Sprecher des Wanderkirchenasyls im Hungerstreik, NRW schiebt ab

Datum: Dienstag, 10. Oktober 2000 03:03

Heute, am 9.10. 00 wurde Hüseyin Calhan, Sprecher der kurdischen Flüchtlinge im Wanderkirchenasyl, im Abschiebegefängnis in Büren vom JVA- Personal offiziell der Abschiebetermin am 17.10. 2000 mitgeteilt. Hüseyin Calhan hat sich nach Überlegungen in den letzten Tagen dazu entschieden, seine Gesundheit einzusetzen, um noch seine Abschiebung in die Türkei zu verhindern. Der Sprecher der Aachener Gruppe befindet sich nach Angaben seiner Bruders Nehir seit heute abend im Hungerstreik. Dabei ist die gesundheitliche Verfassung von Herrn Calhan aufgrund der unmenschlichen Behandlung bei der Haftrichtervorführung im Amtsgericht Aachen kritisch.

Im Falle einer Abschiebung in die Türkei drohen Hüseyin Calhan als Teilnehmer des Wanderkirchenasyls und wegen seinem exponiertem exilpolitischem Auftreten Folter und schwere Menschenrechtsverletzungen.

Die Abschiebeankündigung gegenüber Hüseyin Calhan wird überschattet von einer weiteren Festnahme: Mehmet Kilic, Sprecher des Wanderkirchenasyls in Wuppertal, wurde ebenfalls festgenommen und sitzt wie Hüseyin Calhan im Abschiebeknast in Büren. Neben ihnen ist auch Halil Arslan, kurdischer Flüchtling im Wanderkirchenasyl in Oberhausen im Abschiebeknast in Moers von der Abschiebung bedroht. Nicht nur türkische Menschenrechtsgruppen und Flüchtlingsinitiativen, auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes der BRD bestätigt, daß der im Januar 2000 abgeschobene Teilnehmer des Wanderkirchenasyls, Yusuf Demir, direkt nach seiner Abschiebung von der türkischen Anti-Terror Polizei verhaftet worden und danach mehrfach mißhandelt worden ist. Er wurde dabei nach Initiatoren und Akteuren des Wanderkirchenasyls befragt. Yusuf Demir lebt derzeit versteckt in der Türkei aus Angst vor Zugriffen des türkischen Militärs.

Das Innenministerium NRW setzt derzeit ebenso eine Harte Linie gegen tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka durch: Bereits am 6. 10. 00 wurden zwei tamilische Flüchtlinge nach Colombo abgeschoben, die sich 21 Tage im Abschiebegefängnis Moers mit einem Hungerstreik gegen ihre Abschiebung wehrten. Erfolglos - nach ihrer Abschiebung wurden sie in Colombo unmittelbar verhaftet. Ihr weiterer Verbleib ist ungeklärt. Heute, am 10.10.00 demonstrieren in Düsseldorf ab 11h tamilische MigrantInnen für einen Abschiebestopp in den Folterstaat. [Hintergrund Informationen hierzu, wie auch zu den Umständen der Verhaftung von Hüseyin Calhan und siehe die Web-Seite des internationalen Menschenrechtsvereins Bremen http://www.humanrights.de].

Das Flüchtlingsplenum Aachen wirft dem SPD geführtem NRW-Innenministerium vor, bei seiner "Abschiebepolitik über Leichen zu gehen".

Die Gruppe fordert daher den Aachener Oberbürgermeister Dr. Jürgen Linden auf, Zivilcourage gegen seinen Parteigenossen und Innenminister Fritz Behrens in der NRW-Landesregierung zu zeigen: "Linden soll sein Amt zur Verfügung zu stellen, falls er als Unterzeichner des `Aachener Appells´ nicht in der Lage ist, die Abschiebung des kurdischen Flüchtlings zu verhindern". OB Linden hatte gerade am Tage der Festnahme Calhans gemeinsam mit diesem ein "Engagiertes `Nein´ gegen Rassismus" auf einem Fest der Aachener Zeitung erklärt. Das Aachener Ausländeramt beantragte jedoch am Tag darauf die Abschiebehaft für Calhan.

Die TeilnehmerInnen des Wanderkirchenasyls NRW wurden am 1. September 1999 mit dem bekannten Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Das Wanderkirchenasyl begann am 21. Januar 1998 als "Protestaktion für ein Bleiberecht" in der Kölner Antoniterkirche. Seitdem treten in verschiedenen Orten NRW's insgesamt über 450 illegale kurdische Flüchtlinge aus der Türkei öffentlich für einen "Abschiebestopp in den Folterstaat" Türkei ein. Sie werden darin unterstützt von weit über 100 Kirchengemeinden und der Initiative "kein mensch ist Illegal".

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