Berlin, 7. Oktober 2000
Wir veröffentlichen die vollständige Erklärung
des Präsidialrates der PKK zum einseitigen Waffenstillstand
gegenüber der Patriotischen Union Kurdistans PUK
AN DAS PATRIOTISCHE VOLK KURDISTANS UND SEINE FREUNDE
Wie bekannt finden seit einer Woche gewalttätige Auseinandersetzung
zwischen Peshmergas der Patriotischen Union Kurdistans (PUK)
und Mitgliedern unserer Volksverteidigungseinheiten statt.
Dabei sind auf beiden Seiten Verluste zu verzeichnen.
Die genannten Auseinandersetzungen waren in Verbindung mit
dem internationalen Komplott gegen unsere Partei und ihres
Vorsitzenden APO entstanden.
Das Komplott zielte darauf ab, unsere Partei und ihren Vorsitzenden
zu liquidieren, um sie als politische Kraft bei einer Lösung
der kurdischen Frage zu verdrängen. An diesem Komplott
nahm neben den internationalen und regionalen reaktionären
Mächten, auch die kurdische Kollaboration teil. Diese
Kräfte sehen ihre Interessen durch die PKK gefährdet,
welche mit ihrem revolutionär-demokratischen Kampf den
jetzigen Status Quo hin zur Demokratie verändert.
Mit ihrem 25-jährigen heldenhaften Kampf, hat die PKK
allen Kurden in den verschieden Teilen Kurdistans sowie der
Diaspora den Weg zur demokratischen und nationalen Revolution
gewiesen. Als Symbol der Einheit und als Vertreterin des arbeitenden
kurdischen Volkes prägte sie Kurdistan. Das führte
dazu, dass sich in Kurdistan alle Entwicklungen an dieser
Realität orientieren. Auch die reformistisch-nationalistische
Kollaborationspolitik der feudalen herrschenden Klasse begann
ihren Einfluss zu verlieren.
In der Annahme, dass der Vorstoß des internationalen
Komplotts und die Verhaftung unseres Vorsitzenden, der PKK
eine wichtige Niederlage zufügte, beabsichtig die kurdische
Kollaboration die Aneignung der durch den langjährigen
Kampf hervorgebrachten demokratischen und nationalen Errungenschaften.
So verstärkte sie ihre Angriffe gegen die PKK, nachdem
sie die Unterstützung des internationalen Komplotts erhielt.
Die PUK beteiligt sich dabei am intensivsten an den Angriffen.
Vor dem internationalen Komplott unterhielt unsere Partei
gute Beziehungen zur PUK. Leider nahm sie im Zuge des Komplotts
ihre jetzige Haltung ein, mit der sich die Beziehungen zusehend
verschlechterten. Als unsere Partei massiven Schwierigkeiten
gegenüberstand, wendete sich die PUK dem internationalen
Komplott zu, anstatt sich wie eine nationale Kraft zu verhalten.
Als an der Seite der internationalen und regionalen Kräfte
Partei ergriff, erhoffte sie sich damit wirtschaftlichen und
politischen Profit. Anstatt eine auf nationale Interessen
beruhende Politik zu betreiben, versuchte die PUK die erst
beste Gelegenheit zu nutzen. So beging sie den Irrtum, dass
eine Liquidierung der PKK ihre eigenen Probleme lösen
könnte. Zudem erhoffte sie sich die Aneignung des großen
Erbes der PKK und den damit verbundenen politischen Einfluss.
Auf diesem Hintergrund verstärkte die PUK ihre Verleumdungskampagnen
gegen den Präsidenten APO und die PKK, während sie
unseren Bewegungsraum im Gebiet von Soran verringerte. Mit
dem Zusammenziehen von Tausenden Peshmerga in der Nähe
unserer Lager versuchte die PUK Druck auf unsere Partei auszuüben.
Ihr Ziel wollte sie mit der Spaltung unserer Partei erreichen.
Als unsere Partei auf diese unakzeptable Haltung reagierte,
wurde eine Übereinkunft getroffen. Drei Tage später
widerrief die PUK diese Übereinkunft, stellte neue Bedingungen
und verstärkte ihre Angriffe. Sie ließ unsere Freunde
festnehmen, die sie habhaft werden konnte. Dabei wurden einige
von ihnen verletzt. In einem Gebiet, in dem sich zahlreiche
Spione tummeln und Hunderte von ausländischen Büros
ihren Sitz haben, will die PUK die Anwesenheit der PKK nicht
akzeptieren. So erklärte sie die Angriffe auf die PKK
zu ihrer eigentlichen Politik.
Im September umstellten Kräfte des PUK unser Lager in
KARADAG, in dem sich unsere Kräfte seit fünf Jahren
aufhalten und neue Kämpfer ausgebildet werden. Zu diesem
Zeitpunkt waren vierzig Personen anwesend. Als sich unsere
Freunde dagegen verwehrten, antworteten die Einheiten der
PUK mit Gewalt. Zahlreiche Freunde wurden getötet bzw.
gefangengenommen. Darunter befand sich eine große Zahl
von jungen Kämpfern aus Ost-Kurdistan. Schon vor diesem
Vorfall hatte unsere Partei die PUK ernsthaft gewarnt. Dies
wurde jedoch von der PUK ignoriert.
