Informations-
und Beratungsstelle für Menschenrechte Wegen "verbotener Parolen": Hausdurchsuchungen nach Kurdendemonstration - Ermittler des Passauer § 129-Verfahrens stöberte ein Zimmer mit 15 Beamten.
Etwa 250 Menschen - fast ausschließlich KurdInnen - waren am Samstag
dem Demonstrationsaufruf der "Deutsch-Kurdischen Gesellschaft e.V."
gefolgt. Sie protestierten gegen die Massaker in den türkischen Gefängnissen,
die Zwangsverlegungen in die Isolationsgefängnisse und gegen den
erneuten türkischen Einmarsch in Südkurdistan (Nordirak). Wie
erwartet, begannen - gemäß Münchner Verhältnissen
- Staatsschutz und weitere zivile Polizeikräfte noch während
der Abschlusskundgebung mit den Festnahmen. Der Vorwurf gegen alle sechs
Festgenommenen lautet auf Verstoß gegen das Vereinsgesetz. Sie hätten
durch das Rufen von Parolen wie "Es lebe der Vorsitzende Apo"
das PKK-Verbot missachtet. Tatsächlich wird nirgends sonst das Betätigungsverbot
für die PKK so scharf umgesetzt wie in Bayern - und speziell in München.
Mit einer unüberschaubaren Anzahl von Verfahren und Verurteilungen
wird jeder Äußerung zur Kurdistan-Frage ein Maulkorb umgehängt.
Einschüchterung und Entsolidarisierung ist die gewünschte Folge. Als ob das nicht schon mehr als ausreichend überzogen gewesen wäre
- angesichts des Tatvorwurfs, Parolen gerufen zu haben - wurde noch eins
draufgesetzt: Dem Mann sollte dringend das Handwerk gelegt werden, auch wenn das für
gewöhnlich selber erledigt. KHK Sappl war in seinen besseren Tagen
Sachbearbeiter des bayerischen LKAs. Auf sein Gutachten aus dem Jahr 1997
stützten sich die bundesweiten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
München I gegen 32 Passauer AntifaschistInnen wegen angeblicher "Bildung
einer kriminellen Vereinigung" (§ 129 StGB). Nach dem Paukenschlag
einer bundesweiten Hausdurchsuchungswelle im Mai 1998 wurde es immer stiller
um das Verfahren, bis der Leitende Oberstaatsanwalt schließlich
zum Jahreswechsel 2000/2001 die ergebnislose Einstellung der § 129-Ermittlung
vermelden musste. Sappl wechselte bereits vor zwei Jahren sang- und klanglos
auf den Posten eines nichtleitenden Beamten in einem Münchner Staatsschutzkommissariat.
Seitdem sieht er es als eine seiner vordringlichen Aufgaben an, bei Einsätzen
gegen kurdische Veranstaltungen die Situation durch besonderen Verfolgungseifer
gezielt zu eskalieren. Während der türkische Staat in ein Nachbarland einfällt, um die Waffenstillstand haltenden PKK-Volksverteidigungskräfte zu vernichten, im eigenen Land hungerstreikende Häftlinge massakriert und zu Tode foltert, greifen die bayerischen Polizeibehörden Menschen an, die gegen die Übergriffe demonstrieren. Dieses arbeitsteilige Vorgehen ist als Komplizenschaft zu verurteilen. Zum Frieden in Kurdistan und zur Demokratisierung der Türkei gibt es keine Alternative. Die demokratischen Kräfte müssen auch in Europa ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Angriffe auf die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit dürfen nicht hingenommen werden. Schluss mit der Kriminalisierung kurdischer Organisationen - Weg mit dem PKK-Verbot! Informationsstelle MESOPOTAMIA - München 09. Januar 2001 |