Internationaler Verein
für Frieden und Gerechtigkeit

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Presseerklärung

Wir fordern die Freilassung der festgenommenen kurdischen Bürgermeister

Am 19. Februar 2000 wurden 3 der bei den letzten Kommunalwahlen im April 1999 mit bis zu 65 % der Wählerstimmen gewählten Bürgermeister, nämlich die der kurdischen Metropole Diyarbakir, OB Feridun Celik, und der kurdischen Städte Siirt, Mehmet Selim Özalp, und Bingöl, Feyzullah Karaaslan, festgenommen, welche alle der Demokratiepartei des Volkes HADEP angehören.

In einer Erklärung des Gouverneurs für das Ausnahmezustandsgebiet wird behauptet, dass "festgestellt wurde, dass die Organisation (gemeint ist die PKK) mit einigen Bürgermeistern der HADEP und mit den Kommunen koordiniert zusammenarbeitet. Wir haben Informationen darüber erhalten, dass der Oberbürgermeister von Diyarbakir und der Bürgermeister von Siirt mit der Organisation koordiniert zusammenarbeiten, an den Treffen und Versammlungen der PKK im In- und Ausland teilnehmen und Aufgaben erhalten sowie einen Teil der materiellen Mittel (Ressourcen) an die Organisation weiterleiten." (Hürriyet, 20.2.00)

Unter diesen Vorwürfen wurden die beiden Bürgermeister festgenommen, und als dritter Feyzullah Karaaslan, der am gleichen Tag aus Deutschland kommend in Istanbul eintraf. Alle drei hatten mit weiteren Bürgermeistern an der "Europäischen Konferenz Zukunftsbeständiger Städte und Gemeinden - Hannover Conference 2000" vom 9.-12.2.2000 in Deutschland teilgenommen.

In einer Presseerklärung der HADEP-Parteizentrale zu den zentral gesteuerten Blitzaktionen der Staatsgewalt heißt es: "Wir betonen noch einmal ausdrücklich, dass die auf der Straße vor den Augen der Passanten durchgeführten Festnahmen der bei der letzten Wahl mit einer überwältigenden Mehrheit gewählten und die Bevölkerung in den Kommunen vertretenen Bürgermeister und die Umzingelung und beispiellosen Durchsuchungen der Wohnungen und insbesondere der Rathäuser nicht der in der Türkei dringend benötigten Toleranz und Demokratie dienen und nicht zu einem modernen Rechtssystem passen ...

Die festgenommenen Bürgermeister üben eine öffentliche Aufgabe aus, vertreten die Bevölkerung und sind Würden- und Amtsträger. Würde man gegen sie irgend einen Vorwurf erheben und sie einbestellen, würden sie diesem Aufruf der zuständigen Behörden und insbesondere der Justiz Folge leisten wollen. Da diese rechtmäßige und gesetzliche Methode bewusst nicht angewandt wurde, bedeutet dies, dass man dem Willen des Volkes drohen und ihn unterdrücken will.
Die Erklärung des Gouverneurs des Ausnahmezustandsgebietes entspricht nicht den Tatsachen und Wahrheiten. Mit nicht den Tatsachen entsprechenden Behauptungen und Erklärungen der Kronzeugen (Itirafci = die vom Reuegesetz Gebrauch machenden Häftlinge) und unter Repressalien erzwungenen Geständnissen werden unsere Bürgermeister beschuldigt. Das sind politische, böse, absichtliche, unrechtmäßige Behauptungen, mit der man unsere Partei und Kommunen zu diffamieren und zu beschuldigen versucht. (...) Die Beschuldigungen des Herrn Ministerpräsidenten, die seit langer Zeit gegen unsere Partei gerichtet sind, werden unrechtmäßig und ohne irgend eine Beweislage fortgeführt."
Zum Schluss fordert der Parteivorstand der HADEP die Freilassung der festgenommenen Bürgermeister und die Einstellung der gegen die HADEP und die örtlichen Kommunen durchgeführten Maßnahmen.

Wir rufen die politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik und in der EU dazu auf, sich für die Freilassung der festgenommenen Bürgermeister und für eine Kurskorrektur in der türkischen Politik im Sinne einer politischen Lösung der Kurdenfrage und eines Friedensprozesses einzusetzen.

Wir erwarten, dass die seit der Verleihung des EU-Kandidatenstatus auf dem EU-Gipfel in Helsinki im letzten Dezember drastisch gestiegenen Repressalien gegen die HADEP und fast alle in den kurdischen Gebieten tätigen Menschenrechtsorganisationen und NGOs eingestellt werden.