Deutscher Bundestag Drucksache 14/5115 14. Wahlperiode 16.01.2001 Kleine Anfrage der Abgeordneten Siegfried Helias, Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, Joachim Hörster, Rudolf Kraus, Dr. Manfred Lischewski, Marlies Pretzlaff, Erika Reinhardt, Hans-Peter Repnik, Dr. Christian Ruck, Peter Weiß (Emmendingen) und der Fraktion der CDU/CSU Neue Vorwürfe gegen das Ilisu-Staudamm-Projekt in der Türkei Ein Bericht, der von verschiedenen europäischen Exportkreditversicherungen zum Ilisu-Staudamm-Projekt in der Türkei in Auftrag gegeben und von einer ehemaligen Weltbankexpertin erstellt worden ist, kommt zum Ergebnis, dass nach wie vor schwerste Mängel bei der Umsiedlungsplanung für den IlisuStaudamm bestehen und internationale Standards nicht gewährleistet sind. Beispielsweise liege die Zahl der von der Umsiedlung Betroffenen weitaus höher als bislang angegeben und die Bevölkerung in der Region werde über die Umsiedlungsmaßnahmen weder ausreichend informiert noch an deren Planung beteiligt. Ersatzland stehe kaum zur Verfügung. Die umliegenden Städte seien jetzt schon nicht mehr in der Lage, die bisher erfolgte Zuwanderung zu bewältigen. Die von der Regierung versprochene Bereitstellung eines ausreichenden Umsiedlungsbudgets sei völlig ungewiss. Zudem stellt der Bericht fest, dass die von früheren Staudammprojekten betroffene türkische Bevölkerung großenteils bislang weder angemessen umgesiedelt noch entschädigt worden sei. Ähnlich kritisch fielen die Bewertungen dieses Staudammprojekts durch eine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen aus Großbritannien, den USA, Italien und Deutschland sowie durch eine Delegation des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages aus, die im vergangenen Herbst die Region des geplanten Staudamms im Südosten der Türkei in Augenschein nahmen. Im Anschluss hieran hat die Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag, Claudia Roth (Augsburg), gar laut Presseberichten (Nachrichten für Außenhandel vom 30. November 2000) die Bundesregierung aufgerufen, auf eine Her- mes-Förderung für Ilisu gänzlich zu verzichten.. Zusätzliche Brisanz erhält die Thematik durch die,Vorlage des jüngsten Berichts der Weltkommission für Staudämme, die 1998 von der World Conservation Union (IUCN) und der Weltbank ins Leben gerufen worden war, um die bisherigen Erfahrungen mit Großstaudämmen auszuwerten. Dessen Kernaussage resümiert, dass viele in Entwicklungsländern gebaute Staudämme mehr schaden als nützen würden, schwere ökologische Schäden verursacht hätten und zur Zwangsumsiedlung und Verarmung von Millionen Menschen geführt hätten. Dies wurde von 100 Nichtregierungsorgamsationen aus 39 Ländern zum Anlass genommen, ein Moratorium für alle Großstaudammprojekte zu verlangen. Drucksache 14/5115 - 2 - Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode Wir fragen die Bundesregierung: 1. Welchen aktuellen Stand hat die Exportbürgschaftsprüfung der Bundesregierung zum Ilisu-Staudamm, vor allem unter Berücksichtigung der oben genannten Bewertung durch die Delegation des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages und dessen Vorsitzende? z. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die tatsächliche Zahl der von der Umsiedlung in der Ilisu-Region Betroffenen ein? 3. Teilt die Bundesregierung den gegen die türkischen Behörden erhobenen Vorwurf, die betroffene Bevölkerung werde über die Umsiedlungsmaßnahmen nur unzureichend informiert bzw. an deren Planung nur unzureichend beteiligt? 4. Wie bewertet die Bundesregierung den gegen die türkischen Behörden erhobenen Vorwurf, ein erheblicher Teil der türkischen Bevölkerung, die im Gebiet früher realisierter Staudämme lebe bzw. gelebt habe, warte immer noch auf angemessene Umsiedlungs- bzw. Entschädigungsmaßnahmen? 