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Berlin, 20.01.2000


Pressemitteilung:

Statt politisch tendenziöser Meinungsmache:
Das Gebot der Unschuldsvermutung muß auch für Kurden gelten

Voraussichtlich im März wird in Hamburg ein Prozeß beginnen, in dem acht Männer wegen "Spendengeldsammlung für eine verbotene Organisation", die PKK, (Verstoß gegen §20 des Vereinsgesetzes) sowie in einigen Fällen wegen angeblicher "Spendengelderpessung" angeklagt sind.
Der sogenannte "PKK-Spendengeldprozeß" beschäftigt schon jetzt die Medien. Unter anderem die lokale Tageszeitung HAMBURGER MORGENPOST (MOPO) sowie das Wochenmagazin DER SPIEGEL. In den Artikeln "Hamburgs brutalster Erpresser" (MOPO vom 17.1.2000) von Thomas Hirschbiegel und "Messer im Mund" (SPIEGEL, Ausgabe 3/2000) von Andreas Ulrich wird ein Zusammenhang zwischen der PKK und dem organisierten Verbrechen, Gewalt und Drogenhandel konstruiert. Einer der Angeklagten, Sadik B., wird dabei zu einem brutalen Despoten stilisiert, der seine Landsleute mit roher Gewalt terrorisieren würde.
In den o.g. Artikeln werden Herrn B. ohne jede Beweisgrundlage Taten unterstellt. Zwar wird er in 60 Punkten angeklagt, jedoch in den meisten Fällen nicht wie behauptet wegen "Spendengelderpressung" sondern "Spendengeldsammlung". Ohne das seit 1993 in Deutschland geltende Verbot der PKK wären der größte Teil der 60 Anklagepunkte hinfällig. In drei Fällen wird Herr B. wegen angeblicher Erpressung beschuldigt, was von ihm jedoch bestritten wird. Sowohl für die MOPO als auch für den SPIEGEL steht das Ergebnis des Prozesses jedoch jetzt schon fest: Sadik B. ist ein Erpresser. Damit greifen sie nicht nur den Ereignissen vor, sondern handeln auch gegen das bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung geltende juristische Gebot der Unschuldsvermutung. Und zumindest diese muß auch für Sadik B. gelten.
Schon 1998 stand Sadik B. wegen derselben Vorwürfe vor Gericht. Auch dieses Verfahren wurde von einer Medienkampagne gegen ihn begleitet. Das Gericht entschied: Freispruch nach sechsmonatiger Untersuchungshaft, weil der Belastungszeuge vom Gericht als völlig unglaubwürdig erachtet wurde. Vom Gericht bekam er 3.000,- DM Haftentschädigung. Von den Medien aber keine Richtigstellung, keine Entschuldigung.

Um das PKK-Verbot in der BRD zu legitimieren, werden immer wieder die gleichen Klischees bemüht: Die PKK erpresse ihre Landsleute und finanziere sich durch Drogenhandel. In den Medien wird die PKK zu einer Bande von Banditen und Mördern stilisiert. Auch wenn die Behauptungen immer wieder wie Kartenhäuser in sich zusammenfallen, werden sie meist nicht wieder dementiert: Das so gezeichnete Bild bleibt im Bewußtsein der Bevölkerung hängen und dient ebenfalls der Vorverurteilung der betroffenen Angeklagten und der Diskreditierung eines völlig legitimen Befreiungskampfes.
Laut UNO-Definition hat ein Volk, gegen das durch den Kolonialherren Gewalt ausgeübt wird, das Recht, sich zur Wehr zu setzen. Dieses Recht gilt auch für das kurdische Volk und den kurdischen Befreiungskampf. Es ist also legitim, die PKK zu unterstützen, auch mit Spenden. Unrecht ist vielmehr, die türkische Regierung mit finanziellen Mitteln und Waffen zu unterstützen, damit diese den nunmehr 15jährigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung fortführen kann. Darunter fallen Wirtschaftshilfe sowie die Lieferung von Rüstungsgütern. Angeklagt werden müßten also die verantwortlichen PolitikerInnen und die Waffenlieferanten.

Wir protestieren gegen die Hetzkampagne dieser Medien gegen die PKK und gegen die öffentliche Vorverurteilung von Sadik B. Wir fordern von den JournalistInnen diese einseitige Meinungsmache einzustellen und auch der kurdischen Stimme Gehör zu verschaffen.

Von der Bundesregierung fordern wir die Aufhebung des PKK-Verbots, den sofortigen Stop aller Waffenlieferungen in die Türkei und keine Abschiebungen in den Folterstaat Türkei!