Büro Carsten Hübner, MdB

Datum : 5.7.2000
Nr. : 1734
Thema : Entwicklungspolitik/Türkei

Illisu: Bankrotterklärung rot-grüner Entwicklungspolitik

Auf den heutigen Sitzungen des Wirtschaftausschusses und des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AwZ) ist der Antrag der PDS, keine Hermesbürgschaften für das umstrittene Ilisu-Großstaudammprojekt in der Osttürkei abzugeben, abgelehnt worden: Im AwZ mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, FDP gegen die Stimme der PDS bei Abwesenheit der Grünen, im Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen von SPD und Grünen, CDU/CSU und FDP gegen die Stimme der PDS. Dazu erklärt Carsten Hübner, Obmann der PDS im AwZ und im Menschenrechtsausschuss:

Die Entscheidung zu Ilisu ist eine Bankrotterklärung rot-grüner Entwicklungspolitik, zumal es den Regierungsfraktionen nach zehnmaliger Vertagung des PDS-Antrags nicht gelungen ist, den mehrfach angekündigten eigenen Antrag vorzulegen. Dies hatte regelmäßig als Begründung für die Absetzung des PDS-Antrags herhalten müssen. Ein Verfahren, das in der Sitzung auch vom Obmann der CDU massiv kritisiert wurde. Als neue Begründung für die Hinhaltetaktik wurde heute im Wirtschaftsausschuss von der SPD angegeben, man wolle vor einem eigenen Antrag erst die Umweltverträglichkeitsprüfung abwarten.

Ebenfalls äußerst kritikwürdig ist, dass wegen der Verzögerungstaktik der Regierungsfraktionen der mitberatende Menschenrechtsausschuss nicht mehr rechtzeitig sein Votum an den federführenden Wirtschaftsausschuss abgeben kann. Der Menschenrechtsausschuss berät erst heute Nachmittag. Mit dem heutigen Votum ist klar: Die Bundesregierung wird den Hermesbürgschaften für das in vielerlei Hinsicht umstrittene Ilisu-Projekt in absehbarer Zeit zustimmen, wahrscheinlich in den Sommermonaten. Über den Zeitpunkt verweigerte die zuständige Staatssekretärin Uschi Eid im Ausschuss jedoch jede Aussage.

Informationen aus Koalitionskreisen weisen aber eindeutig daraufhin, dass wieder ein ‚Deal' ansteht: Ein Projekt bekommt keine Bürgschaften - der Maheshwar-Staudamm in Indien. Dafür aber wird es die Exportbürgschaften für Ilisu geben. Ein rein an den Interessen der Exportwirtschaft orientierter Kuhhandel, der den Koalitionsvertrag konterkariert und mit einer fachlichen Bewertung des Projekts nichts zu tun hat. Die abschließende Beratung im Bundestag im September oder Oktober ist nur noch von formaler Bedeutung, insbesondere wenn die Bundesregierung noch vorher entscheidet. Zumindest solange es nicht gelingt, den notwendigen gesellschaftlichen Druck zu entwickeln, um die Bürgschaften doch noch zu stoppen. Deshalb rufe ich alle NGOs, entwicklungspolitisch Aktiven, Forschungseinrichtungen und kritische Menschen in SPD und Grünen auf, in dieser Frage hartnäckig Widerstand zu leisten. Die Zeit drängt.

-- Büro Carsten Hübner, MdB


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