Um die Angriffe zu rechtfertigen behauptete sie, dass unsere
Kräfte vom Irak gekommen seien, um gemeinsam mit den
Volksmuhadjidin anzugreifen. Mit dieser Lüge wurde versucht,
die anderen Kräfte in der Region für die PUK zu
gewinnen.
Später wurden unsere Kräfte in der Gegend von Aliyeres
angegriffen in dessen Folge es zu schweren Gefechten kam.
Diese Gefechte erstreckten sich auf verschieden Gebiete. Dabei
kam es zu Verlusten auf beiden Seiten. Um eine Eskalation
hin zu einem Krieg zu vermeiden, der nur dem Willen der äußeren
Mächte entsprechen würde, hat unsere Partei zum
Waffenstillstand aufgerufen und diesen mehrmals erneuert.
Die PUK ging jedoch nicht auf das Angebot ein, sondern versuchte
unsere Einheiten zu liquidieren, in dem sie ihre Kräfte
verstärkte und die Einkreisung unserer Kräfte enger
schloss. Daraufhin flammten die Kämpfe erneut auf, was
wiederum den Tod von Dutzenden auf beiden Seiten verursachte.
Unsere Guerillakämpfer konnten alle Offensiven der PUK
zurückschlagen. Obwohl sich unsere Einheiten in einer
stärkeren Position befanden, versuchten sie den Verlust
von Menschenleben zu vermeiden. Es wurde darauf geachtet,
dass nicht die Kinder unseres Volkes Opfer kurzsichtiger Berechnungen
werden.
Unsere Partei unternahm große Anstrengungen um einen
Krieg zu vermeiden. Gegenüber allen Angriffen der PUK
bewahrte sie die Geduld und einen kühlen Kopf. Dies interpretierte
die PUK jedoch als Schwäche. Obwohl das im Einflussbereich
der PUK lebende Volk die Auseinandersetzungen verurteilte
und deren Beendigung forderte, hielt sie an ihrer Politik
der Konfrontation fest.
Während der Konfrontation hat unser Volk ein hohes Maß
an Interesse an den nationalen Problemen gezeigt. Unser Volk,
insbesondere aus dem Ostteil Kurdistans, hat diesen Interessenkrieg
der äußeren Mächte nie akzeptiert. Deshalb
forderte es einen schnellstmöglichen Waffenstillstand
und Friedensschluss. Während das internationale Komplott
gegen die PKK anhält, es tief von diesem Krieg betroffen.
Unsere Partei misst der Aufmerksamkeit unseres Volkes und
der Aufmerksamkeit der demokratischen Öffentlichkeit
großen Wert bei. Deshalb ist sie um dementsprechende
Beantwortung bemüht.
Im Bewusstsein um die verheerenden Folgen und die Erwartungen
des Volkes, war unsere Partei bestrebt, die Auseinandersetzungen
so schnell wie möglich zu beenden. Daher erklärt
unsere Partei einen Waffenstillstand, der ab 12.00 Uhr des
4. Oktobers in Kraft treten wird. Wir hoffen, dass die PUK
zur Einsicht kommt und den Waffenstillstand positiv beantwortet:
Dieser Krieg nützt niemanden. Wir sind davon überzeugt,
dass im Falle einer positiven Antwort in Gesprächen alle
Probleme lösbar sind.
Verehrtes Volk, verehrte Freunde"
Die Aufmerksamkeit und der nationale Reflex gegenüber
den Kämpfen, ist für unseren nationalen und demokratischen
Kampf von großer Bedeutung. Sie ist zugleich die größte
Unterstützung und Garantie für einen Waffenstillstand.
Solange diese Aufmerksamkeit andauert, werden die Auseinandersetzungen
überwunden werden. Jeder wird zu einer nationalen Politik
verpflichtet sein.
Die letzte Auseinandersetzung hat gezeigt, dass ohne Verzögerung
eine nationale Politik entwickelt werden muß. Die Lösung
der Probleme des kurdischen Volkes kann nur in einer demokratischen
Beziehung der kurdischen politischen Organisationen zueinander
erreicht werden. Der Schlüssel zur Lösung liegt
in der Kraft aus der Einheit des kurdischen Volkes, anstatt
sie außerhalb zu suchen. Es ist wichtig, dass die Intellektuellen
und die Freunde des kurdischen Volkes den Waffenstillstand
unterstützen und sich dafür einsetzten, dass eine
gemeinsame nationale Politik entwickelt wird. Es ist unsere
oberste Pflicht, den nationalen Reflex nicht nur bei Auseinandersetzungen
zum tragen kommt, sondern kontinuierlich aufrecht erhalten
wird, damit eine nationale demokratische Politik sich manifestieren
kann.
Wir rufen die PUK zur positiven Beantwortung des Waffenstillstandes
auf. Des weiteren rufen wir unser Volk und die demokratische
Öffentlichkeit auf, den Waffenstillstand zu unterstützen,
damit die Entwicklung eines demokratischen Friedens möglich
wird.
Es lebe die demokratische Einheit unseres Volkes!
Es lebe unsere nationale Führung, der Vorsitzende Abdullah
Öcalan!
3 Oktober 2000
Präsidialrat der Arbeiterpartei Kurdistans