Redebeitrag der Kurdistan Solidarität Hamburg bei der Kundgebung, vor dem türkischen Konsulat in Hamburg, anläßlich des 2 Todestages von Ronahî - Andrea Wolf am 23.10.2000

Liebe Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen!

Heute vor 2 Jahren wurde unsere Genossin Ronahî - Andrea Wolf - vom türkischen Militär ermordet. Sie geriet während eines Gefechts zusammen mit anderen KämpferInnen der ARGK in Gefangenschaft der türkischen Armee und wurde grausam ermordet. 23 weitere Genossinnen fielen während dieser Operation des türkischen Militärs im Oktober 1998.

Wir wollen Heval Ronahi und all den anderen Genossinnen gedenken, die im Kampf für die Freiheit gefallen sind. Sie haben ihr Leben dafür eingesetzt, der Menschheit ein besseres Leben zu ermöglichen, frei von Unterdrückung und Ausbeutung, frei von Kriegen, von Folter und Hinrichtungen. Weil Ronahi an diesem Ziel festhielt, weil sie nicht bereit war, der Ungerechtigkeit auf dieser Welt tatenlos zuzuschauen, wurde sie ermordet. So wie Zehntausende andere Revolutionärinnen und Revolutionäre auf der ganzen Welt von der Reaktion in Kerker gesteckt, gefoltert und ermordet werden.

Der Verlust unserer Genossinnen und Genossen trifft uns schwer, macht uns wütend und traurig. Doch niemals werden wir die Hoffnung verlieren angesichts der Verbrechen, die die Herrschenden zum Erhalt ihrer Macht begehen.

Die unzähligen Verbrechen, die die reaktionären Kräfte begangen haben und noch immer begehen, dürfen nicht vergessen werden. Wir stehen heute auch vor dem Konsulat der Türkei, um stellvertretend die Verantwortlichen zu benennen, die Verantwortlichen für den Tod von Ronahi und unzähligen weiteren Genossinnen und Genossen, die Verantwortlichen für einen grausamen 15jährigen Krieg, für unzählige zerstörte Dörfer, für Gefolterte, Verschwundene und Verschleppte. Die Verantwortlichen sitzen noch immer im Staatsapparat und in den Führungsetagen der Wirtschaft - in der Türkei ebenso wie in den westlichen Staaten - und sie halten weiter an ihrer Kriegspolitik fest.

Es ist schwer, in diesen Tagen an den Frieden zu glauben. Von überall erreichen uns die Meldungen des Krieges und seiner Auswirkungen. Ob in Kurdistan oder Palästina, Sri Lanka oder Philippinen oder auch in Europa vom Balkan oder aus Euskadi und aus vielen anderen Ländern mehr. Es sieht aus , als wäre der Frieden nicht gewollt. Auf die Bemühungen der PKK den Krieg in Kurdistan endlich zu beenden, antworten die Kolonialmächte mit verstärktem Krieg. Es sind nicht die Menschen und Völker, die keinen Frieden wollen, nein, für die Interessen des Profits werden Kriege gegen die Menschheit geführt.

Trotz aller Schwierigkeiten besteht in der Türkei nach den jüngsten Schritten der PKK und ihres Vorsitzenden Abdullah Öcalan die historische Chance, einen Friedensprozess durchzuführen, der das gleichberechtigte und friedliche Zusammenleben des kurdischen und des türkischen Volkes möglich macht. Doch eine Bedingung dafür ist, dass die Verbrechen nicht vergessen werden, die am kurdischen Volk begangen wurden und auch heute noch begangen werden. Nur wenn die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, kann ein gerechter Friede entstehen und eine neue Gesellschaft aufgebaut werden. Das ist die Erfahrung aus unzähligen geschichtlichen Prozessen; z.B. aus vielen lateinamerikanischen Staaten, wo auch nach dem offiziellen Ende von faschistischen Diktaturen die einstigen Henker ihren Einfluß nicht verloren haben und sich bis heute nicht für ihre Taten verantworten mußten.
Und es ist nicht zuletzt eine Erfahrung aus diesem Land, in dessen westlichem Teil nach dem Ende des Faschismus die alten Generäle, Richter und Bürokraten in Amt und Würden blieben und die Kriegsprofiteuere ihre Geschäfte ungehindert weiter betreiben konnten. Die alten Strukturen, ökonomische oder personelle, wurden nicht angetastet - und die Gesellschaft ist nach wie vor grausam, ungerecht und aggressiv nach innen wie außen. Wenn in Kurdistan und in der Türkei eine neue Gesellschaft geschaffen werden soll, dürfen diese Erfahrungen nicht vergessen werden.

Wir werden unsere gefallenen Genossinnen und Genossen nicht vergessen.
Mit ihrem Leben und Kampf haben sie den Boden bereitet für ein Leben in Freiheit und Gerechtigkeit. Es ist unsere Verantwortung die Erinnerung an sie am Leben zu erhalten.
Es ist unsere Verantwortung den Boden zu nutzen den sie bereitet haben.

Sehid namerin
Devrimci intikam