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19.01.2000

51. Tag der Hungerstreiks (Todesfastens) in deutschen Gefängnissen

Dringender Aufruf für die sofortige Aufhebung der Isolations-Haft gegen Ilhan Yelkuvan und zur Verhinderung seines Todes; Todesfasten erreicht heute den 51. Tag.

Erste gesundheitliche Schäden bei den Todesfastenden ersichtlich!!!

Der am 30.11.99 durch das OLG Hamburg (wegen angeblichen Mordes an Erol K., einem Anhänger der Grauen Wölfe )zu lebenslanger Freiheitssrafe verurteilte türkische linke Ilhan Yelkuvan befindet sich als Protest gegen die seit nun mehr als einem Jahr andauernde Isolationshaft seit 51 Tagen in unbefristetem Hungerstreik. Seit dem 45. Tag des Hungerstreiks (seit 13.01.00) befindet er sich im Todesfasten.

(Anm.: Begriff des Todesfastens kommt daher, daß bei einem Hungerstreik mit Einnahme nur von Wasser und Zucker der durchschnittliche Körper 45 Tage lang überleben kann. Der 45. Tag ist die Kritische Grenze, ab der jederzeit der Tod eintreten kann.)

Die Isolationshaft von Ilhan Yelkuvan sieht nach Angaben seines Rechtsanwaltes folgendermaßen aus:

- Er befindet sich in einer Zelle, die einschließlich des winzigen Fensters vollkommen weiß gestrichen ist.

- Seine Zelle wird regelmäßig durchsucht und persönliche Gegenstände beschlagnahmt und/oder zerstört.

- Sportliche Betätigung ist verboten.

- Hofgang wird ihm nur alleine, wenn keiner sonst da ist und um 4:00 bis 5:00 Uhr Morgens (!!!) gewährt.

- Politische Zeitschriften und Zeitungen werden ihm nicht ausgehändigt.

- Das Besuchsrecht ist drastisch eingeschränkt.

Die Beschwerde, die sein Rechtsanwalt gegen die Isolationshaft beim OLG einlegte, wurde mit der Begründung abgelehnt, daß ohne Isolationshaft die Möglichkeit bestehe, daß Yelkuvan mit anderen Gefangenen in Kontakt treten könnte und diese für die DHKP/C, einer linken Organisation gewinnen könnte. Außerdem hätte er bei seiner Schlußrede am Tag der Urteilsverkündung gezeigt, daß er keine Reue zeige und die Ziele der DHKP/C weiterhin befürworte. Aus diesem Grunde wird jeglicher Kontakt zur Außenwelt so weit, wie es nur geht, abgeschnitten. Während andere Gefangene von verschiedenem Anstaltspersonal ihr Essen bekamen, bekommt Yelkuvan immer nur ein Gesicht zu sehen. Die Gedanken und Einstellungen, die Yelkuvan auch im Gefängnis hat, werden als Begründung für seine Haftbedingungen genutzt. Jegliche Rechtsstaatliche Prinzipien, wie Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind damit in diesem Verfahren in Frage gestellt.

Der Verteidiger von Ilhan Yelkuvan, Eberhardt Schulz hat am 17.01.2000 gegen die Entscheidung des OLG Hamburg, das die Aufhebung der Isolationshaft eblehnte, Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht. Schulz: "Durch das Haftstatut, insbesondere die Trennung von allen Mitgefangenen wird der Mandant in seinen Grundrechten verletzt, wie dem Grundrecht auf Freiheit der Person, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Willkürverbot und dem der Unschuldsvermutung des Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Außerdem stellt sich die langdauernde strenge Einzelhaft als Behandlung im Sinne von Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Folterverbot) dar."

Zur Zeit breitet sich der Solidaritätshungerstreik zur Aufhebung der Isolationshaft gegen Ilhan Yelkuvan immer weiter aus. In Deutschland befinden sich zur Zeit 14 Gefangene in verschienen Gefängnissen im Solidaritätshungerstreik. 3 Dieser Gefangenen befinden sich im unbefristeten Hungerstreik und werden ab dem 45. Tag ihres Hungerstreiks in das Todesfasten übergehen, falls sich keine Lösung zeigt. In über 10 Städten in den Metropolen Deutschlands, in London und Paris haben verschiedene Menschen draußen Zelte aufgeschlagen und führen einen 3-tägigen Solidaritätshungerstreik durch. 1300 politische Gefangene aus den verschiedensten Gefängnissen in der Türkei haben vom 11-13. Januar 2000 einen Warn-Hungerstreik gegenüber der deutschen Regierung zur Aufhebung der Isolationshaft gegen Ilhan Yelkuvan durchgeführt. Sollte sich keine Lösung ergeben, haben sie angekündigt, in einen unbefristeten Hungerstreik zu treten.

Mehrere Parteiabgeordnete und Menschenrechtsorganisationen haben sich inzwischen an das Justizministerium und das Inneministerium gewandt und die Aufhebung der Isolationshaft gegen Ilhan Yelkuvan gefordert. Sie machen darauf aufmerksam, daß bereits der UN-Menschenrechtsausschuß 1986 erklärte, daß die Isolations-Haft den Begriff des international festgelegten Begriffs der Folter erfülle.

Die letzten Entwicklungen:

- Ilhan Yelkuvan hat bereits 15 Kilo an Gewicht verloren.

- Ihsan Ersoy aus der JVA in Berlin muß ärztlich behandelt werden. In seiner Lunge haben sich bereits Schäden gezeigt. Er lehnt jedoch jegliche Behandlung ab.

- Erdogan Cakir hat am 17. 01.00 seinen Hungerstreik am 41. Tag beendet. Auch er hatte schwerwiegende gesundheitliche Probleme. Seine Ehefrau durfte ihn am 17.01.00 besuchen. Sie war sehr besorgt um seinen gesundheitlichen Zustand.

- Am 22.01.00 findet in Hamburg eine Demonstration zur Aufhebung der Isolationshaft gegen Ilhan Yelkuvan statt.

Wir protestieren ebenfalls gegen die Isolationshaft von Ilhan Yelkuvan. Wir fordern jede/n, der sich Mensch nennt dazu auf, diese Maßnahmen zu hinterfragen und sich gegen diese unmenschliche, im wahrsten Sinne des Wortes tödliche Isolationshaft gegen Ilhan Yelkuvan einzusetzen.

Wir bitten, diesen Aufruf weiterzuveröffentlichen, Prtotestfaxe an das OLG Hamburg, den Innenminister und den Justizminister der deutschen Regierung zu schicken.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Rechtsanwalt Murat Demir

Protestfaxe an:

3. Strafsenat des OLG Hamburg z.Hd. vorsitzenden Richter Albrecht Mentz Sievekingplatz 2 20355 Hamburg

Bundeskanzleramt: Schloßplatz 1 10178 Berlin Tel.: 030/4000-0 Fax: 030/4000-1818, 1819 oder

Tel: 01888/400-0 Fax: 01888/400-2357

Bundesministerium für Justiz z.Hd. Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin Jerusalemer Str. 24-28 10117 Berlin

Tel: 030/2025-70 Fax: 030/2025-9525 oder

Tel: 01888/582-0 Fax: 01888/582-4525

Bundesministerium des Inneren z.Hd. Otto Schily Alt-Moabit 101 D 10559 Berlin

Tel: 01888/681-0 Fax: 01888/681-2926