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Berlin 5. April 2000
PRESSEMITTEILUNG
Christa Wolf, Walter Jens, Ralph Giordano u.a. fordern sofortige
Freilassung der hungerstreikenden Frauen.
Seit 47 bzw. 43 Tagen Hungerstreik im Abschiebegefängnis
Berlin-Moabit
Prof. Jens bittet Innensenator Werthebach: "....alles in
Ihren Kräften Stehende zu tun, um die im Abschiebegefängnis
einsitzenden im Hungerstreik befindlichen Frauen vor einer Katastrophe
zu bewahren und, nach verläßlicher und unabhängiger
gesundheitlicher Untersuchung eine Entlassung wegen Haftunfähigkeit
zu verfügen."
Christa Wolf appelliert an den Innensenator: "Es kann einfach
keinen Grund geben, das Leben dieser Frauen zu gefährden. Ich
bitte Sie daher dringlich, sofort ihre Freilassung aus der Abschiebehaft
zu veranlassen."
Ralph Giordano reagierte fassungslos auf das Verhalten der Behörden
und setzt sich ebenfalls für die Hungerstreikenden ein.
Auch das Komitee für Grundrechte und Demokratie, AG Abschiebehaft
der Liga für Menschenrechte, UNITED for Intercultural Action,
ZAPO (Anlaufstelle für osteuropäische Pendlerinnen) und
andere haben sich in persönlichen Briefen an Innensenator Dr.
Werthebach, Bürgermeister Diepgen, Kanzler Schröder und
den verantwortlichen Arzt des Polizeiärztlichen Dienstes, Dr.
Thalemann, für die Freilassung von Soja Schatz, Lyudmyla Orlova,
Dana Wlasenko und Natalja Bazarja ausgesprochen.
Seit nunmehr 47 bzw. 43 Tagen protestieren die Frauen gegen ihre
Haft, die ausschließlich verhängt wurde, weil sie keine
gültigen Aufenthaltspapiere haben.
Die Frauen leiden unter Krämpfen in Armen und Beinen, Magenkrämpfe,
Nierenschmerzen, Sehstörungen und Kreislaufstörungen bis
zur Ohnmacht. Sie können nur noch langsam und gestützt
gehen. Sie haben bis zu 17 kg Körpergewicht verloren. Am 01.04.
brach Soja Schatz unter Krämpfen zusammen und konnte ca. 30
Minuten lang nicht sprechen und nicht aufstehen. Nach Versorgung
durch einen Sanitäter kam sie zurück in die Zelle.
Obwohl die Frauen aufgrund der schweren klinischen Symptomatik
längst haftunfähig sind, sind die verantwortlichen Mediziner
im Abschiebegefängnis immer noch nicht bereit, sie haftunfähig
zu schreiben. Im Gegenteil, sie gelten als "gesund". Die
Frauen sind entschlossen, ihre Gesundheit und ihr Leben zu riskieren,
um nicht abgeschoben zu werden und ihre Freilassung zu erwirken.
Mit diesem Hungerstreik stehen die Frauen nicht alleine, denn solange
es Abschiebegefängnisse gibt, haben viele Gefangene sich gegen
die Haft und die drohende Abschiebung mit Hungerstreiks, Selbstverletzungen
und Selbstmorden gewehrt. Allein in den letzten drei Wochen wurden
erneut zwei Selbstmordversuche in den Berliner Abschiebegefängnissen
bekannt.
Die Durchsetzung von Abschiebehaft um jeden Preis, auch um den
des Lebens der Abschiebegefan-genen, muß unter allen Umständen
gestoppt werden. Seit Jahren dokumentieren wir Menschenrechtsverletzungen
im Zusammenhang mit Abschiebehaft und Abschiebungen.
Wir fordern die sofortige Entlassung der hungerstreikenden Frauen
sowie aller Abschiebegefangenen überhaupt und die Abschaffung
der Abschiebegefängnisse.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Antirassistische
Initiative - Telefon 785 72 81