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Berlin, 17. August 2000

 

An die Redaktionen:
Aktuelles / Ausland / Mittlerer Osten / Türkei / Kurdistan

32 Tote und über 50 Verletzte in Folge der Bombardierung Südkurdistans (Nordirak) durch türkische Kampfflugzeuge

In den Abendstunden des 15. August 2000 haben in Folge von Bombenangriffen türkischer Kampfflugzeuge bei Kendakor in der Nähe der südkurdischen Stadt Sideka, Region Lolan, 32 Personen, überwiegend Frauen und Kinder, ihr Leben verloren. Über 50 Personen wurden verletzt, darunter 27 schwer.

Nach Angaben von regionalen Quellen haben zwei türkische Kampfflugzeuge gegen 16.00 Uhr die Region Kendakor, in der sich die Bevölkerung auf den Gebirgsweiden aufhält, mehrmals überflogen, bevor sie die Region 40 Minuten lang bombardierten. "Der Anblick ähnelte sehr dem des Massakers von Halabja", so ein Augenzeuge.

Obwohl die Demokratische Partei Kurdistans unter Führung von Mesut Barzani erklärte, sie hätte keine Information über einen derartigen Vorfall, bestätigte ihr Vertreter von Selahattin-Stadt das Massaker und erklärte zudem, dass die Zahl der Toten wesentlich höher liege.

Die der irakischen Opposition nahestehende Londoner Exilzeitung "El Zaman" bestätigte die Angriffe ebenfalls und bezifferte die Zahl der Toten mit 45. Die Zeitung, die diese Nachricht auf ihren Korrespondenten vor Ort zurückführt, schrieb zudem, dass es 70 Verletzte gegeben habe. Dem Artikel zufolge fand die Bombardierung am 15. August im Grenzdreieck von Türkei, Irak und Iran innerhalb der irakischen Grenzen statt.

Die, die bislang bekannt gewordenen Namen der Todesopfer sind folgende: Muhammed Ali Aziz Ibrahim (28), Fatma Nebi Kadir (25), Beritan Muhammed Ali (3), Bahar Esad Muzin (14), Gelo Smis Halid Hole (20), Gelo Ferzende Sakir (3), Xelat Kadir Muhammed (18), Beyaz Ibrahim Cadir (70),Bese Ibrahim Cadir (70), Fadime Zeydin Abdullah (22), Seyda Mihe Ilyas (35), Peyman Kadir Sahin (18), Rezan Kadir Sahin (15), Semir Mihe Sahin (35), Resul Kadir Sahin (15), Fatma Hesen Siyar (60), Hediya Mele Hesen (45), Necat Mey Ayder (15), Hatice Mey Ayder (14), Baxtiyar Hicaz Ayder (15), Faxri Baki Ali (15), Sumer Emer Ali (30), Sexmus Farqin Baki (10), Kusret Farqin (10), Zumre Sabri Sexo (70), Feqi Bahri Ali (40), Hatice Mayin Evdel (14), Sehran Farqin Baki (15) und Rezize Kadir Sahin (15).

Schon vor Wochen wurde auf die kritische Lage in Südkurdistan und auf die negative Rolle der südkurdischen Parteien hingewiesen. Dass die Angriffe nach den Washingtoner Gesprächen zwischen der Demokratischen Partei Kurdistans KDP und der Patriotischen Union Kurdistans PUK mit amerikanischen Vertretern sowie nach dem Besuch des PUK-Führers Celal Talabani in der Türkei erfolgten, kann kein Zufall sein. Erschreckend ist zudem, dass die Türkei den Angriff genau an jenem Tag durchführte, an dem durch ihren UNO-Vertreter in New York zwei Konventionen der Vereinten Nationen für die Bürger- und politische Rechte sowie für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unterzeichnet wurden. Diese Konventionen befassen sich auch mit den Rechten von Minderheiten. Wir rufen die südkurdischen Parteien dazu auf, endlich damit aufzuhören, die verschiedenen Staaten der Region in ihren Konflikt einzubeziehen. Statt dessen müssen Schritte für die kurdische Einheit wie eine Friedenskonferenz zwischen allen kurdischen Parteien unternommen werden. Wir rufen auch die Vereinigten Staaten von Amerika dazu auf, ihren Einfluß in Südkurdistan nicht dazu zu missbrauchen, die kurdischen Parteien gegeneinander auszuspielen und nach jedem Treffen in Washington einen innerkurdischen Krieg sowie militärische Auseinandersetzungen in der Region zu entfachen.

Wir rufen die UNO, unter deren Hoheit die Schutzzone in Südkurdistan nördlich des 36. Breitengrades errichtet worden ist, dazu auf, keine Vernichtungsangriffe durch Nachbarstaaten zuzulassen. Die Türkei muss alle militärischen Operationen sowohl auf ihrem eigenen Territorium als auch auf dem ihrer Nachbarstaaten einstellen und die von ihr erwarteten Schritte zur Lösung der kurdischen Frage sowie für die Demokratisierung ihrer Gesellschaft unternehmen. Immer wieder führt die Türkei unter den Augen der Weltöffentlichkeit Militäroperationen in Südkurdistan durch, ohne dass der Westen dies verurteilt. Wäre es sonst denkbar, dass die Türkei jedes Jahr mindestens einmal grenzüberschreitende Operationen nach Südkurdistan (Nordirak) durchführt? Dieses Verhalten wird auf all jene zurückfallen, die die demokratische Entwicklung eines Landes im Mittleren Osten zu sabotieren versuchen.

Die internationalen Institutionen und Organisationen, allen voran die UNO rufen wir auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, damit der jüngste Vorfall aufgeklärt und die Türkei für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen wird. Internationale Medienvertreter und Menschenrechtsorganisationen müssen sich in die Region begeben, um das Massaker vor Ort zu untersuchen.