven Bemühungen der kurdischen
Seite für eine friedliche Lösung der sog. Kurden-Frage zu ignorieren
und zu blockieren. Sie muss sich aus dem Schatten ihrer Vorgängerin
lösen und eine eigene, auf friedliche Zukunftsperspektiven gerichtete
Politik, betreiben.
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