Berlin, 18. Dezember 2000
An die Redaktionen In- und Ausland / Türkei / Kurdistan
/ Mittlerer Osten
Türkische Armee marschiert in Süd-Kurdistan
(Nord-Irak) ein!
Mit dem Einmarsch türkischer Armeeeinheiten in Süd-Kurdistan
(Nord-Irak) scheint die Auseinandersetzung zwischen PUK und
PKK zu eskalieren. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass
die türkische Armee gemeinsam mit der PUK gegen die Guerillakräfte
der PKK vorgehen wollen. Der Präsidialrat der Arbeiterpartei
Kurdistans (PKK) nahm dazu in einem Kommunique vom 17. Dezember
2000 Stellung. Aus aktuellen Anlass dokumentieren wir diese
Erklärung ungekürzt in deutscher Übersetzung:
"An die Öffentlichkeit!
Seit geraumer Zeit verstärkt die PUK - angestachelt
durch die Kräfte, welche unseren Kampf zu liquidieren
beabsichtigen - ihren gegen unsere Partei gerichteten politischen
und militärischen Kampf.
Um diesen ungewollten Krieg vorzubeugen, machte unsere Partei
diese Entwicklungen immer wieder öffentlich. Anstatt
den Gefühlen unseres Volkes Aufmerksamkeit zu schenken,
begann die PUK, den Interessen äußerer Kräfte
folgend, einen Vernichtungskrieg gegen unser Partei. Mit den
Angriffen vom 14. September 2000 erreichte diese Entwicklung
eine neue Dimension. Dabei wurde eine sich in Ausbildung befindliche
Einheit umzingelt und eine Vielzahl der Unbewaffneten ermordet.
Um die Probleme nicht noch weiter zu vertiefen und das Leid
zu vergrößern, rief unsere Partei einen einseitigen
Waffenstillstand aus. Die anschließenden indirekten
Gespräche führten zu keinem nennenswerten Ergebnis.
Im Gegenteil nutzte die PUK die Feuerpause, um einen neuen
Angriff vorzubereiten. Am 3. Dezember 2000 startete sie, mit
der Unterstützung der Türkei, eine erneute Vernichtungsoperation.
Schon nach kurzer Zeit konnte dieser Angriff von der Guerillas
der Volksverteidigungskräfte zurückgeschlagen werden.
Bisher wurden in diesem Krieg dreiundvierzig Guerillas getötet.
Auf Seiten der PUK gehend die Verluste in die Hunderte. Noch
während die Gefechte andauerten, rief der Kurdische Nationalkongress
zum Frieden und Waffenstillstand auf. Unsere Partei beantwortete
diesen Aufruf positiv, während die PUK eine vergleichbare
Antwort schuldig blieb. Nachdem sie trotz der Unterstützung
der Türkei unsere Kräfte nicht besiegen konnte,
hat die türkische Armee nun selbst in die Auseinandersetzung
eingegriffen. Seit dem 16. Dezember verlegte die Türkei
in die Gegend von Ranya sowie Carkurna ( Süd-Kurdistan
/ Nord-Irak) schweres militärisches Gerät und Tausende
von Soldaten. Weitere Verstärkung sowie mehrere Panzereinheiten
wurden in Silopi (Nord-Kurdistan / Türkei) zusammengezogen.
Mit einem gemeinsamen Angriff von PUK und der türkischen
Armee auf unsere Kräfte ist jeden Moment zu rechnen.
Dem gegenüber darf das patriotische kurdische Volk und
die demokratische Öffentlichkeit nicht schweigen! Egal
wo sich unser Volk befindet, muss es sich gegen den Verrat
erheben. Unser patriotisches Volk in der Soranregion (Süd-Kurdistan
/ Nord-Irak) und alle demokratischen Kräfte müssen
deutlich machen, dass der Verrat keine Zukunft hat. Wir rufen
die PUK dazu auf, von der Politik Abstand zu nehmen, welche
unserem Volk Schaden zufügt und unsere Feinde stärkt,
um den Weg des Friedens und der nationalen Einheit einzuschlagen.
Die Sehnsucht unseres Volkes nach Frieden und Demokratie muss
respektiert werden. Auch der türkische Staat muss von
dieser gefährlichen Politik Abstand nehmen, welche die
Türkei und gesamte Region wieder in eine neue Atmosphäre
des Krieges zurückversetzen kann. Der sich in Süd-Kurdistan
abzeichnende Krieg wird unvermeidlich auch auf andere Gebiete
übergreifen. Die kurdische Frage wie auch andere Probleme
der Türkei sind durch Krieg nicht zu lösen. Eine
Lösung lässt sich nur über eine demokratische
Friedenspolitik erreichen.
Auch rufen wir alle Staaten der Region dazu auf, die sich
mit der Unterstützung der PUK eine Schwächung bzw.
Vernichtung der PKK erhoffen, von der gefährlichen Politik
Abstand zu nehmen, welche die Ausweitung des Krieges auf die
gesamte Region zur Folge haben kann. Wenn dieser Krieg außer
Kontrolle gerät, werden alle Schaden davon tragen.
Seit Jahren leistet unsere Partei Widerstand gegen eine umfassende
Liquidationsbewegung. Sie wird dies auch weiterhin tun. Solange
es noch einen PKK Militanten gibt, wird die Fahne der Freiheit
und Demokratie aufrecht erhalten.
Die Freiheit und Demokratie wird siegen, der Verrat und Komplotte
verlieren."