YEK-KOM, Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.

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ZUM 1. Mai 2000

Vieles hat sich gewandelt, seit im Jahr 1889 in den USA nach blutig niedergeschlagenen Streiks der 1. Mai von der Arbeiterschaft zum »Internationalen Kampf- und Solidaritätstag der Werktätigen<< erklärt wurde. Soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Unfreiheit und Waffengewalt sind jedoch auch im Jahr 2000 für viele Menschen, Völker und Gesellschaften noch bittere Gegenwart. So sind auch die Feiern des 1.Mai nicht historisch zu sehen, sondern als lebendiger, notwendiger Teil unserer Gegenwart.

Während in vielen demokratischen Ländern Demonstrationen, Kundgebungen und Feiern zum 1.Mai ungehindert stattfinden dürfen, ist das längst nicht überall selbstverständlich.

Nehmen wir zum Beispiel die Türkei. Hier sind politische Veranstaltungen zum 1.Mai generell verboten, lediglich als "Frühlingsfest" darf dieser Tag begangen werden. Gewerkschaften in der Türkei, die bestehende Verhältnisse kritisieren (wie z.B. die kürzliche Entlassung von 15.000 Arbeitnehmern als Folge der Unternehmens-Privatisierung), leiden ebenso wie demokratische oder pro-kurdische Parteien (z.B. die HADEP) unter staatlichen Repressionen.

Wie bekannt, hat die Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, ihren 15jährigerr Kampf nach der Verkündung des Friedensplans ihres zum Tode verurteilten Vorsitzenden, Abdullah Öcalan, beendet und sich aus den Grenzen der Türkei zurückgezogen. Jedoch, statt eine Amnestie für ehemalige Kämpfer vorzubereiten und den Kurden kulturelle und sprachliche Rechte zu gewähren, ist die Türkei erneut mit starken Truppen in den Norden des Irak (Südkurdistan) einmarschiert, um die dort vermuteten Rückzugslager der kurdischen Guerilla zu zerstören und die ehemaligen Kämpfer zu töten. Wo bleibt die energische Intervention aus Europa, welche Regierungen stellen sich endlich deutlich auf die Seite der Kurdlnnen und verlangen von der Türkei eine andere, demokratische Handlungsweise? Einmärsche in einen Nachbarstaat gehören keineswegs zu den "inneren Angelegenheiten" eines Landes!

Wir Kurdinnen und Kurden erwarten in. dieser Lage, dass "internationale Soiidaität" nicht nur ein Wort bleibt. Wir fordern die Menschen in Europa auf, ihren Regierungen klar zu machen, dass Frieden und Demokratie in der Türkei nötig sind und einen Beitrag zur Stabilisierung des gesamten mittlerer Ostens leisten könnten.
Politischer und sozialer Friede, gerechte Verteilung von Arbeit und Ressourcen, weltweite Gleichberechtigung der Frauen - das alles sind Ziele, die auch heute, 111 Jahre nach den ersten Mai-Demonstrationen, keinesfalls erreicht sind. Vielmehr scheint es, als erfolgte nach jedem kleinen Schritt vorwärts irgendwo anders - auf einem anderen Sektor oder an einem anderen Ort - ein erheblicher Rückschritt. Solidarität ist gefragt, nicht nur punktuell, nicht nur "wie bisher". Wenn es jemals wirkliche Fortschritte in Hinsicht auf Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit geben soll, muss mehr geschehen als bisher, müssen sich viel mehr Menschen daran beteiligen, am 1.Mai, aber auch an allen übrigen 364 Tagen im Jahr.

Es lebe der gemeinsame Kampf der Völker!

Für die friedliche und demokratische Lösung aller Konflikte!

Es lebe der 1. Ma!!