5. Wie bewertet die Bundesregierung die von den im oben genannten Bericht beteiligten Exportkreditversicherungen aufgestellte Forderung nach einem unabhängigen Monitoring der Umsiedlungsmaßnahmen durch die türkischen Behörden? 6. Über welche Informationen verfügt die Bundesregierung bezüglich des für die umzusiedelnde Bevölkerung vorgesehenen Ersatzlandes bzw. zu sonstigen vorgesehenen Entschädigungsleistungen? 7. Beabsichtigt die Bundesregierung, sich für eine Veröffentlichung des oben genannten, von verschiedenen europäischen Exportkreditversicherungen zum Ilisu-Staudammprojekt in Auftrag gegebenen Berichts einzusetzen? B. Wie bewertet die Bundesregierung den oben genannten Bericht der Weltkommission für Staudämme sowie den daraus resultierenden Aufruf der 100 Nichtregierungsorganisationen und welche Konsequenzen zieht sie hieraus für die Entscheidung über Exportbürgschaften für den Ilisu-Staudamm? Berlin, den 16. Januar 2001 Siegfried Helias Klaus-Jürgen Hedrich Dr. Norbert Blüm Joachim Hörster Rudolf Kraus Dr. Manfred Lischewski Marlies Pretzlaff Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Dr. Christian Ruck Peter Weiß (Emmendingen) Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83-91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon (02 28) 3 82 08 40, Telefax (02 28) 3 82 08 44 ISSN 0722-8333 Drucksache 14/5115 - 2 - Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode Wir fragen die Bundesregierung: 1. Welchen aktuellen Stand hat die Exportbürgschaftsprüfung der Bundesregierung zum Ilisu-Staudamm, vor allem unter Berücksichtigung der oben genannten Bewertung durch die Delegation des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages und dessen Vorsitzende? z. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die tatsächliche Zahl der von der Umsiedlung in der Ilisu-Region Betroffenen ein? 3. Teilt die Bundesregierung den gegen die türkischen Behörden erhobenen Vorwurf, die betroffene Bevölkerung werde über die Umsiedlungsmaßnahmen nur unzureichend informiert bzw. an deren Planung nur unzureichend beteiligt? 4. Wie bewertet die Bundesregierung den gegen die türkischen Behörden erhobenen Vorwurf, ein erheblicher Teil der türkischen Bevölkerung, die im Gebiet früher realisierter Staudämme lebe bzw. gelebt habe, warte immer noch auf angemessene Umsiedlungs- bzw. Entschädigungsmaßnahmen? 5. Wie bewertet die Bundesregierung die von den im oben genannten Bericht beteiligten Exportkreditversicherungen aufgestellte Forderung nach einem unabhängigen Monitoring der Umsiedlungsmaßnahmen durch die türkischen Behörden? 6. Über welche Informationen verfügt die Bundesregierung bezüglich des für die umzusiedelnde Bevölkerung vorgesehenen Ersatzlandes bzw. zu sonstigen vorgesehenen Entschädigungsleistungen? 7. Beabsichtigt die Bundesregierung, sich für eine Veröffentlichung des oben genannten, von verschiedenen europäischen Exportkreditversicherungen zum Ilisu-Staudammprojekt in Auftrag gegebenen Berichts einzusetzen? B. Wie bewertet die Bundesregierung den oben genannten Bericht der Weltkommission für Staudämme sowie den daraus resultierenden Aufruf der 100 Nichtregierungsorganisationen und welche Konsequenzen zieht sie hieraus für die Entscheidung über Exportbürgschaften für den Ilisu-Staudamm? Berlin, den 16. Januar 2001 Siegfried Helias Klaus-Jürgen Hedrich Dr. Norbert Blüm Joachim Hörster Rudolf Kraus Dr. Manfred Lischewski Marlies Pretzlaff Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Dr. Christian Ruck Peter Weiß Emmendingen) Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83-91, 12103 Berlin Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 13 20, 53003 Bonn, Telefon (02 28) 3 82 08 40, Telefax (02 28) 3 82 08 44 ISSN 0722-8333
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