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Berlin 16.7.2000

Offener Brief an PDS, KURDISTAN-RUNDBRIEF und JUNGE WELT

Zum "offenen Brief an den Präsidialrat der PKK", unterschrieben von Ulla Jelpke, Rüdiger Lötzer und anderen, sowie zu den Artikeln in der JUNGEN WELT vom 12. und 15. Juli 2000.

Zeitgleich mit dem offenen Brief an den Präsidialrat der PKK erschien in der JUNGEN WELT ein Artikel unter der Überschrift "Todesstrafe aus der Todeszelle" von Anna Chondrula. In beiden Veröffentlichungen wird behauptet, dass sich eine größere Gruppe PKK-KämpferInnen von der PKK losgesagt habe. Ein Teil dieser Gruppe sei von der PKK festgenommen worden, und man müsse jetzt um ihr Leben fürchten.

Zu den Vorwürfen und zum Hintergrund der erneuten Angriffe auf die PKK hat der Präsidialrat der PKK Stellung bezogen (dokumentiert in der Pressemitteilung der "Internationalen Initiative Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden für Kurdistan" vom 15.07.2000, zu finden u.a. auf unserer Webseite http://www.nadir.org/isku).

Daß solche Kampagnen gerade in der BRD immer wieder auf fruchtbaren Boden fallen, ist leider nichts Neues. Die PKK ist nicht die einzige Befreiungsbewegung, die gerade in entscheidenden Phasen ihres Kampfes mit den absurdesten Vorwürfen und der traditionellen westdeutschen linken Besserwisserei konfrontiert wird. Als in Kurdistan Mitte der 80er Jahre die PKK mit dem bewaffneten Kampf begann und damit einen großen Schritt zur Befreiung des kurdischen Volkes unternahm, warnten unzählige Stimmen aus der Linken vor der Aussichtslosigkeit dieser Politik. Parallel dazu begann eine Repressionswelle gegen kurdische RevolutionärInnen im BRD-Exil, die auch von Teilen der Linken - federführend waren damals die GAL Hamburg, die taz und der Kommunistische Bund - mit einer öffentlichen Kampagne unterstützt wurde. Jetzt wiederholt sich das gleiche Spiel. Die PKK leitet mit ihrer offensiven Friedenspolitik eine neue Phase des Kampfes ein, die im kurdischen Volk breiteste Unterstützung findet. Dies ruft wiederum nicht nur Angriffe des türkischen Militärs und seiner verbündeten feudalistischen kurdischen Parteien PUK und KDP hervor, auch in der BRD bleibt die PKK klassenübergreifendes Feindbild Nummer eins. Der Staat verhaftet und verurteilt, die linken und nationalistischen KritikerInnen beklagen die "Kapitulation" bzw. Sinnlosigkeit der neuen Politik. Selbst die Vorwürfe, mit denen Stimmung gegen die PKK gemacht wird, sind die selben geblieben: "parteiinterne Säuberungen". Nur wird das Ganze jetzt u.a. von Teilen der PDS, von der JUNGEN WELT und offenbar auch vom KURDISTAN-RUNDBRIEF vorangetrieben. Erschreckend dabei ist auch das Niveau der Vorwürfe. Die VerfasserInnen des "offenen Briefes an den Präsidialrat" machten sich nicht einmal die Mühe, die Quellen der Vorwürfe zu benennen, und die JUNGE WELT beruft sich ausgerechnet auf die Webseite "intername", die unter anderem von dem Überläufer Selim Cürrükkaya betrieben wird. Zu welcher Seite Cürrükkaya gehört, sollten alle wissen, die sich seit längerer Zeit mit der Kurdistan-Frage beschäftigen; alle anderen können seine Haltung in den Protokollen seiner Zeugenaussagen in "PKK-Prozessen" vor bundesdeutschen Gerichten nachlesen.
Die einzige andere "Quelle", die ähnliche Anschuldigungen hervorgebracht hat, ist nach unserem Wissen die türkische nationalistische Tageszeitung MILLIYET - die schon seit Jahren ähnlichen Unsinn über die PKK verbreitet.

Offenbar sind die VerfasserInnen des offenen Briefes an den Präsidialrat nicht auf die Idee gekommen, vor der Veröffentlichung nachzufragen, was denn an den Vorwürfen dran sein könnte. Ihnen dürfte bekannt sein, wo bei den auch in der BRD ansässigen kurdischen Institutionen und Informationsbüros kompetente AnsprechpartnerInnen zu finden sind.

Die UnterzeichnerInnen des offenen Briefes an den Präsidialrat der PKK sollten sich - wenn nicht schon geschehen - deutlich machen, wem solche Kampagne tatsächlich nutzt: denjenigen, die die Friedenspolitik der PKK sabotieren wollen, weil der Krieg ihre Lebensgrundlage darstellt, den Hardlinern der türkischen Armee und ihren Waffenhändlern, den feudalen Clans der Herren Talabani und Barzani mitsamt ihren Unterstützern in Washington und Berlin.