Berlin, 25. Mai 2000
An die Redaktionen:
Aktuelles / Ausland / Mittlerer Osten / Türkei / Kurdistan
Der Gesundheitszustand des Vorsitzenden der PKK, Abdullah
Öcalans ist besorgniserregend
Wir protestieren aus politischen und humanitären
Gründen gegen die extremen Haftbedingungen von Abdullah
Öcalan
Die Türkei ist bekannt für ihre menschenverachtenden
Praktiken in den Gefängnissen. Unzählige Male wurde
sie wegen Menschenrechtsverletzungen an den Gefangenen vor
dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof angeklagt
und für schuldig befunden. In Helsinki wurde die Türkei
zum Beitrittskandidat der EU erklärt. Ihre Mitgliedschaft
wurde aber an konkrete Forderungen geknüpft. Obwohl die
politischen Vertreter in der Türkei zu jedem Anlaß
erklären, sie würden Verbesserungen in der Menschenrechtsfrage
vornehmen und das kurdische Problem konstruktiv angehen, blieben
bislang die nötigsten Veränderungen aus.
Die Anwälte von PKK-Vorsitzenden, Abdullah Öcalan
haben erklärt, dass sich der Gesundheitszustand ihres
Mandanten durch die extremen Haftbedingungen zunehmend verschlechtert
hat. Auf mehrere Anträgen der Anwälte, Öcalan
in ein anderes Gefängnis zu verlegen, wurde bislang nicht
reagiert.
Die Entscheidung der Regierungskoalition vom 12. Januar 2000,
die Vollstreckung der Todesstrafe solange aufzuschieben bis
das Europäische Menschenrechtsgerichtshof ein Urteil
in dieser Angelegenheit getroffen hat, war richtig und wichtig.
Wir sehen aber an dem momentanen Haftbedingungen von Abdullah
Öcalan, dass weiterhin seine Hinrichtung als Vorhaben
besteht. Die Türkei kann sich aus innen- und aussenpolitischen
Gründen nicht erlauben, ihn direkt hinzurichten. Durch
die extremen Haftbedingungen, die eine vollkommene Isolation
des Gefangenen beinhaltet, versucht sie eine Hinrichtung auf
Raten zu vollziehen. Die Tendenz ist daher Mord aus dessen
Verantwortung sich die entsprechenden Personen und Institutionen
des türkischen Staates entziehen wollen. Teile des türkischen
Staates haben ja reichlich Erfahrungen mit "Morden unbekannter
Täter".
Dem Vorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan ist es trotz
seiner schwierigen Haftsituation gelungen, eine neue Ära
in der Lösung der kurdischen Frage sowie in der Demokratisierung
der Türkei zu eröffnen. Dies wurde von der PKK mit
konkreten Schritten wie der einseitigen Beendigung des bewaffneten
Kampfes und dem Abzug der bewaffneten Einheiten ausserhalb
der Türkei bekräftigt. Zuletzt unterbreitete die
PKK ein realistisches und umsetzbares Friedensprojekt. Der
Präsidialrat der PKK erklärte für die Umsetzung
des Friedensprojektes das Wohlergehen ihres Vorsitzenden zur
absoluten Bedingung. Auch ist die Sensibilität und die
Verbundenheit des kurdischen Volkes mit Öcalan bekannt.
Sollte Abdullah Öcalan etwas passieren, wären die
Konsequenzen vor diesem Hintergrund unvorstellbar.
Sowohl aus humanitären Gründen wie auch aus politischer
Verantwortung müssen alle demokratischen Menschen, internationale
Institutionen und NGO's ihren Protest gegen die Haftbedingungen
zum Ausdruck bringen und eine ersichtliche Verbesserung der
Haftbedingungen sowie die Verlegung Öcalans in ein anderes
Gefängnis fordern. Unabhängigen Ärzten muß
ermöglicht werden, ihn zu untersuchen und zu behandeln.
Wir rufen die europäischen Staaten, die eine Verantwortung
am Komplott gegen Öcalan tragen, zumindest diesmal ernsthaft
ihrer Verantwortung gemäß zu handeln und alles
in ihrer Macht stehende zu unternehmen, damit die Gesundheit
und das Leben von Abdullah Öcalan geschützt wird.