. Yorckstr.59, D-10965 Berlin
Telefon: 030 - 785 72 81 - Fax: 030 - 786 99 84 -
ari@ipn.de http://www.berlinet.de/ari
Berlin 7.April 2000
Pressemitteilung
AM 48. HUNGERSTREIKTAG: DURSTSTREIK BEGONNEN
Unabhängige ÄrztInnen appellieren an Innensenator
Werthebach
Gestern besuchte Karin Hopfmann, flüchtlingspolitische Sprecherin
der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, zum zweiten Mal
die hungerstreikenden Ukrainerinnen im Abschiebegefängnis Berlin-Moabit.
In ihrer Gegenwart, sowie in Gegenwart einer Sprachmittlerin, erklärte
Soja Schatz, daß sie am Morgen einen Durststreik begonnen
habe. Sie sehe in diesem verzweifelten Schritt die einzige Möglichkeit,
entlassen zu werden.
Durch die Tatsache, daß Soja Schatz heute nun seit 49 Tagen
keine Nahrung zu sich nimmt, wird die zusätzliche Verweigerung
von Wasseraufnahme seit gestern für sie jetzt lebensbedrohlich.
UNABHÄNGIGE ÄRZTEGRUPPE FÜRCHTET UM DAS LEBEN DER
FRAUEN
Bis heute wird den hungerstreikenden Frauen ihr Recht auf eine
unabhängige ärztliche Untersuchung verweigert. Da sich
der Gesundheitszustand der Frauen täglich verschlechtert, haben
heute drei ÄrztInnen die Frauen besucht. Sie mußten dies
als normale BesucherInnen tun, das heißt sie konnten mit den
Frauen nur durch eine Trennschreibe sprechen und den körperlichen
Zustand nach Augenschein beurteilen. Dies ersetzt selbstverständlich
keine medizinische Untersuchung, erlaubt aber die grundsätzlich
gemachten Ausführungen.
Die Ärztin und die Ärzte schreiben dazu an den Innensenator
E. Werthebach: "Sie (die Frauen) leiden unter Herz-, Magen-,
Nieren-, Kopfschmerzen, sowie an Gefühlsstörungen und
Muskelkrämpfen. Bei starker Gewichtsabnahme und Flüssigkeitsmangel
besteht eine Kreislaufschwäche, die sich in wiederholten Kollapszuständen
ausdrückt. Mit einer zunehmenden Verschlechterung ist zu rechnen.
Der uns bekannte Mineralstoffmangel kann zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen
führen. Deshalb ist der Aussage Ihres Sprechers Stefan Paris,
daß 'keine Lebensgefahr bestehe' ausdrücklich zu widersprechen."
DISKREDITIERUNG DER HUNGERSTREIKENDEN
Auch in diesem Falle behauptet die Pressestelle der Innenverwaltung,
die hungerstreikenden Frauen würden heimlich essen. Damit sollen
die Frauen diskreditiert und als unglaubwürdig hingestellt
werden. In den letzten Tagen haben jedoch Beamte öfter ihre
eigenen Essensabfälle in den Mülleimer der Frauen entsorgt,
so daß die nächste Schicht behaupten konnte, die Frauen
hätten gegessen.
Gleiches passierte gestern in Gegenwart der Abgeordneten Karin
Hopfmann und der Sprachmittlerin. Eine Beamtin stand in der offenen
Zellentür, aß eine Tüte Chips und warf die leere
Verpackung anschließend in den Mülleimer der Frauen.
Auch die Behauptung, Nahrungsmittel "könnten" durch
Besucherinnen oder Besucher mitgebracht werden, erweist sich schlicht
als falsch, da Besuche grundsätzlich nur mit Trennscheibe erfolgen
und alle mitgebrachten Gegenstände bei dem Wachpersonal abgegeben
werden müssen.
Wir fordern die sofortige Entlassung der hungerstreikenden Frauen
sowie aller Abschiebegefangenen überhaupt und die Abschaffung
der Abschiebegefängnisse.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Antirassistische
Initiative - Telefon 785 72 81