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Berlin, 27. Februar 2000

 

Mit den Verhaftungen der HADEP-Bürgermeistern droht die Situation in der Türkei und in den kurdischen Gebieten erneut zu eskalieren. Der Präsidialrat der PKK hat in einer schriftlichen Erklärung das Vorgehen des türkischen Staates gegen die Bürgermeister bewertet und auf mögliche Gefahren hingewiesen. Im folgenden dokumentieren wir die vollständige Erklärung.

Seit dem 20. Februar ist die kurdische demokratische Bewegung Angriffen ausgesetzt, die bis in die Zukunft tiefgreifende Folgen haben können. An diesem Tag sind die mit großer Stimmenmehrheit gewählten Bürgermeister Feridun Celik aus Diyarbakir, M.Selim Özalp aus Siirt und Feyzllah Karaaslan aus Bingöl zuerst in Untersuchungshaft genommen und tagelang verhört worden bis ihre Verhaftung offiziell beschlossen wurde. Desweiteren wurden der frühere HADEP Vorsitzende Murat Bozlak und der jetzige Vorsitzende Ahmet Demir Turan mit anderen 18 HADEP Mitgliedern in einem Prozess zu 3 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt und mit einem Politikverbot belegt. Es ist eindeutig, dass mit den Verhaftungen und der andauernden Repressionen eine legale demokratische Bewegung der Kurden unterdrückt werden soll. Dieser Angriff wird mit der Behauptung begründet, die HADEP unterstütze und helfe der PKK, die sich anstelle des Krieges für den Frieden entschieden hat. Die kurdische demokratische Bewegung soll vernichtet werden. Dieser Anschlag hat die Qualität eines verdeckten Putsches.
Es sind die Banden, die mit Unterstützung der klassischen Staatsstruktur für jede Art von kriminellen Machenschaften verantwortlich sind, die bei einer Demokratisierung gefährdet wären. Auf ihr Konto gehen Tausende Morde unbekannter Täter und der Drogenhandel, den sie in der Türkei in einen wirtschaftlichen Sektor verwandelt haben. Durch ihren Angriff versuchen sie die Phase des Friedens und der demokratischen Wandlung vom 1.September 1999 zu beenden.
Es wurde gerade begonnen die illegale Aktivitäten der Hizbullah und die in Batman gebildeten Sondereinheiten in den Mittelpunkt der Aufklärung zu stellen und die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Genau zu diesem Zeitpunkt warf die ehemalige Ministerpräsidentin Tansu Ciller die Behauptung auf, dass im Frühling im Südosten der Türkei ein großer Aufstand losbrechen werde, so wurden diese Angriffe veranlaßt. Trotz der Proteste im In- und Ausland kam es zu diesem Vorgehen gegen die kurdische demokratische Bewegung.
Der 7. Außerordentliche Kongreß hatte eine Linie der demokratischen Wende und der freiwilligen Einheit entwickelt und ein entsprechendes Friedenspaket beschlossen, welches den politischen Parteien und Organisationen unterbreitet wurde. Als Antwort darauf kam es zu diesen reaktionären und faschistischen Angriffen. Als erstes wird die Vernichtung der kurdischen demokratischen Bewegung beabsichtigt. Sollte der demokratische Widerstand gebrochen werden, wird es nicht lange dauern, bis auch die anderen demokratischen Kräfte der Türkei angegriffen werden. Dann werden die Putschisten im Staat und in der Regierung, die eine nicht zu unterschätzende Unterstützung genießen, diese Angriffe eskalieren und auch gegen die liberalen Kräfte des Systems vorgehen. Somit würden die Bewegung für eine demokratische Republik beseitigt und die Republik destabilisiert werden, damit eine faschistische Diktatur errichtet werden kann.
