Internationale Initiative Freiheit für Öcalan - Frieden in Kurdistan
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Fazit der Internationalen Initiative anlässlich des Weltfriedenstag 2001
Weltfriedenstag 1. September - Frieden braucht Parteilichkeit!

Auch am Anfang des 21. Jahrhunderst bilden Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen einen festen Bestandteil der internationalen Politik. Daran hat sich auch seit der Erklärung des 1. Septembers zum Weltfriedenstag durch die UNO-Vollversammlung im Jahr 1981 nichts geändert. Jedoch drängt sich der Menschheit mehr denn je die Notwendigkeit ziviler und demokratischer Lösungsansätze für innerstaatliche, nationale und internationale Konflikte auf. Auch bei den Entwicklungen in Mazedonien, Nord-Irland und Kolumbien spielte und spielt die Einsicht in diese Notwendigkeit eine Rolle. Im Mittleren Osten hingegen, einem der konfliktreichsten Gebiete der Welt, steht diese Entwicklung erst am Anfang. So birgt der israelisch-palästinensische Konflikt die Gefahr, sich in einen regionalen kriegerischen Konflikt auszuweiten. Die schwierige Situation in der Region drückt sich auch in den Bemühungen um einen Friedensprozess in der Türkei aus.

Nachdem der türkische Staat ihre nationale Identität verleugnet und ihnen jegliche demokratische Rechte vorenthalten hatte, blieb den Kurden als letztes Mittel zu ihrer Selbstverteidigung nur der Griff zu den Waffen. Unter dem Eindruck sich im Weltmaßstab verändernder Bedingungen begann die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in den neunziger Jahren Wege und Möglichkeiten für eine politische Lösung der kurdischen Frage zu suchen. Mehrere einseitige Waffenstillstände untermauern die Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen. Die Antwort des türkischen Staates war jedes Mal eine weitere Eskalation des Konfliktes. Im Zuge der völkerrechtswidrigen Verschleppung des Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, drohte eine Ethnisierung des Konfliktes. Um eine Balkanisierung der Region zu verhindern und den Weg für eine politische Lösung weiterhin offen zu halten, rief Abdullah Öcalan die PKK zur einseitigen Beendigung des Krieges und zum Rückzug ihrer bewaffneten Kräfte auf Territorien außerhalb der türkischen Staatsgrenzen auf. Am 1. September 1999 begann die PKK mit dem Rückzug, der heute weitgehend abgeschlossen ist. Auch wenn nach offiziellen türkischen Angaben die Anzahl der bewaffneten Zusammenstöße um 95 % abnahm, kam es bei militärischen Operationen der türkischen Armee immer wieder zu Gefechten. Nach Äußerungen führender Mitglieder behält sich die PKK daher weiterhin das Recht auf Selbstverteidigung vor.

Ohne Frage stellte die ungewöhnliche Friedeninitiative des Vorsitzenden der PKK ein Novum in dem 15-jährigen Krieg dar, der beiden Seiten hohe Opfer abverlangte und viel Leid über Millionen von Menschen gebracht hat. So machte sich Abdullah Öcalan immer wieder für eine Lösung der kurdischen Frage innerhalb der bestehenden Grenzen der Türkei stark. Obwohl zum Tode verurteilt, setzt er sich auch aus der Haft heraus im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine politische Lösung ein. In einer auf der Gefängnisinsel Imrali abgegebenen Erklärung machte er deutlich, wie eine realistische und für beide Seiten akzeptable Lösung aussehen könnte. Dieses Lösungsmodell, dass verfassungsrechtlich verankerte kulturelle, sprachliche und politische Rechte für die Kurden vorsieht, wurde zur Grundlage des Friedensplanes der PKK. In der Folge beteiligten sich Hunderttausende an Friedensmärschen und Massenveranstaltungen in Kurdistan, der Türkei und in der Diaspora, und zeigten damit die Zustimmung der Kurden für dieses Modell. Auch zum diesjährigen Weltfriedenstag soll ein eindeutiges Zeichen gesetzt werden: ein für den 1. September im Kölner Stadion organisiertes Friedensfestival.

