Köln,
26. Juli 2001
Kein
Ende der Kriminalisierung
Am
frühen Morgen des 24. Juli 2001 wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft
Karlsruhe die Wohnung und das Auto des Vorsitzenden des Kurdischen
Elternbeirats in Pforzheim durchsucht sowie die Räume des
Vereins. Hierbei beschlagnahmte die Polizei u. a. Blanko-Formulare
und unterschriebene selbstbezichtigende Erklärungen "Auch
ich bin PKKler". Ramazan S. wird vorgeworfen, gegen §
20 des Vereinsgesetzes verstoßen zu haben, weil er Flugblätter
verteilt und Unterschriften gesammelt habe, "obwohl er das
gegen die PKK vom Bundesinnenministerium nach Vereinsrecht ausgesprochene
Betätigungsverbot kenne". Die Stadt Karlsruhe, Sitz
der Bundesanwaltschaft, hatte zuvor schon den Kurd(inn)en untersagt,
Informationsstände und Kundgebungen im Zusammenhang mit der
seit 13. Juni laufenden Identitätskampagne durchzuführen.
Dieses Verbot begründet die Stadt in ihrer Verfügung
von Ende Juni damit, dass die "Zielsetzung der demonstrativen
Veranstaltungen das vom Bundesminister des Innern ausgesprochene
Betätigungsverbot der PKK unterlaufe". Außerdem
werde die Aufhebung des PKK-Verbots gefordert und erklärt,
dass man "das Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung
übernehme, die sich daraus ergibt". Auch in Bremen und
Hamburg wurden nach unseren Informationen alle Aktionen untersagt,
weil es sich hierbei um Propaganda für die PKK handeln würde.
Ein gleiches Vorgehen praktiziert auch die niedersächsische
Kleinstadt Peine. Interessanterweise haben laut SPIEGEL vom 16.
Juli 2001 gerade die Generalstaatsanwälte Niedersachsens
ihre Staatsanwaltschaften angewiesen, vorerst keine Ermittlungen
einzuleiten, weil es sich bei den Selbstbezichtigungen "um
eine bloße Sympathiebekundung für die PKK" handele,
die nicht strafbar sei. AZADI begrüßt diese Einstellung,
trüge sie doch zu einer Entspannung im Verhältnis zur
kurdischen Bevölkerung bei. Doch muss die Frage gestellt
werden, warum über Jahre hinweg Tausende von Kurd(inn)en
wegen der Parole "Ich bin PKK" zu teilweise drastischen
Geldstrafen verurteilt wurden mit für viele Familien katastrophalen
finanziellen Folgen. Die europaweite Identitäts- bzw. Selbstbezichtigungskampagne
der Kurdinnen und Kurden stößt auf große Resonanz
und wurde bisher von nahezu 100 000 Menschen unterzeichnet, alleine
in Deutschland 30 000.
AZADI
unterstützt die Forderung der Kampagne nach einer Aufhebung
des PKK-Verbots und fordert die politisch Verantwortlichen auf,
andere Antworten auf die neuerlichen Aktivitäten der Kurdinnen
und Kurden zu finden als wieder einmal nur Repression.