Die heutige Situation ähnelt dem versteckten Putsch vom März 1994, bei dem die DEP- Abgeordneten, unter ihnen auch Leyla Zana, verhaftet wurden und andere ins Exil flüchten mußten. Mit diesem Angriff gewannen die Bandenstrukturen im Staat an Macht. Die Folgen waren der Tod Tausender kurdischer Menschen, die Zerstörung unzähliger Dörfer und die Vertreibung mehrerer Millionen Menschen aus ihrer Heimat. Diese Unterdrückung hat das Leben eines ganzen Volkes, unerträglich gemacht. Als Resultat daraus entstand die demokratische Bewegung. Ähnlich wie damals sollen Frieden und Demokratie sabotiert und die alten Zustände wieder hergestellt werden. Deshalb ist es dringend notwendig, Frieden und Demokratie zu sichern und eine Entwicklung zu stoppen, die die Türkei in den Zerfall führt. Für alle Kräfte, die in einem demokratischen Fortschritt ihre Zukunft sehen, ist es lebensnotwendig sich intensiv an dieser Auseinandersetzung zu beteiligen. Darum müssen sich alle demokratischen Kräfte sofort in Bewegung setzen, um einen möglichen Erfolg der reaktionär-faschistischen Kräfte zu verhindern. Falls dies nicht passiert und die Diskussionen über Frieden und Demokratie abgebrochen werden, wird dies zu einem Krieg der Völker gegeneinander führen. Deshalb muss man sich gegenüber den Kräften, die die Entwicklung für einen friedlichen und demokratischen Wandel zerstören wollen, eindeutig verhalten, um ihnen keine Chance zum Erfolg zu geben.
Das kurdische Volk ist gefährlichen Angriffen ausgesetzt und man muss deren Ausmaße verstehen. Ein Jahr nach dem internationalen Komplott haben die faschistischen Banden das Komplott auf die HADEP ausgeweitet als Stellvertreter für das kurdische Volk. Die Errungenschaften des kurdischen Volkes soll zerstört werden, um die Politik der Vernichtung und Verleugnung an dem alten Punkt fortzusetzen. Es gibt einen Plan, die Zukunft unseres Volkes zu vernichten und alle demokratischen Kräfte anzugreifen. In Anbetracht dieser Situation muss unser Volk mit den demokratischen Kräften der Türkei geschlossen den Kampf für Frieden und Demokratie weiterentwickeln. Wir fordern unser Volk auf für einen solchen Kampf seine Einheit zu stärken, den Kampf mit Entschiedenheit zu organisieren und zu entwickeln.
Das türkische Volk und alle demokratischen Kräfte müssen erkennen, dass der Zerfall der Türkei beabsichtigt ist. Die Angriffe auf die HADEP zielen nicht nur auf das kurdische Volk, sondern auf das gesamte türkische Volk und beinhaltet zu erst die Vernichtung aller demokratischen Kräfte. Momentan ist es die wichtigste Aufgabe die Angriffe zu verhindern und die Demokratisierung der Türkei weiter voranzutreiben. Deshalb rufen wir alle dazu auf, sich ohne Zögern zu vereinen und den Kampf für Demokratie und Frieden zu verstärken.

Die Türkei ist in einem Zeitalter der Demokratie und der Freiheit mit einer reaktionären und faschistischen Gefahr konfrontiert. Sie hat einen Weg eingeschlagen, der im Gegensatz zu den Bemühungen der Internationalen Staatengemeinschaft steht, die Demokratie und Menschenrechte entwickeln will. Sie greift demokratische Kräfte an, indem sie ihrer Verantwortung nicht nachkommt, die sich aus den internationalen Abkommen und Menschenrechtsnormen ergibt. Aus diesem Grunde ist die nationale Existenz des kurdischen Volkes bedroht. Die reaktionär faschistischen Kräfte ignorieren die Mahnungen der internationalen Staatengemeinschaft und setzen ihre Repressionspolitik fort, wärend sie die Toleranz ausnutzen, die der Türkei für einen demokratischen Wandel entgegengebracht wird. Dieser verdeckte Putsch ist das letzte Beispiel hierfür. Die gemeinsamen Werte der Menschheit wie Demokratie und Menschenrechte müssen unbedingt geschützt werden, damit die nationale Vernichtung des kurdischen Volkes aufgehalten werden kann.

Wir rufen die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, ihren Einfluß auf die Türkei geltend zu machen, um diese Angriffe zu beenden.