Wenn auch die konstruktiven Schritte der kurdischen Seite für eine verstärkte Diskussion über einen grundsätzlichen demokratischen gesellschaftlichen Wandel und für verstärkte Aktivitäten der wenigen zivilgesellschaftlichen Einrichtungen gesorgt haben, so ist die Stagnation des Demokratisierungsprozesses in der Türkei dennoch unübersehbar. Dieser Stagnation liegen die ökonomischen und politischen Interessen derjenigen Kräfte zu Grunde, die ihre Existenz dem Status Quo verdanken. Insbesondere die derzeit an der Regierung beteiligte ultranationalistische MHP bildet mit ihrer anachronistischen und rassistischen Politik ein ernsthaftes Hindernis für den demokratischen Wandel der Türkei. Aber auch das Erbe des schmutzigen Anti-Guerillakrieges, die Hintermänner der Todesschwadronen, die Profiteure extralegaler Hinrichtungen, erschweren schnelle demokratische Fortschritte. Nach Angaben des türkischen Menschenrechtsvereins (IHD) hat die systematische Folter im Polizeigewahrsam und in den Gefängnissen wieder zugenommen. Die Wiederkehr der Praxis des "Verschwindenlassens" politisch unliebsamer Personen ist ein Alarmzeichen, und gibt Anlass zu großer Sorge. Auch der selbstherrliche Umgang des türkischen Staates mit der Hungerstreiktragödie in den türkischen Gefängnissen zeigt das Ausmaß der katastrophalen Menschenrechtslage auf. Dennoch werden, trotz der nicht unerheblichen Widerstände in Politik und Militär, die Forderungen nach einem zügigen demokratischen Wandel lauter.

Mit der Anerkennung der Türkei als Beitrittskandidat zur Europäischen Union waren große Hoffnungen auf die Lösung der brennenden Probleme des Landes verbunden. Zwei Jahre nach dem EU-Gipfel von Helsinki herrscht nun tiefe Ernüchterung. Das von der EU verfolgte Kalkül eines "kritischen Dialoges" mit der Türkei zeigt keine Aussicht auf Erfolg. Die allgemein gehaltene Formulierung des EU-Dokuments zur Beitrittspartnerschaft, die bewusst die Nennung des Wortes "Kurden" vermied, hat die Türkei in ihrem repressiven Umgang mit dieser zentralen Frage ermutigt. Wer wirklich an Stabilität in der Türkei und der Region interessiert ist, muss mehr politische Initiative aufbringen als weiterhin die türkischen Hoffnungen auf einen "billigen Beitritt" in die EU zu nähren. Der Wille zum Frieden erfordert Parteilichkeit! Deshalb müssen alle Bestrebungen unterstützt werden, die auf einen dauerhaften Frieden und einen grundlegenden Demokratisierungsprozess gerichtet sind. Die kurdische Seite hat mit ihrem Friedenskurs gezeigt, dass sie für einen solchen Prozess bereit ist. Sie in diesem Vorhaben zu bestärken und die dafür notwendigen Opfer zu würdigen, muss die Aufgabe aller demokratischen und fortschrittlichen Kräfte sein. Die demokratischen Kräfte in der Türkei bedürfen der Unterstützung der internationalen Politik.

Die internationale Staatengemeinschaft und die kritische Öffentlichkeit sind gefordert. Gerade auch der Bundesrepublik Deutschland kommt eine besondere Rolle zu, der sie leider bisher nicht gerecht wird. Noch immer wird versucht, die PKK aus einem möglichen Demokratisierungsprozess auszugrenzen, statt eine Lösung unter Einbeziehung der Konfliktparteien anzustreben. Nach wie vor ist Deutschland in vertrauter Zweisamkeit mit der Türkei bestrebt, den Einfluss der PKK zurückzudrängen, sie und ihr Umfeld zu kriminalisieren. Die massenhafte Beteiligung der kurdischen Bevölkerung in der Diaspora an einer Identitätskampagne, zu der die PKK aufgerufen hat, zeigt die Begrenztheit dieser Ausgrenzungspolitik. Ein Frieden wird immer nur zwischen Gegnern geschlossen. Deshalb kann es eine friedliche Lösung der kurdischen Frage in der Türkei nur mit der PKK und nicht ohne sie geben. Alles andere bedeutet eine Verzögerung des Friedensprozesses.

Frieden braucht Parteilichkeit! Deshalb rufen wir alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte dazu auf, die Forderungen der Kurden nach Anerkennung ihrer politischen und kulturellen Identität zu unterstützen, damit eine aus der jetzt möglichen Lösung ein dauerhafter Frieden erwächst.

"Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan und der Türkei"