Kurdish Observer 28.11.2000/Özgür Politika 26.11. 2000

Freiheit kann nicht in Zellen passen

Tausende nahmen an der Kundgebung unter dem Motto "Menschenrechte und Gefängnisse" teil, die die "Plattform gegen die Zellen" organisiert hatte. Auf der Kundgebung wurden Parolen wie "Wir werden nicht in die Zellen gehen " und "die Jugend von Apo geht zum Frieden" gerufen.

Die Kundgebung wurde von Nichtregierungsorganisationen und politischen Parteien unterstützt. VertreterInnen des IHD, der Intellektuellen- und Künstlerinitiative, der Volkshäuser, der Studentenkoordinationsausschüsse der Universitäten Ankara, Eskisehir und Istanbul, von TMMOB (türkische Architekten- und Ingenieursvereinigung), von TUYAB (Vereinigung der Angehörigen von Gefangenen), TODEF, aus dem Kulturverein Pir Sultan Abdal, der Arbeitsplattform Istanbul, von DETAK, aus der Plattform für Demokratie und Kampf, der Plattform für den Kampf für Freiheit, von den Zeitungen Alinteri, Özgür Barikat, Odak und Kaldiraç, aus der KESK (Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes), der Tum Yargi-Sen (Gewerkschaft der Justizarbeiter), der SES (Gesundheitsgewerkschaft), der Gewerkschaft Gida-Is, der Angehörigen der Opfer des Gazi-Falles, aus der EMEP (Arbeiterpartei), der ÖDP (Partei für Frieden und Solidarität), der HADEP und der SIP (Partei der Sozialistischen Kraft)waren beteiligt. Die TeilnehmerInnen kamen aus verschiedenen Orten der Türkei nach Ankara und versammelten sich um 9.30h im Hippodrom. Etwa 7.500 Personen nahmen teil, ca 55 Bussen kamen von ausserhalb. Man ging gemeinsam vom Hippodrom über den Tandoganplatz zum Abdi-Ipekci-Park. Sie verkündeten ihre Forderungen mit Parolen und Transparenten: Schluß mit den F-Typ-Gefängnissen, Erlass einer unterschiedslosen Generalamnestie, Akzeptanz aller Forderungen der Untersuchungs- und verurteilten Häftlinge, Aufhebung der Antiterrorgesetze, Annullierung des Dreierprotokolls, Schließung der Staatssicherheitsgerichte und gerichtliche Anklage der Verantwortlichen für den Putsch vom 12. September.

Weitere Parolen waren "das Budget soll der Erziehung zugeteilt werden, nicht den Gefängnissen" - "Freiheit kann nicht in Zellen passen" - "leert die Kerker, dann gibt es Platz für Banden" - "Wir werden nicht in die Zellen gehen" - "die Wut der Mütter wird die Mörder ertränken" - "Wir sind mit Dir, Öcalan" - "die Jugend von Öcalan geht für den Frieden".

Die Plattform gegen die Zellen gab auf der Kundgebung eine gemeinsame Presseerklärung ab: "Die Zellentypgefängnisse sind eine Zumutung; F-Typ-Gefängnisse sind ein Verbrechen nicht nur gegen die Gefangenen, sondern gegen die ganze Menschheit. Ihr Ziel ist die totale Isolation. Die Tatsache, dass die Regierung Isolationszellen einführt, statt die Situation in den Gefängnissen zu verbessern, entspringt der Meinung: ,der beste Gefangene ist ein toter Gefangener'." Der Hungerstreik gegen die Zellentypgefängnisse sei berechtigt; ein Amnestiegesetz müsse erlassen werden, um ein friedliches Klima zu schaffen und die negativen Auswirkungen der Vergangenheit auszulöschen. Ziel der Regierung sei jedoch eine Amnestie für Bandenmitglieder und Menschen, die ihre Ämter missbrauchen und Banken ausnehmen.

Schweigt nicht !

Berhan Yildirim, deren Sohn im Hungerstreik ist, betonte, dass es in der Türkei 10.000 politische Gefangene gäbe und dass kein Land der Welt ebenso viele politische Gefangene habe. Der Verfall des System sei die Ursache für die Existenz politischer Gefangener. "Wir Familien sind entschlossen, unsere Kinder nicht in die Zellen gehen zu lassen. Werktätige, Studentinnen schweigt nicht.. Die Mörder müssen Angst haben, nicht wir. Unsere Kinder sind keine Diebe, keine Bandenmitglieder, sie sind nicht ehrlos."

Wir haben unsere Kinder lebend gegeben, wir wollen sie lebend zurück

Abdullah Soner, dessen Sohn ebenfalls im Hungerstreik ist, erklärte, die F-Typ-Zellen seien für Revolutionäre gebaut worden. "Wir haben unsere Kinder dem Staat lebend gegeben, wir wollen sie lebend zurück. Unsere Kinder werden bis zum Tod hungern, aber sie werden nicht in die Zellen gehen." Am Tag nach der Kundgebung würden 816 Gefangene in Hungerstreik treten; Soner rief in Richtung Justizministerium: "Wenn sie Särge und Leichentücher für diese ganzen Menschen bereitgestellt haben, wenn sie Särge und Leichentücher für tausende Familien draußen bereitgestellt haben, dann öffnet die Zellen."

Unterstützung aus den Gefängnissen

Aus den Gefängnissen, in denen Hungerstreiks stattfinden, kamen Unterstützungserklärungen zu der Kundgebung. Sie wurden nacheinander verlesen. Währenddessen wurde über Gefängnisse berichtet, in denen Gefangene in einer zweitägige Aktion den Zählappell verweigert hatten.

 

F-Typ-Gefängnis Sincan wird untersucht

Eine Delegation der Vorsitzenden der HADEP, der ÖDP, der DBP, der EMEP sowie der Vertreter der Gewerkschaften und Massenorganisationen wird mit der Erlaubnis des Justizministeriums das F-Typ-Gefängnis Sincan besichtigen. Nach dem Besuch werden die Delegationsmitglieder ihren Eindruck und ihre Meinungen öffentlich in der Gewerkschaft Mülkiyeliler wiedergeben.

Der Delegation gehören folgende Personen an: Ufuk Uras, Vorsitzender der ÖDP; Ahmet Turan Demir, Vorsitzender der HADEP; Yilmaz Camlibel, Vorsitzender der DBP; Levent Tüzel, Vorsitzender der EMEP; Siyami Erdem, Vorsitzender der KESK; Hasan Hayir, Generalsekretär der KESK; Kaya Güvenc, Vorsitzender der TMMOB; Sevgi Yildiz, Mitglied im Zentralrat der TEB; Enver Öktem, Mitglied im Hauptexekutivkomitee der DISK; Ali Ersin Gür, Vorsitzender des CHD; Ibrahim Yetkin, Vorsitzender der Landwirtekammer; Riza Iliman, Vorsitzender der Volkshäuser; Murtaza Demir, Vorsitzender der Kulturstiftung Pir Sultan Abdal; Hüsnü Öndül, Vorsitzender des IHD; Yavuz Önen, Vorsitzender der THIV; Yilmaz Ensarioglu, Vorsitzender von Mazlum-Der, sowie die Anwälte Kamil Tekinsürek und Mustafa Bayram Misir.