Hiermit dokumentieren wir die Übersetzung einer
Erklärung des Präsidialrates der PKK in voller Länge:
An die Öffentlichkeit
In den letzten zwei Jahrhunderten wurde die kurdische Frage
zu einem Problem, das internationale und regionale Kräfte
gegenüberstellte. Immer wenn diese Frage auf der Tagesordnung
stand, entfernten feindliche Kräfte die Interessen des
kurdischen Volkes mit unlauteren Mitteln von ihr. Bei den
politischen Themen wurde nicht nach der Meinung des kurdischen
Volkes gefragt, sie wurde niemals in Betracht gezogen. Dieses
Verhalten gilt auch für die europäischen Länder,
die sich von Anfang an mit dieser Frage beschäftigten.
Die europäischen Staaten setzen sich nicht für eine
Lösung der kurdischen Frage ein, sondern gehören
der Seite an, die sie erschwert; davon haben sie sich bis
heute nicht gelöst.
Es ist bekannt, dass England und Deutschland die kurdische
Frage belastet haben und bis heute ein negatives Verhalten
beibehalten. Am Friedensprojekt der Kurden sehen wir, dass
die Europäer nach einer Lösung für ihre eigenen
Probleme suchen. Diese Voraussetzung ist bis heute die gleiche.
Die PKK hat auf ihrem 7. außerordentlichen Kongress
eine Strategie für Frieden, Demokratie und Freiheit entwickelt
und diese Strategie als konkretes Friedensprojekt an die verantwortlichen
Kräfte weitergeleitet.
Im Friedensprojekt sind die Interessen aller Beteiligten
enthalten. Dieses Projekt ist grundlegend gerade für
die Länder, die Probleme mit KurdInnen haben; es bietet
eine Hilfe zur Lösung an. Aus diesem Grund wurde den
Staaten, die der Europäischen Union angehören, die
Rolle zugeteilt, sich für die Lösung einzusetzen
und dieses Projekt zu unterstützen. Doch die Europäische
Union hat in diesem Zusammenhang nicht die ihr zugeteilte
Rolle gespielt, sondern vielmehr ihr bekanntes Verhalten beibehalten
- sie hat sich entschieden, auf der einen Seite die Türkei
und auf der anderen Seite die PKK und das kurdische Volk unter
Druck zu setzen, was bedeutet, dass sie gegen eine Lösung
ist.
Diese Kräfte haben bereits 1998, als unser Genosse Generalvorsitzender
Abdullah Öcalan nach Europa kam, um eine friedliche Lösung
anzubieten, dieses als negativ bewertet. Eine ähnliche
Haltung zeigen sie auch gegenüber dem Friedensprojekt.
Denn die Bemühungen unseres Genossen, Mitglied des Präsidialrates,
Murat Karayilan, im Namen der Partei die kurdische Frage friedlich
und politisch zu lösen, wurden durch dieselben Kräfte
verhindert. Es gibt keine andere Erklärung für die
Ablehnung des Antrags unseres Genossen Karayilan auf politisches
Asyl.
Dieses negative Verhalten macht sich weiterhin bemerkbar,
indem Deutschland nacheinander unsere Parteimitglieder und
deren SympathisantInnen festnimmt und verhaftet. Es sieht
so aus, dass allen voran Deutschland und die Länder der
Europäischen Union keine positive Antwort auf die Bemühungen
haben, die kurdische Frage friedlich und politisch zu lösen.
An der Person unseres Genossen Murat Karayilan zeigt sich,
dass die Antwort auf unser Friedensprojekt nicht für
eine friedliche und politische Lösung spricht. Ganz im
Gegenteil entspricht dieses ablehnende Verhalten und die negative
Handlungsweise einer Vertiefung der Unlösbarkeit. Das
kurdische Volk soll sich also gegen seine Kolonialherren wehren
und weiterhin Krieg führen. Den Kampf der Völker
im Mittleren Osten gegeneinander beizubehalten, wird wie bereits
in der Vergangenheit auch heute als einziger Ausweg dargestellt.
Statt einer Lösung für Frieden, Demokratie und
Freiheit wird eine Politik unkultivierter widersprüchlicher
Auseinandersetzungen erhofft. In diesem Sinne kann solches
Verhalten gegenüber unserer Partei nicht als akzeptabel
hingenommen werden.
In der Weiterführung des 15jährigen schmutzigen
Krieges bedeutet das Verhalten der europäischen Staaten,
dass sie diesen Krieg weiterhin unterstützen. Die türkische
Regierung stützte sich auf diese Hilfe, um den Krieg
weiterzuführen. Daher näherte sie sich nicht einer
Lösung der kurdischen Frage. Selbst in dieser Periode,
in der das Friedensprojekt den verantwortlichen Stellen bekannt
gemacht worden ist, unterstützen derartige negative Verhaltensweisen
nicht die Demokratisierung der Türkei.
Im Gegenteil ermutigt man damit die Kräfte, die gegen
eine Demokratie in der Türkei sind und keine Lösung
für die kurdische Frage wollen. Diese Situation zeigt
die Unaufrichtigkeit gerade der Länder, die von demokratischen
Lösungen sprechen. Deutschland und die Staaten der Europäischen
Union sollten sich diese Verhaltensweisen vor Augen stellen
und davon Abstand nehmen. Diese Staaten haben kein Recht,
auf einer Politik zu beharren, die die kurdische Frage unlösbar
macht. Unserem Volk sollten keinerlei Vorwände für
eine Unlösbarkeit eingeredet werden. Falls es eine Seite
gibt, die Rechenschaft ablegen muss, dann nicht unser Volk,
sondern diejenigen Kräfte, die seit Jahrhunderten versuchen,
mit ihrer Politik widersprüchlicher Auseinandersetzungen
die kurdische Frage als unlösbar zu verurteilen. Aus
diesem Grund rufen wir allen voran Deutschland und die Länder
der Europäischen Union auf, nicht mehr auf dem Krieg
und der Unlösbarkeit zu beharren, sondern das Friedensprojekt
in die Tat umsetzen, zu unterstützen und ihm Hilfestellung
zu geben.
Das kurdische Volk sollte stärker die Strategie des
Friedens, der Demokratie und der Freiheit - dies ist die konkrete
Bezeichnung des Friedensprojekts - unterstützen. Unser
Volk sollte wissen, dass die Verhaltensweise gegenüber
unserem Genossen Murat Karayilan auch eine Verhaltensweise
gegen das Friedensprojekt ist. Und es sollte solche und ähnliche
negative Verhaltensweisen der Staaten der Europäischen
Union nicht akzeptieren. Es sollte verstärkt auf Frieden,
Demokratie und Freiheit beharren und seinen Kampf verstärkt
für die Umsetzung des Friedensprojekts führen. Deshalb
sollte es demokratische Reaktionen zeigen, indem es vielseitige
Aktionen durchführt, um die Behauptung, der Krieg sei
die einzige Wahl, zu verurteilen. Aus diesem Grund ruft unsere
Partei, die PKK, unser Volk, alle patriotischen Kräfte
und die demokratische europäische Öffentlichkeit
auf, gegen solche Politik Stellung zu beziehen und zu handeln.
1. April 2000
Präsidialrat der PKK