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Pressemitteilung 31.10. 2000: Hüseyin Calhan in die Türkei abgeschoben

Trotz massiver Proteste wurde heute morgen der kurdische Flüchtling Hüseyin Calhan in die Türkei abgeschoben. Die ganze Nacht von Montag bis zum heutigen Morgen harrten mehr als 200 UnterstützerInnen unter dem Motto "Wir stellen uns quer" vor dem Abschiebegefängnis in Büren aus. Neben Vertretern etlicher Kirchengemeinden hatten auch G. Grass, G. Wallraff, D. Sölle, H.E. Richter und viele andere zu der Protestnacht aufgerufen, um die Abschiebung zu verhindern.

Die letzte Hoffnung für Hüseyin, ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, blieb erfolglos. Das Gericht folgte dem Gutachten eines Allgemein-Mediziners, das Hüseyin Calhan als nicht traumatisiert befand. Eine notwendige fachärztliche Untersuchung von Hüseyin Calhan, der unter der in der Türkei erlittenen Folter leidet und retraumatisiert ist, fand auf Initiative seiner Unterstützer statt, wurde aber von Behörden nicht beachtet.

Nachdem deutlich wurde, daß am heutigen Tage kein Bus mit Abschiebegefangenen die JVA Büren verlassen würde und Hüseyin Calhan offenbar schon im Laufe des Montags in ein anderes Gefängnis verlegt worden war, machten sich die Protestierenden auf den Weg zum Flughafen Düsseldorf. Alle Proteste waren wirkungslos. Hüseyin Calhan wurde heute morgen abgeschoben. Er saß in der Maschine der rumänischen Fluglinie TAROM, die jeden Dienstag einen Massenabschiebeflug in die Türkei durchführt. Schon in der letzten Woche wurde Mehmet Kilic, - ebenfalls Teilnehmer im WKA -, abgeschoben. Nachdem er von der Flughafenpolizei in Istanbul verhaftet und angeblich freigelassen worden war, fehlte zunächst von ihm jede Nachricht. Wir wissen mittlerweile, daß er bis gestern von Polizisten in Zivil gefangen gehalten wurde und beim Verhör auch mehrfach geschlagen wurde.

Wir sind in großer Sorge um Gesundheit und Leben von Hüseyin Calhan und Mehmet Kilic. Wir befürchten weitere und schlimmere Übergriffe auf die exilpolitisch exponierten Flüchtlinge. Wir fordern, dass beide wieder nach Deutschland zurückkehren, um in Sicherheit leben zu können. Die Situation der Menschenrechte in der Türkei hat sich auch "im Großen" in keiner Weise verbessert. Hinweis darauf ist auch die Absetzung der bisherigen Vorsitzenden der Menschenrechts-Ausschusses Sema Piskinsüt, die sich durch unangemeldete Besuche von Polizeiwachen und die Entdeckung von Folterinstrumenten bei der Polizei unbeliebt gemacht hatte. Das Votum "Ausländer raus" hat sich ein weiteres Mal gegen den Schutz von Menschenrechten durchgesetzt. Wer den Appell an den "Aufstand der Anständigen" ernst meint, sollte zunächst die Opfer der eigenen Politik in den Blick nehmen. Mehmet Kilic und Hüseyin Calhan gehören dazu. Kontakt und weitere Informationen: Tel.: 0221- 510 18 47