YXK - WEED - medico international - NABU - IPPNWBerlin, 05.06.2000
Am 5.6.00 führten oben stehende Organsationen eine Pressekonferenz im Pressezentrum in Berlin durch. Unten folgt die dazu abgegebene Presseerklärung Hermesbürgschaft für den Ilisu-Staudamm: Götterbote bedroht antikes Erbe Umwelt- und Entwicklungsorganisationen fordern von Bundestag Einhaltung internationalen Rechts Die antike Stadt Hasankeyf im Südosten der Türkei ist einer der ältesten bewohnten Orte der Erde. Jetzt droht ihr durch den Bau des Ilisu-Staudamms der Untergang. Trotz massiver Proteste erwägt die Bundesregierung die Unterstützung des Projekts mit einer Hermesbürgschaft. Nichtregierungsorganisationen appellieren am Montag in Berlin an den Bundestag, die Vertreibung zehntausender Kurden und die Verschärfung des Wasserkonflikts zu verhindern. Das Ilisu-Projekt verstößt gegen internationales Recht. Zu diesem Ergebnis kommt ein jüngst von britischen und Schweizer Professoren erstelltes Gutachten. Deutsche und kurdische Organisationen fordern daher den Bundestag auf, eine Hermesbürgschaft für das Projekt zu verhindern. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90 / DIE GRÜNEN erarbeiten zur Zeit eine parlamentarischen Antrag zum Ilisu-Staudamm. Nach Einschätzung der Nichtregierungsorganisationen gewährleistet der bisherige Entwurf aber weder einen effektiven Menschenrechts- und Kulturgüterschutz, noch verpflichtet er die Türkei, internationales Recht zu achten. "Die Türkei hat in der Vergangenheit mehrfach den Nachbarländern gedroht, das Wasser abzudrehen," erklärt Heike Drillisch von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation WEED. "Nicht einmal die Einhaltung der UN-Wasserkonventionen bindend in den geplanten Antrag aufzunehmen, ist daher unverantwortlich." Die erzwungene Umsiedlung zehntausender Kurden wäre eine weitere Folge des Staudammbaus. "Während die Bundesregierung im Kosovo mit Bomben gegen Vertreibung vorgeht, verbürgt sie diese in der Türkei selbst mit," kommentiert Hans Branscheidt von medico international die rot-grüne Friedenspolitik. "Die Praxis der bisher gebauten Staudämme zeigt, daß die Region und deren Bevölkerung davon keinen erkennbaren Vorteil hatten," kommentiert Ercan Ayboga vom kurdischen Studentenverband yxk. Eine faire Beteiligung - wie sie in der EU vorgeschrieben ist - sei angesichts fehlender Meinungsfreiheit in Kurdistan nicht durchführbar. "Ein Verzicht auf die Vergabe einer Hermesbürgschaft würde dagegen die demokratischen Organisationen stärken," beurteilt Ayboga die Situation vor Ort. Auf besonderen Widerstand in der Türkei stößt die drohende Vernichtung der antiken Stadt Hasankeyf. An der ehemaligen Seidenstraße gelegen, ist sie die einzige vollständig aus dem Mittelalter erhaltenen Stadt Südostanatoliens. Mit einem Kulturfestival am 10. Juni protestieren Architekten, Künstler, Journalisten und Wissenschaftler gegen die geplante Überflutung der bedeutenden Unterstadt. "Es ist unfaßbar, daß die Wiege der Menschheit Projekten von etwa 50 Jahren Lebensdauer geopfert wird," kommentiert Gisela Penteker von der Ärztevereinigung IPPNW. Stefan Michel vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) moniert: "Die türkische Regierung führt seit Jahren einen ökologischen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Mehr als viertausend Dörfer wurden entvölkert, Gärten mit Herbiziden vergiftet, die Nutzung des Weidelandes verboten und riesige Waldgebiete durch Feuer und Kahlschlag vernichtet. Die Staudämme des Südostanatolienprojekts (GAP) und darunter der Ilisu-Damm am Tigris setzen diese Strategie fort." Auf mehreren hundert Kilometern wird der Tigrisstrom zu einem See werden, der sich durch die Abwässer der naheliegenden Großstädte Diyarbakir und Batman in eine Krankheiten bringende Kloake verwandeln wird. Flußabwärts der Staustufe werden Wassermangel und Veränderungen der Flußdynamik die Naturlandschaften ebenso wie Felder und Gärten gefährden. Stefan Michel: "Die aus früheren Staudammprojekten, wie dem Assuan-Staudamm, bekannten ökologischen Schäden werden sich wiederholen." Kontakt: WEED medico international NABU, Ansprechpartner Stefan Michel IPPNW YXK - Verband der StudentInnen aus Kurdistan |